Bußgeldbescheid
Beantwortet von Rechtsanwältin Silke Jacobi in unter 2 Stunden
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Jacobi,
ich habe einen Bußgeldbescheid wegen angeblichen Hantieren mit dem Handy am Steuer erhalten. Ich hatte dem Polizisten schon gesagt, dass ich mein Handy nicht in der Hand hatte, als er mich angehalten hat. Ich habe zu dem Zeitpunkt (bzw. kurz zuvor) telefoniert, aber mit einer Freisprecheinrichtung und hatte zu dem Zeitpunkt das Handy in der Gesäßtasche. Aussage des Polizisten war: "aber sie haben min. 10 sek nach rechts unten geschaut und noch nicht einmal bemerkt, dass ich links von ihnen gefahren bin." Zu dem Zeitpunkt habe ich rechts von mir in meiner Mittelkonsole einen Zettel gesucht, den ich für meine Werkstatt brauchte. Ich befand mich nämlich gerade auf den Weg dorthin und das Telefongespräch drehte sich auch um diese Sache.
Als ich diese auf dem Anhörungsbogen vermerkte und dort auch meine neue Anschrift angegeben habe, bekam ich nur den Hinweis, dass meine "Einwendungen nicht geeignet sind, mich von dem Vorwurf zu entlasten". Die Anschrift wurde aber nicht geändert und lässt mich vermuten, dass man den Inhalt meines Schreibens gar nicht zur Kenntnis genommen hat.
Wie soll ich mich nun verhalten?
1. Wenn ich WS gegen den Bescheid einlege, soll ich ihn auch auf Ermessensfehlgebrauch stützen?
2. Der Polizist hat angegeben, er hätte ein Display gesehen, welches geleuchtet hat. Dies kann auf keinen Fall sein. Macht ein WS hier überhaupt Sinn? Man wird ja wahrscheinlich doch gegen mich entscheiden, wenn zwei entgegengesetzte Aussagen vorliegen.
3. Habe ich bisher jeden Tatbestand zugegeben, wenn ich mal eine Ordnungswidrigkeit oder ein Bußgeld erhalten habe, wenn dies den Tatsachen entsprochen hat. Im vorliegenden Fall will ich widersprechen, weil ich mir keiner Schuld bewusst bin. Dies kann auch sicher bei zurückliegenden Delikten nachgeprüft werden.
Mit freundlichen Grüßen
B. B.
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Antwort von Rechtsanwältin Silke Jacobi
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:
1.
Sich auf einen Ermessensfehlgebrauch zu berufen, wird wohl kaum erfolgreich sein, weil es hier grds. kein Ermessen gibt. Die Handybenutzung während der Fahrt stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und die Polizei muss diese dann verfolgen. Da der Polizist behauptet, dass Sie telefoniert haben, musste er diesen Vorfall nach seiner Schilderung anzeigen. Sie könnten sich allenfalls darauf berufen, dass die Polizei die Frage der Handynutzung nicht hinreichend geprüft und aufgeklärt hat. Ob Sie damit Erfolg haben, wage ich aber eher zu bezweifeln.
2.
Das Problem wird sein, dass der Richter den Polizeibeamten in der Verhandlung als Zeugen hören wird und davon auszugehen ist, dass dieser seine Aussage wiederholt, also wiederum angeben wird, dass er ein Display gesehen hat. Die Aussage eines Polizisten gilt bei den meisten Richtern als sehr überzeugend und glaubwürdig, während die Aussagen des Beschuldigten oftmals als bloße Schutzbehauptung oder Ausrede abgetan werden. Wenn Sie also keine weiteren Beweismittel als Ihre eigene Aussage haben, wird es nach meiner Erfahrung sehr schwierig, den Richter davon zu überzeugen.
Im günstigsten Fall wird das Verfahren eingestellt, wobei Sie trotzdem die Kosten des Bußgeldverfahrens inkl. der Verhandlung und evtl. Zeugengelder zu tragen haben. Wahrscheinlicher ist aber, dass man den Bußgeldbescheid aufrecht erhält, weil man den Aussagen der Polizei folgt.
3.
Der Umstand, dass Sie bei früheren Ordnungswidrigkeiten den Tatbestand zugegeben haben, wenn dieser zutraf, wird Ihnen leider ebenfalls nicht viel nutzen. In der Gerichtsverhandlung nach dem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid geht es um diesen einen konkreten Vorfall. Die Vergangenheit würde nur insoweit von Interesse sein, ob Sie wegen dieser Ordnungswidrigkeit schon wiederholt aufgefallen wären.
Aus meiner bisherigen - auch in eigener Sache leider schon gemachten - Erfahrung sehe ich daher für Sie kaum Erfolgschancen bei einem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid, solange es einen oder zwei Polizisten als Zeugen gibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass man trotzdem gegen Sie entscheiden wird, ist aus meiner Sicht größer als eine Einstellung des Verfahrens oder ein Freispruch.
Ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid würde aus meiner Sicht nur dann Erfolgsaussichten haben, wenn Sie starke Beweise haben, mit denen Sie die Aussage des Polizisten widerlegen können. Sie sollten allerdings bedenken, dass sich die Kosten durch einen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid erhöhen würden und ein erhebliches Risiko besteht, dass Sie die Kosten zu tragen haben. Auch deshalb sollten Sie sich gut überlegen, ob Sie das Risiko eines erfolglosen Einspruchs hier eingehen wollen.
Ich hoffe, Ihre Frage damit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin
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