Wettbewerbsverbot nach Unternehmensverkauf
Beantwortet von Rechtsanwalt Reinhard Otto
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
2012 hat meine Ehefrau ihr Unternehmen, eine Internetagentur, verkauft, in dem Kaufvertrag gibt es folgende Klausel:
§ 5 Wettbewerbsverbot
Es ist denm Verkäufer sowie dem bisher mitarbeitenden Ehegatten untersagt, eine Tätigkeit durch sich selbst oder durch Dritte auszuführen, die einen vergleichbaren Unternehmensgegenstand zum Inhalt hat. Innerhalb eines Umkreises von 50 km um den bisherigen Unternehmenssitz ist jegliche gewerbliche Tätigkeit untersagt. Ausnahmen vom Wettbewerbsverbot werden im Einzelfall schriftlich vereinbart. Bei Zuwiderhandlung wird eine Vertragsstrafe in Höhe von 25.000,- EUR fällig.
Wie weit ist dieser Absatz überhaupt rechtsgültig, er schließt ein unbefristetes Berufsverbot ein? Außerdem wird der Ehemann der Verkäuferin (also ich) und alle weiteren vorstellbaren Kooperationspartner in Sippenhaft genommen.
Ich habe den Unternehmenskäufer angesprochen, er will diesen Vertragspunkt (nach fast 6 Jahren) nicht aufheben.
m.E. ist eine fristlose Regelung, auf die meine Ehefrau seinerzeit nicht geachtet habe, doch nicht unerschütterlich, ich habe nicht vor, dem Käufer in seinem Unternehmensfeld Konkurrenz zu machen, aber es gibt die Gefahr der Überschneidungen.
Vielleicht haben Sie da eine verbindliche Antwort für mich. Bitte vor Durchführung die Kosten bitte durchgeben.
Mit freundlichen Grßen
M. G.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Reinhard Otto
Guten Tag,
ich beantworte Ihre Anfrage im Rahmen einer Erstberatung wie folgt:
Um eine endgültige Bewertung vornehmen zu können, ist Kenntnis des gesamten Vertragsinhaltes erforderlich.
Einstweilen lässt sich jedoch schon Folgendes sagen:
1) Soweit Sie von dieser Vertragsklausel betroffen sein sollen, ist sehr fraglich, ob eine wirksame Vereinbarung zwischen Ihnen und der Gegenseite vorliegt, da Sie in keinen vertraglichen Beziehungen zu dieser Firma standen. Ich unterstelle dabei, dass Sie diesen Vertrag nicht mit unterschrieben haben.
Insoweit würde es sich um einen nach deutschem Recht unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter handen, der den Dritten nicht wirksam bindet.
Sofern Ihre Frau für Sie als Vertreterin den Vertrag geschlossen hat, kommt es darauf an, ob sie dazu eine Vollmacht hatte (davon gehe ich nicht aus) oder ob Sie die vollmachtlose Vertretung durch Ihre Frau nachträglich genehmigt haben, § 177 BGB.
Eine solche Genehmigung kann auch in bestimmten Handlungen oder Verhaltensweisen liegen, die aus Sicht des Käufers den Schluss zulassen, dass Sie sich an den Vertraginhalt, wie vom Vertreter ohne Vertretungsmacht abgeschlossen, gebunden fühlen.
Hier kommt es entscheidend darauf an, wie Sie an den Käufer herangetreten sind, um die Aufhebung der Klausel zu erreichen.
2) Unabhängig davon, ob Sie (mit) verpflichtet sind, stellt sich natürlich die Frage nach der Wirksamkeit dieser Klausel. Um dies beurteilen zu können, müssen sämtliche Leistungen und Gegenleistungen aus dem Vertrag analysiert werden, denn es ist ja denkbar, dass die immensen Beschränkungen durch einen entsprechend hohen Kaufpreis oder sonstige Leistungen kompensiert worden sind.
Ist das nicht der Fall, dürfte die Klausel Ihre Frau und Sie unangemessen benachteiligen i.S.d. § 307 BGB, zudem auch gegen die guten Sitten verstoßen, § 138 BGB.
Das OLG Hamm hat in seiner Entscheidung vom 24.08.2000, Az: 27 U 159/99 dazu ausgeführt:
Zwar sind Wettbewerbsverbote im Zusammenhang mit einem Unternehmenskauf grundsätzlich zulässig, ... Eine Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbotes gemäß § 138 Abs. 1 BGB ist mit Rücksicht auf die bei der Auslegung der zivilrechtlichen Generalklauseln zu beachtenden Wertentscheidungen der Verfassung - hier Art. 12 GG - jedoch dann anzunehmen, wenn das Verbot den Verpflichteten durch eine unangemessene Beschränkung seiner Berufsausübung und seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit übermäßig beschwert und es über die schutzwürdigen Belange des Berechtigten hinausgeht ... Ein Wettbewerbsverbot darf auch bei solchen Verträgen im Einzelfall bei Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht unangemessen sein, muß also unter Berücksichtigung der berechtigten geschäftlichen Interesses des Begünstigten örtlich, gegenständlich und zeitlich auf das Maß beschränkt sein, das erforderlich ist, damit der Erwerber die ihm bei der Unternehmensübertragung überlassenen Kundenbeziehungen festigen und nutzen kann und davor geschützt ist, dass der andere Teil die Erfolge seiner Arbeit illoyal verwertet. Nicht sachlich gerechtfertigt ist hingegen unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Freiheit der Berufsausübung gemäß Art. 12 GG das Ziel bzw. Interesse des Käufers, eine unliebsame, fachlich qualifizierte Konkurrenz vom Markt fern zu halten.
Der Umstand, dass nach der zitierten Klausel ohne jede zeitliche und räumliche Beschränkung Geschäfte "vergleichbaren Unternehmensgegenstands" und zudem noch zeitlich unbegrenzt, räumlich auf einen Radius von 50 km jede unternehmerische Tätigkeit überhaupt untersagt wird, legt den Schluss nahe, dass es dem Käufer nicht um Konkurrenzschutz zum Zeitpunkt des Erwerbes, sondern um die dauerhafte Fernhaltung von Ihnen und Ihrer Frau vom unternehmerischen Markt zu erreichen.
Das allein reicht wahrscheinlich schon für die Sittenwidrigkeit aus. wenn jetzt noch jeglicher finanzielle Ausgleich im Vertrag fehlt, bestehen gute Chancen, diese Klausel auszuhebeln.
Ich empfehle Ihnen, den Vertrag und den bisherigen Schriftverkehr genau im Hinblick auf die oben angesprochenen Fragen prüfen zu lassen.
Falls Sie dabei auf mich zurückgreifen möchten, stehe ich gerne im Rahmen eines weiterführenden Mandates zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Otto
Rechtsanwalt
reinhard-otto-bielefeld@t-online.de
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