Maklerrecht beim Kauf einer Immobilie
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Lembcke,
wir sind derzeit mit dem Kauf einer Immobilie befasst.
Inzwischen sind wir in der Phase vor Vertragsabschluss bzw. vor dem Notartermin.
Der Verkäufer hat einen Immobilienmakler mit dem Verkauf betraut.
Bereits beim ersten Besichtigungstermin hat uns der Makler uns eine Widerrufsklausel mit Hinweis unser Provisionspflicht beim Abschluss des notariellen Vertrags in Höhe von 4,64% des KP durch den Käufer unterzeichnen lassen.
Wir haben dann nach der Besichtigung und Klärung der Finanzierung unser Angebot schriftlich an den Makler wie geheißen abgegeben.
Dieser hat bereits beim ersten telefonischen Gespräch bereits verhandelt und gesagt das wäre zu wenig. Alle Preisverhandlungen liefen über den Makler, ohne dass er uns in Kenntnis gesetzt hat, dass er auch von der anderen Seiten Provision erhält.
Nach den Preisverhandlungen hatte der Makler vorgeschlagen zu dem Notar x zu gehen, da er bei diesem schnell einen Termin bekommen würde. Da der von uns bevorzugte Notar inzwischen in Ruhestand ist haben wir uns darauf eingelassen.
Der Notar wurde nun mit dem Entwurf des Kaufvertrages beauftragt.
Hier wurde ohne unsere Kenntnis und Abstimmung mit uns folgende Klausel §15 Vermittlung aufgenommen.
Nach Prüfung des Vertrages haben wir wenige Änderungen am Vertrag gewünscht.
Diese Änderungen haben wir direkt an den Notar mit Kenntnis an die andere Vertragsseite (Verkäufer) sowie den Makler gesendet.
Unter anderem haben wir darum gebeten die Vermittlungsklausel ersatzlos zu streichen. Auf dieser Klausel bestehen weder Käufer noch Verkäuferseite. Der Makler hatte außerdem bereits beim Besichtigungstermin einen Vertrag mit seiner Provisionsforderung unterzeichnen lassen.
Inzwischen haben wir den geänderten Kaufvertrag zurück erhalten. Die Rückmeldung des Notars erfolgte nicht direkt an die beiden Vertragspartner (Verkäufer/Käufer) sondern über den Makler.
Es wurde von uns festgestellt, dass die Passage Sachmängel zu unseren Ungunsten abgeändert wurde bzw. verschärft wurde. Nach persönlicher Rücksprache mit dem Verkäufer wurde uns mitgeteilt, dass die Änderung dieser Passage nicht auf seinen Wunsch hin erfolgte.
Z.B. wurde dieser Passus ergänzt: „Ausgeschlossen sind auch Ansprüche aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten sowie die Haftung für solche Mängel, Verschlechterungen und Entwicklungen, die erst nach Besichtigung durch den Käufer oder Vertragsschluss entstanden sind.“
Zeitgleich mit Änderung des Kaufvertrages teilte uns der Makler mit, dass ihn der Verkäufer noch auf einen Steinschlag in der Scheibe aufmerksam gemacht hat.
Mich interessieren folgende Fragen:
Hat der Makler evtl. vertragswidrige Doppeltätigkeiten ausgeführt? Wir haben vom Verkäufer nachträglich erfahren, dass auch er eine Provision an den Makler bezahlen muss.
Die Preisverhandlungen liefen alle über den Makler ohne, dass dieser uns über die Provisionszahlung der Gegenseite aufgeklärt hat.
Im Kaufvertrag ist nach wie vor die Maklerklausel über die Vermittlung enthalten obwohl wir Käuferseite darauf bestehen, dass sie entfernt wird. Auch der Verkäufer besteht nicht auf den Passus. Der Passus enthält nicht nur seine Vermittlungstätigkeit sondern auch einen Haftungsausschluss seines Exposes und vorvertraglicher Abreden. Muss man das hinnehmen?
Ich möchte nicht unterstellen, dass der Makler und Notar direkt Hand in Hand arbeiten. Aber m.E. nimmt sich der Makler hier Rechte heraus die ihm nicht zustehen.
Ich habe bereits den Notar gebeten, folgende Änderungen und Mitteilung nicht über den Makler sondern direkt an die Vertragsparteien zu erfolgen haben.
Sind ihres Erachtens hier bereits Voraussetzung für BGB 654 erfüllt?
Wie ist das Verhalten des Notars zu bewerten? Änderungen des Vertragstextes ohne Zustimmung der Vertragsparteien und ohne Kenntlichmachung bzw. ohne Erläuterung und Hinweis.
Mit freundlichen Grüßen
S. S.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwalt Sascha Lembcke
Sehr geehrte/r Ratsuchende/r,
Ihre Anfrage habe ich leider erst jetzt zur Kenntnis genommen. Ich bitte insoweit aufgrund des Umfangs des Themas mir die Möglichkeit einzuräumen, ihre Anfrage bis morgen Mittag abschließend zu bearbeiten.
