Freistellungsanspruch
Beantwortet
Fragestellung
Im Scheidungsvertrag vom 2004 hat sich mein Exmann verpflichtet, die Grundschuld über 282000 € bis zum Jahr 2008 einzulösen. Bis heute bezahlt er nur die Kreditraten (es sind 2 Kredite, die weiter auf uns laufen). Beide Kredite sind erst in 13 Jahren zu Ende.
Frage: Kann ich Zinsen für die nicht eingelöste Verpflichtung als Entschädigung verlangen? Im Vertrag steht nichts darüber, welche Rechte ich habe, wenn die Verpflichtung nicht erfüllt wird.
Wenn, ja, in welcher Höhe?
Welche Möglichkeiten habe ich denn noch - ausser Mahnungen - an das Geld zu kommen?
Isabella
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort des Experten
Sehr geehrte/r Ratsuchende/r,
solange Ihr Ex-Mann die Kreditraten pünktlich bedient, entsteht Ihnen kein Schaden. Dies wäre erst dann der Fall, wenn die Kredite notleidend werden, und die Bank(en) an Sie halten und Verzugszinsen fordern. Oder aber, wenn Sie einen neuen Kredit aufnehmen wollen und hierfür höhere Zinsen zahlen müssen, weil die alten Kredite noch nicht abgelöst sind (und Sie ggfs. einen Kredit nicht mit einer Grundschuld absichern können.) In diesen Fällen können Sie Zinsen in Höhe der Differenz zu den niedrigeren Zinsen verlangen, die Sie bei vertragsgemäßem Verhalten Ihres Mannes entrichten müssten, oder Ersatz der Verzugszinsen in der Höhe, wie sie von der (den) Bank(en) gegen Sie geltend gemacht werden.
Unabhängig davon haben Sie gegen Ihren Ex-Mann aus dem Scheidungsvertrag einen Anspruch auf sofortige Einhaltung seiner Freistellungsverpflichtung in vollem Umfang.
Sie teilten nicht mit, ob der Vertrag gerichtlich protokolliert wurde, oder ob der Vertrag notariell beurkundet wurde, und Ihr Ex-Mann sich wegen seiner Freistellungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat. Dann haben Sie einen vollstreckbaren Titel auf Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten gegen Ihren Ex.Mann in der Hand, der erst nach dreissig Jahren verjährt (§ 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB). Die Freistellung von einer Kreditverbindlichkeit ist eine sog. vertretbare Handlung, die anstelle Ihres Ex-Mannes auch von einem Dritten vorgenommen werden kann. Erfüllt Ihr Ex-Mann diese Verpflichtung nicht, können Sie in einem ersten Schritt bei Gericht einen Antrag stellen, Sie zu ermächtigen, die Handlung auf Kosten des Schuldners vornehmen zu lassen (§ 887 Abs. 1 ZPO). Zugleich können Sie beantragen, Ihren Ex-Mann als Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung (= Ablösung der Grundschulden) entstehen werden (§ 887 Abs. 2 ZPO). Im Ergebnis bedeutet dies, dass Ihr Ex-Mann Ihnen die gesamten noch offenen Kreditbeträge vorauszahlen muss. Aus einer solchen Verurteilung könnten Sie auch die Zwangsvollstreckung gegen Ihren Ex-Mann betreiben. Allerdings hat dies nur dann einen Sinn, wenn Ihr Mann in Höhe der noch offenen Kreditbeträge vollstreckbares Vermögen hat, oder zumindest von seiner Bonität her in der Lage ist, zur Abwendung der Zwangsvollstreckung die bestehenden Kredite auf sich allein umschulden zu lassen. (In letzterem Fall würde die Grundschuld bzw. die gemeinsamen Kredite im Wege der Umschuldung abgelöst durch direkte Zahlung an die Bank(en); in diesem Fall würden Sie kein Geld erhalten.)
Ansonsten laufen Sie Gefahr, dass Ihr Ex-Mann als Reaktion und aus Verärgerung die Ratenzahlungen einstellt, die Bank sodann die Kredite kündigt und sich wegen der Rückzahlung an Sie hält.
Sollte der Scheidungsvertrag lediglich in Form einer privatschriftlichen Vereinbarung abgechlossen worfen sein (also ohne gerichtliche oder notarielle Protokollierung mit Unterwerfung Ihres Ex-Mannes unter die sofortige Zwangsvollstreckung), ist er nicht vollstreckbar. Sie müssten Ihren Ex-Mann dann gesondert vor Gericht auf Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten verklagen, um einen vollstreckbaren Titel zu erhalten. Die Vollstreckung aus einem solchen Titel würde dann, wie oben beschrieben, ebenfalls nach § 887 Abs. 1 und 2 ZPO verlaufen. Der Anspruch auf Freistellung von einer Verbindlichkeit verjährt in der regelmäßigen Frist von drei Jahren (§ 195 BGB). Allerdings beginnt die Frist nach § 199 Abs. 1 BGB nicht zum Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch auf Freistellung fällig wird (dies war vorliegend 1998, dann wäre der Anspruch jetzt schon verjährt), sondern zum Schluss des Kalenderjahres, in denen die Drittschulden fällig werden, von denen befreit werden soll (Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. 5. 2010 - III ZR 209/09; OLG Karlsruhe [Lexetius.com/2010,1492]). Ihr Anspruch auf Freistellung der erst jetzt fällig werdenden, noch offenen Kreditraten ist somit noch nicht verjährt.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weiter geholfen zu haben und stehe Ihnen gern für Rückfragen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Carsten Neumann
Rechtsanwalt
Sie haben ein Problem mit einem Freistellungsanspruch?
