Urlaub stornieren Ägypten
Fragestellung
Hallo
Ich habe einen Urlaub in Ägypten gebucht , dieser sollte am OsterMontag losgehen, nach den Anschlägen heute und die Warnung des auswärtigen Amtes möchte ich stornieren.
Neckermann stellt sich aber quer. Wie stehen meine Chancen?
Vielen Dank
Myriam Foligowski
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Antwort von Rechtsanwalt Jens Otte
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Anbei meine vorläufige Einschätzung zu Ihrer Frage:
Grundsätzlich steht dem Reisenden die Möglichkeit zu, den Vertrag nach § 651j BGB zu kündigen.
Voraussetzung dafür ist, dass bei Vertragsschluss eine nicht vorhersehbare "höhere Gewalt" die Reise erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt.
Anbei der vollständige Wortlaut der Vorschrift:
§ 651j BGB - Kündigung wegen höherer Gewalt
(1) Wird die Reise infolge bei Vertragsabschluss nicht voraussehbarer höherer Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt, so können sowohl der Reiseveranstalter als auch der Reisende den Vertrag allein nach Maßgabe dieser Vorschrift kündigen.
(2) Wird der Vertrag nach Absatz 1 gekündigt, so findet die Vorschrift des § 651e Abs. 3 Satz 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 Anwendung. Die Mehrkosten für die Rückbeförderung sind von den Parteien je zur Hälfte zu tragen. Im Übrigen fallen die Mehrkosten dem Reisenden zur Last.
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Die Rechtsprechung stellt hier relativ strenge Maßstäbe in Bezug auf die Auslegung des Begriffes „höhere Gewalt“.
Höhere Gewalt wird bei einzelnen Terrorakten grundsätzlich verneint.
Anbei mehre einschlägige Definitionen/Ansichten in Bezug auf terroristische Gewaltakte:
"Eine Kündigung wegen terroristischer Gewaltakte als höhere Gewalt setzt allerdings flächendeckende bürgerkriegsähnliche Zustände mit Bezug auf Reisende oder touristische Einrichtungen voraus".
"Terroristische Einzelakte, die weder auf flächendeckenden Unruhen beruhen noch diese hervorrufen, stellen jedoch keine höhere Gewalt dar, die die Reise an sich erheblich erschweren, gefährden oder beeinträchtigen. Vielmehr sind sie Teil des von jedermann zu tragenden allgemeinen Lebensrisikos, welches sich ebenso in vielen anderen Ländern, auch in Deutschland, realisieren kann".
Anbei eine Ansicht des AG Augsburg im Zusammenhang mit den terroristischen Anschlägen von Istanbul:
„Bei höherer Gewalt i. S. d. § 651 j BGB handelt es sich um ein ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis, auf das die Vertragsparteien keinen Einfluss haben und dessen Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätte vermieden werden können. Auch Terrorakte können ein solches Ereignis sein, wenn es sich nicht nur um einzelne Terroranschläge handelt, die in das von jedem Einzelnen zu tragende allgemeine Lebensrisiko fallen".
"Ein Reisender ist berechtigt, seine Reise zu kündigen, wenn eine Häufung von Anschlägen zu einer Verschärfung der Sicherheitslage in der Reiseregion (hier: Istanbul) führt, die für den Reisenden bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar war".
Das Landgericht Frankfurt hat das Vorliegen von „höherer Gewalt“ angenommen, wenn die Durchführung einer Reise (hier: nach Ägypten) infolge erheblicher politischer Unruhen gefährdet ist sowie das Auswärtige Amt zudem eine Reisewarnung herausgegeben.
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In Bezug auf die Hinweise des Auswärtigen Amtes handelt es sich nur um eine Teil-Reisewarnung für den Norden der Sinai-Halbinsel, das ägyptisch-israelische Grenzgebiet und entlegene Gebiete der Sahara.
Der dazu erlassene aktuelle Hinweis vom 09.04.2017 ist hier relativ weit gefasst.
„Es besteht landesweit ein erhöhtes Risiko terroristischer Anschläge und die Gefahr von Entführungen. Diese können sich auch gegen ausländische Ziele und Staatsbürger richten. Bei Reisen nach Ägypten einschließlich der Touristengebiete am Roten Meer wird generell zu Vorsicht geraten. Demonstrationen und Menschenansammlungen, insbesondere vor religiösen Stätten, Universitäten und staatlichen Einrichtungen sollten unbedingt gemieden werden“.
Fazit:
Grundsätzlich muss die Gefahr eines Terroraktes einen regionalen Bezug zum Urlaubsgebiet haben, damit hier das Vorliegen von höherer Gewalt bejaht werden kann.
In der aktuellen Verlautbarung des Auswärtigen Amtes wird auf ein erhöhtes landesweites Risiko terroristischer Anschläge - unabhängig von der Teilreisewarnung in einzelne Gebiete - hingewiesen.
Des Weiteren handelt es sich um einen Doppelanschlag. Somit kann von einem einzelnen Anschlag nicht mehr die Rede sein.
Es ist nicht auszuschließen, dass, wie auch in der Vergangenheit, die einschlägigen Urlaubsgebiete am Roten Meer Ziel von Anschlägen sein können.
Dieses wäre auch die Argumente um die Kündigung aufgrund von höherer Gewalt zu begründen.
Ob hier gute Erfolgsaussichten bestehen, ist vom konkreten Zielort der Urlaubsreise abhängig.
Sollte die Urlaubsreise in die aktuell betroffene Anschlagsregion stattfinden, könnte dass einen ausreichenden Grund für eine Kündigung darstellen.
Ich empfehle Ihnen hier die Kündigung in Bezug auf den aktuellen Hinweis des Auswärtigen Amtes vom 09.04.2017 zu stützen.
Soweit meine Ausführung zu Ihrer Anfrage.
Sollten Sie mit meiner Bearbeitung zufrieden sein, würde ich mich über eine positive Bewertung sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Otte
Rechtsanwalt
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und vielen Dank für Ihre Rückantwort.
Ich gehe davon aus, dass bei der Reisebuchung der Umstand bezüglich des bereits erfolgten Anschlages bekannt war.
In dem Fall könnte man sich nicht darauf berufen.
Für Hurgarda selbst gibt es keine explizite Reisewarnung.
Des Weiteren ist Hurgarda weit weg vom aktuellen Anschlagsort.
Nochmals auszugsweise aus dem konkreten Hinweis des Auswärtigen Amtes.
„Bei Reisen nach Ägypten einschließlich der Touristengebiete am Roten Meer wird generell zu Vorsicht geraten“.
Es wird hier nur zur Vorsicht gemahnt!
Insoweit kann hier keine konkrete Gefahr für den gebuchten Urlaubsort unterstellt werden, d.h. aber nicht das dort kein erhöhtes Anschlagsrisiko besteht!!!
Dieses Risiko würde sich aber grundsätzlich nicht unterscheiden, von einer Fahrt nach Stockholm, Berlin London oder Paris.
Dennoch würde empfehle ich, aufgrund des aktuellen Hinweises des Auswärtigen Amtes, die Kündigung gegenüber dem Reiseveranstalter unter Bezugnahme auf den aktuellen Hinweis zu erklären, sofern Sie aufgrund der aktuellen Geschehnisse, eine Reise dorthin komplett ablehnen.
Sollte die Kündigung nicht akzeptiert werden, bleibt nur noch die Möglichkeit, dieses im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu klären.
Sollten Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, die dieses Risiko abdeckt, kann ich Sie gerne bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche unterstützen.
Soweit meine ergänzenden Ausführungen.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Otte
Rechtsanwalt