Verein - Verspätete Zustellung der Einladung zur Jahreshauptversammlung
Fragestellung
Wir haben für unseren Verein zur Jahreshauptversammlung die Einladungen an alle Mitglieder (ca. 60 stimmberechtigte Personen) verschickt. Die Frist der Zustellung ist laut Satzung ist 14 Tage.
Es stehen u.a. Vorstandswahlen an.
Ein Mitglied hat die Einladung 2 Tage zu spät erhalten (fehlerhafte E-Mail).
Zwei Mitglieder haben die Einladung 12 Tage zu spät erhalten (falsche Adresse).
Alle drei Mitglieder werden aber trotzdem an der Versammlung teilnehmen.
Frage:
Muss die Jahreshauptversammlung verschoben werden weil die Beschlüsse unwirksam wären?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrter Mandant,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die wie folgt zu beantworten ist:
1.
Das Gesetz enthält hinsichtlich der Frage, ob bei der satzungsgemäßen Ladungsfrist auf die Absendung oder den Empfang abzustellen ist, keine Regelung. Ich gehe davon aus, dass es auch in der Satzung des Vereins keine Regelung hierzu gibt.
Nach der Rechtsprechung ist bei der Einhaltung der Ladungsfrist dann die normale Postlaufzeit von 1 -2 Werktagen einzubeziehen, damit die satzungsgemäße Ladungsfrist noch gewahrt ist. Ich nehme an, dass den beiden Mitgliedern, die die Einladung mit 12 Tagen Verspätung erhalten haben, diese per Post zugestellt wurde.
Damit wäre die Einladung nicht unter Wahrung der von der Satzung vorgesehenen Frist erfolgt.
2.
Der nicht rechtzeitige Zugang der Einladung führt aber nicht dazu, dass auf der Mitgliederversammlung keine Beschlüsse gefasst werden können. Es wird insoweit zwischen absolut ungültigen und damit nichtigen Beschlüssen und fehlerhaften Beschlüssen differenziert. Ein Beschluss ist dann fehlerhaft, wenn zu der Mitgliederversammlung nicht ordnungsgemäß eingeladen worden ist.
Fehlerhafte Bechlüsse können grundsätzlich von Mitgliedern angefochten werden. Die Anfechtung kann von einem Mitglied noch auf der Versammlung oder im Nachgang gegenüber dem Vorstand erklärt werden. Da im vorliegenden Fall auch Vostandswahlen anstehen, deren Ergebnisse im Vereinsregister einzutragen sind, kann von einem Mitglied auch eine Rüge gegenüber dem Registergericht erhoben werden.
Das Gesetz sieht keine bestimmte Frist für die Anfechtung oder Rüge fehlerhafter Beschlüsse vor. Nach der Rechtsprechung muss eine Anfechtung aber in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Mitgliederversammlung erfolgen, da das Recht auf Anfechtung der fehlerhaften Beschlüsse sonst verwirkt. Eine Anfechtung müsste danach spätestens innerhalb von 4 Monaten nach der Beschlussfassung auf der Mitgliederversammlung erfolgen, andernfalls ist dieses Recht verwirkt.
3.
Eine Anfechtung fehlerhaft zustande gekommener Beschlüsse führt auch nicht zwingend zur Unwirksamkeit der Beschlüsse. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Beschlussfassung bei ordnungsgemäßer Ladung anders aufgefallen wäre.
Falls der Beschluss auf der Mitgliederversammlung auch bei ordnungsgemäßer, also fristgemäßer Ladung aufgrund der Stimmverhältnisse nicht anders ausgefallen wäre, führt die Anfechtung nicht zu einer Untwirksamkeit der fehlerhaft zustande gekommenen Beschlüsse. Falls zum Beispiel nur 3 Mitglieder gegen die Wahl des Vorstands stimmen würden und der Vorstand mit großer Mehrheit gewählt wird, wären die 3 Nein-Stimmen für die Beschlussfassung nicht relevant. In diesem Fall würde eine Anfechtung nicht zur Unwirksamkeit einer angefochtenen Wahl führen, da das Ergebnis der Wahl auch bei fristgemäßer Ladung aller Mitglieder nicht anders ausgefallen wäre (OLG München, Urteil vom 11.05.2015 - 31 Wx 123/15).