MfG
RA Lembcke
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geben Sie mir bitte noch Bescheid ob Sie die Anfrage noch bearbeiten?
Vielen Dank im Voraus.
Freundliche Grüße
S. S.
MfG
RA Lembcke
Nach einer umfangreichen Recherche zu diesem Thema möchte ich nunmehr, wie folgt, dem rechtlichen Umfang entsprechend in gekürzter Form Stellung nehmen.
1. vertragswidrige Doppeltätigkeit
Hier stellt sich die Frage, ob eine zulässige oder unzulässige Doppeltätigkeit vorliegt, denn nicht jede Doppeltätigkeit ist per se verboten.
Eine Doppeltätigkeit liegt i.d.R. dann vor, wenn der Makler mit beiden Parteien des beabsichtigten Hauptvertrages einen provisionspflichtigen Maklervertrag schließt.
Dann – und nur dann – ist die Doppeltätigkeit unzulässig, wenn sie zu einer vertragswidrigen Interessenkollision führt. Wann dies der Fall ist, bestimmt sich aufgrund der konkreten Tätigkeit des Maklers und nicht aufgrund der vertraglichen Gestaltung.
Eine Doppeltätigkeit als Nachweismakler ist grundsätzlich zulässig.
Ebenso zulässig ist es, wenn der Makler für die eine Seite als Vermittlungsmakler, für die andere Seite als Nachweismakler tätig wird.
Unzulässig ist es hingegen, wenn der Makler für beide Parteien des beabsichtigten Hauptvertrages als Vermittlungsmakler tätig wird.
Bei einem Alleinauftrag des Maklers obliegt ihm darüber hinaus eine Offenbarungspflicht, dass er auch für die andere Partei tätig ist.
Wird dagegen zwischen Makler und Verkäufer vereinbart, dass die Courtage mit dem Käufer geteilt wird, liegt nicht zwangsläufig eine verbotene Doppeltätigkeit vor.
Denn maßgebliches Kriterium ist die mit der Doppeltätigkeit verbundene Interessenkollision und nicht das bloße Provisionsversprechen.
Insoweit sollte eine Doppeltätigkeit auch nach außen hin kommuniziert und offen gelegt werden, sprich er muss offenlegen ob und das er mit beiden Vertragsparteien einen provisionspflichtigen Maklervertrag abgeschlossen hat.
Dies ist aber leider auch kein zwingendes muss (Ausnahme Alleinauftrag) - Dazu später noch.
Dies ist in Ihrem Sachverhalt aber nicht hinreichend klar, wenn er lediglich darauf hinweist, dass mit dem Kauf eine Provision bei ihm anfällt.
Übersteigt die Summe der Provision(en) dagegen die ortsübliche Marge, dann spräche viel für eine unzulässige Doppeltätigkeit in Form des Vorhandenseins zweier selbstständiger Maklerlohnversprechen/Maklerverträge.
Läge dagegen nur eine Teilung der Maklerprovision zwischen Verkäufer und Käufer vor, läge dies noch im Bereich des zulässigen, wobei aber auch hier die äußeren Umstände in Bezug auf selbstständige Maklerverträge relevant sind.
2. Maklerklausel im Vertrag
Eine Maklerklausel im Kaufvertrag ist grundsätzlich nicht erforderlich. Insbesondere nicht für die Entstehung eines Maklerlohnanspruches, da hier einzig der Maklervertrag entscheidend ist.
Des Weiteren kann eine Maklerklausel, je nach Gestaltung, auch den Gegenstandswert des Vertragsentwurfes erhöhen, sodass mit der Aufnahme der Klausel höhere Kosten anfallen.
Sofern sich Verkäufer und Käufer einig sind, denn nur diese sind Vertrgspartner, ist die Klausel zu streichen.
Der Makler hat kein Recht und auch keinen Anspruch, ohne (unwiderrufene) Vollmacht, gegen die Interessen seines Kunden Einfluss an der Vertragsgestaltung zu nehmen (siehe auch Nr. 4)
3. Neutralitätsgebot des Notars
Notare erstellen Urkunden. Notare sind keine Interessenvertreter einer Partei. Sie sind gemäß der Notarordnung vielmehr unabhängige und unparteiische Betreuer der Beteiligten (§ 14 BnotO).
Aus dieser Stellung und Verantwortung heraus ergibt sich die Neutralitätspflicht des Notars. Um diese Neutralität sicherzustellen, darf der Notar nicht an einer Beurkundung mitwirken, wenn die Gefahr eines Interessenkonflikts besteht.
Die Neutralitätspflicht setzt sich darin fort und wird insoweit konkretisiert, als der Notar den „Willen der Beteiligten erforschen und den Sachverhalt aufklären soll und die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und deren Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben muss.
Wenn die Vertragsparteien die Streichung der ohnehin überflüssigen Klausel wünschen, so hat er diesen Wunsch umzusetzen.
Nur auf entsprechend zwingende Klauseln bzw. die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen hat der Notar hinzuwirken. Des Weiteren hat er bei Unausgewogenheit des Vertrages allgemein darauf hinzuweisen und zu belehren.