Schildern Sie Ihren Fall und erhalten Sie von unseren Rechtsanwälten kostenlos und unverbindlich Angebote zur Lösung Ihres Falles!
Nach dem Einstellen Ihrer Frage erhalten Sie individuelle Preisangebote unserer Experten, aus welchen Sie einfach das für Sie passende Angebot auswählen können!
Hier kostenlos und unverbindlich Angebote einholen!
Bewertung des Kunden
Wie prüfen wir die Echtheit von Kundenbewertungen?
Kundenbewertungen, die als verifiziert gekennzeichnet sind, wurden von Kund*innen getätigt, die mit ihrem registrierten Kundenkonto eine kostenpflichtige Beratung erworben haben. Nach Zahlung und Beratungsabschluss erhalten unsere Kund*innen einen Bewertungslink und haben darüber die Möglichkeit, eine entsprechende Bewertung abzugeben.
Bei unseren Bewertungen handelt es sich ausschließlich um verifizierte Bewertungen.
Der auf den Profilen unserer Expert*innen angezeigte Bewertungsdurchschnitt setzt sich ausschließlich aus verifizierten Bewertungen zusammen. Jeder Bewertung wird für die Berechnung des Bewertungsdurchschnitts dabei die gleiche Gewichtung zugemessen.
Wir veröffentlichen alle Kundenbewertungen, unabhängig von der Anzahl der vergebenen Sterne. Eine Löschung findet nur statt, wenn wir dazu rechtlich verpflichtet sind (z.B. beleidigender Inhalt).
Wie prüfen wir die Echtheit von Kundenbewertungen?
Kundenbewertungen, die als verifiziert gekennzeichnet sind, wurden von Kund*innen getätigt, die mit ihrem registrierten Kundenkonto eine kostenpflichtige Beratung erworben haben. Nach Zahlung und Beratungsabschluss erhalten unsere Kund*innen einen Bewertungslink und haben darüber die Möglichkeit, eine entsprechende Bewertung abzugeben.
Bei unseren Bewertungen handelt es sich ausschließlich um verifizierte Bewertungen.
Der auf den Profilen unserer Expert*innen angezeigte Bewertungsdurchschnitt setzt sich ausschließlich aus verifizierten Bewertungen zusammen. Jeder Bewertung wird für die Berechnung des Bewertungsdurchschnitts dabei die gleiche Gewichtung zugemessen.
Wir veröffentlichen alle Kundenbewertungen, unabhängig von der Anzahl der vergebenen Sterne. Eine Löschung findet nur statt, wenn wir dazu rechtlich verpflichtet sind (z.B. beleidigender Inhalt).
Isabella
da haben Sie meine Ausführungen zur Verjährung falsch verstanden.
Nach der von mir zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH knüpft der Beginn der Verjährung zur Freistellung von einer Kreditverbindlichkeit nicht an den Zeitpunkt an, zu dem nach der vertraglichen Vereinbarung die Freistellung erfolgen sollte (in Ihrem Fall war das in der Tat das Jahr 2008 - dann wäre Verjährung zum 31.12.2011 eingetreten), sondern an den Zeitpunkt, an den die einzelne Kreditverbindlichkeit fällig wird, von der freigestellt wird. Beispiel: Sagen wir, die nächste Kreditrate wird fällig zum 01.09.2013. Dann beginnt die Fälligkeit für den Freistellungsanspruch für diese Rate zum Jahresende zu laufen (31.12.2013) und beträgt danach drei Jahre. Ablauf der Frist ist dann der 31.12.2016. (Ihr Freistellungsanspruch für die letzte Rate, die erst in 13 Jahren fällig wird, vejährt demzufolge erst zum 31.12.2029.) Da Ihr Mann die Raten in der Vergangenheit immer bezahlt hat, wie Sie mitteilen, ist bisher noch nichts verjährt. Sollte die Bank den gesamten Kredit kündigen und zur sofortigen Zahlung fällig stellen, dann knüpft die Verjährung des Freistellungsanspruchs an diesen Zeitpunkt an.
(Die Rechtsprechung des BGH beruht darauf, dass der Gesetzgeber die regelmäßige Verjährungsfrist im Jahr 2001 von bis dahin dreissig Jahren auf drei Jahre verkürzte. Durch das Anknüpfen der Verjährung an die Fälligkeit der Krediraten soll durch diese Rechtsprechung einer Verpflichtung zur Freistellung von langfristig laufenden Krediten Rechnung getragen werden.)
Wenn Ihnen die finanziellen Mittel fehlen, um Ihren Ex-Mann auf Einhaltung seiner Freistellungsverpflichtung (oder Schadenersatz wegen deren Nichteinhaltung - ein Schaden kann auch darin liegen, dass Sie sich keine neuen finanziellen Mittel beschaffen können wegen der Grundschuldbelastung Ihres Hauses) zu verklagen, dann haben Sie die gesetzliche Möglichkeit, wegen der anfallenden Anwalts- Gerichtskosten staatliche Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen (§ 114 ZPO). Ihr Hausbesitz steht dem nicht entgegen.
Mit freundlichen Grüßen,
Neumann
Rechtsanwalt