Ich empfehle, zu Beginn der Versammlung auf diesen Formfehler hinzuweisen und offen damit umzugehen. Es würde dann spätestens nach 4 Monaten Rechtssicherheit eintreten, wenn kein Mitglied von einem Anfechtungsrecht Gebrauch gemacht. Alternativ besteht natürlich auch die Möglichkeit, die Mitgliederversammlung zu verschieben und unter Wahrung der in der Satzung vorgesehenen Frist erneut einzuladen. Dann wären die Beschlüsse von vornherein wirksam zustande gekommen.
Falls Sie noch weitergehende Fragen haben, melden Sie sich jederzeit gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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Ich kann Frau Ordemann jederzeit weiter empfehlen.
vielen Dank für Ihre Anfrage. Wäre es möglich, dass wir hierzu einmal telefonieren, da ich noch ein paar Hintergrundinformationen in der Sache benötige? Sie können mir hierzu gern Ihre Telefonnummer aufgeben, wenn Sie möchten.
Andernfalls würde ich Ihnen die Grundsätze in einer schriftlichen Antwort darlegen.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
0170 - 555 0880
Mit freundlichen Grüßen
Dr. D. Haack
im Nachgang zu unserem heutigen Telefonat ist Folgendes zu der Wirksamkeit von Vereinsbeschlüssen bei nicht fristgerechter Einladung aller Mitglieder anzumerken:
1.
Falls die Beschlüsse mit der überwiegenden Mehrheit der Mitglieder gefasst werden und 3 Nein- Stimmen nicht maßgeblich ins Gewicht fallen, ist die nicht fristgerechte Einladung von 3 Mitgliedern für das Abstimmungsergebnis nicht relevant.
Falls aber das Abstimmungsergebnis sehr knapp ausfällt, z.B. mit 21 : 19 Stimmen und in geheimer Wahl abgestimmt wird, kann das Abstimmungsergebnis aber durchaus relevant sein. Sie müssten dann den Nachweis erbringen, dass das Wahlergebnis bei fristgerechter Einladung nicht anders ausgefallen wäre und damit der Formfehler keine Auswirkungen auf die Beschlussfassung hat. Bei einer geheimen Abstimmung ist der Beweis aus formalen Gründen aber nur schwer zu erbringen.
Anders sieht dies bei einer offenen Abstimmung aus, bei der die Nein-Stimmen klar ersichtlich sind.
Eine Differenz von 2 Stimmen kann daher zu einer Anfechtung des Wahlergebnisses führen.
2.
Im Falle einer wirksamen Anfechtung der Vereinsbeschlüsse wären diese Beschlüsse als von Anfang an ungültig anzusehen. Mit der Anfechtung eines Beschlusses durch ein Mitglied und der Kenntnis des Vorstandes von der Anfechtung tritt damit ein Schwebezustand ein, der durch eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl schnellstmöglich beseitigt werden sollte, damit der Vorstand bzw der Verein handlungsfähig ist und er den Verein nach außen hin rechtswirksam vertreten kann.
Falls in dem Verein Entscheidungen anstehen, die auch mit finanziellen Auswirkungen verbunden sind, empfiehlt es sich daher, die Beschlussfassung auf eine rechtssichere Basis zu stellen, falls von vornherein mit einer Anfechtung der Beschlüsse zu rechnen ist oder diese zumindest relativ wahrscheinlich ist.
Falls noch Fragen bestehen, melden Sie sich gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
ganz herzlichen Dank für Ihre Bewertung. Melden Sie sich jederzeit gern, wenn nochmals Fragen auftauchen.
Mit den besten Grüßen
Uta Ordemann