Andererseits geht es dem Notar nichts an, welche Höhe des Kaufpreises vereinbart wird, noch welche Immobilienfirma an dem Verkaufsvorgang beteiligt ist.
Ansonsten hat der den Auftrag abzulehnen, da insoweit dem Notar nur eine begrenzte gestalterische Mitwirkung bei der Erstellung des Vertrages zukommt.
Weigert sich der Notar diese überflüssige und mit dem Grundstückskauf nicht im Zusammenhang stehende Klausel zu streichen, ist das Mandat niederzulegen.
Der Notar verstieße dann ggf. sogar gegen sein Neutralitätsgebot, wenn er sich nicht an die berechtigten Weisungen der vertragsschließenden Parteien hält.
Zum einen kann er sich damit schadensersatzpflichtig machen und zum anderen auch seinen Vergütungsanspruch verlieren,.
4. ergänzte Haftungsklausel
Sofern keine Einigung über diese Klausel besteht, bzw. der Verkäufer an dieser sehr fraglichen Regelung auch nicht festhält, sollten Sie diese zusammen ändern lassen. Den Vertragsinhalt bestimmen nur die Vertragsparteien.
Der Makler spielt sich offensichtlich im Rahmen seiner Vermittlungsvollmacht für den Verkäufer über Gebühr auf, was nicht unüblich ist. Sofern dies aber über die Interessen des Verkäufers hinaus geht, so ist dies grundsätzlich problematisch.
5. Verwirkung Lohnanspruch
§ 654 BGB verpflichtet den vom Verkäufer und Kaufinteressenten doppelt beauftragten Immobilienmakler zur Unparteilichkeit.
(= Umkehrschluss aus § 654 BGB)
Mit dieser Vorschrift gibt das Gesetz zu erkennen, dass es die Doppeltätigkeit von Maklern für zulässig erachtet.
Auch die Rechtsprechung betrachtet die Doppeltätigkeit des Maklers als erlaubt und auch durchaus als üblich (BGH Beschluss vom 30.4.2003, III ZR 318/02).
Danach darf ein Immobilienmakler, für beide Parteien, nach „dem Inhalt des Vertrages“ grundsätzlich tätig werden, sofern er für beide Parteien als bloßer Nachweismakler oder für die eine Partei als Vermittlungsmakler und für die andere als Nachweismakler tätig wird. Dies soll auch gelten, wenn einer Partei die Doppeltätigkeit des Maklers unbekannt geblieben ist oder diese nicht ausdrücklich zugestimmt hat.
[Dies ist für Ihren Fall von Relevanz, denn der Makler wird als Vermittlungsmakler für den Verkäufer auftreten und für Sie als Käufer sich als Nachweismakler echauffieren wollen]
Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Makler enthalten oft eine Klausel, die Doppeltätigkeiten gestattet. Klauseln dieser Art sind in AGB erlaubt (BGH VIII ZR 225/62).
Wird ein Makler mit der Vermittlung beauftragt, kann er sich auf diese Klausel aber nur berufen, wenn er dem jeweiligen Auftraggeber klar zum Ausdruck bringt, dass er auch für die andere Partei tätig wird.
Ein Makler verstößt nur gegen einen der beiden Makleraufträge, wenn seine Doppeltätigkeit auch für die andere Partei nach dem Inhalt eines Vertrages ausdrücklich verboten war oder dem offenkundigen Willen eines Vertragspartners widerspricht oder dessen Interessen zuwiderläuft (OLG Koblenz 5 U 707/00).
Wann dies der Fall ist, ist leider eine Frage des Einzelfalls.
Ist ein Immobilienmakler für beide Parteien vermittelnd tätig, ist er daher zur Unparteilichkeit gegenüber beiden Parteien verpflichtet. Diese Neutralitätspflicht verbietet es dem Makler, zugunsten einer der Parteien in die Verhandlungen z.B. über den Kaufpreis einzugreifen. Auch sollte er sich einer Stellungnahme diesbzüglich enthalten.
Demzufolge kann in dem bisherigen Sachverhaltsangaben noch nicht zwangsläufig eine unzulässige Doppeltätigkeit und damit eine Verwirkung des Lohnanspruchs festgestellt werden. Diesbezüglich bedarf es weiterer Umstände und Hintergrundinformationen, sodass ich hiermit zunächst erst einmal auf die allgemeinen rechtlichen Hintergründe hinweisen möchte.
Gerne können Sie mir dazu weitere Sachverhatlsangaben, insbesondere mit Blick auf Vertragsgrundlagen des Maklers geben, damit ich diese im Lichte der Rechtsprechung bewerten kann.
Jedoch aus allgemeinen vorläufigen Gesichtspunkten würde ich noch nicht zwangsläufig auf einen Verstoß schließen, denn dazu müssten noch mehr an Informationen herangezogen werden.
Bitte teile Sie mir sonst weitere Angaben mit, möglicherweise ergibt sich daraus dann auch eine andere Betrachtung.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Sascha Lembcke