Unternehmensverpachtung
Fragestellung
Ich bin Inhaber einer GmbH, seit 2000, In diesem Jahr werde ich 65 und möchte mein Unternehmen an einen potentiellen Nachfolger übergeben, wir sind eine produzierende Textilfirma mit eigenem Werksverkauf, Umsatz ca
450 T€. Unser Nachfolger wäre ein Unternehmen aus Tschechien, welcher schon seit 15 Jahren als Subunternehmen für uns tätig ist. Nun bin ich auf die Idee gestossen, unsere Firma statt zu verkaufen, zu verpachten, da dies doch einige steuerliche Vorteile bringt. Wie müsste so etwas aussehen? ( vertragliche Gestaltung )
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Antwort von Dipl.-Finanzwirt Steuerberater Michael Mertens
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Anfrage, welche ich mittels Ihrer Angaben und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes, welchen Sie dankerweise erhöht haben, im Nachfolgenden im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung gern beantworten möchte.
Ich muss Sie zu Beginn allerdings darauf hinweisen, dass ich Ihre Anfrage nur "rudimentär" beantworten kann. Bei der Betriebsverpachtung handelt es sich um eine komplexe und vor allem sehr anspruchsvolle Rechtsmaterie, die, sofern Sie professional und gut bearbeitet werden soll, zwingend eine persönliche Beratung und genaue Überprüfung des Sachverhaltes bedarf.
Woran liegt das? Für die Betriebsverpachtung einer GmbH existieren keine ausdrücklichen Regelungen.
In Ihrem Falle liegt keine Veräußerung Ihres GmbH-Anteils vor. Die GmbH bleibt bestehen. Die GmbH erzielt grundsätzlich gewerbliche Einkünfte (unabhängig davon, ob die GmbH nunmehr einen eigenen Gewerbebetrieb unterhält oder eine Vermietung/Verpachtung vornimmt).
Demnach sind auf den Gewinn aus der Verpachtung weiterhin Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zu zahlen. Die Aufwendungen auf Ebene der GmbH werden sich in Grenze halten, da im Rahmen der Verpachtung die Betriebskosten durch den Pächter getragen werden.
Eine Unternehmensverpachtung setzt den Abschluss eines Pachtvertrags voraus. Der
Vertrag kann formfrei sein. Wegen der wirtschaftlichen Bedeutung und Komplexität eines solchen Vertragswerks und der damit verbundenen Steuerfolgen sollte jedoch stets die Schriftform gewählt werden. Unter Umständen kann sich die notarielle Beurkundung empfehlen, beispielsweise um für die Pachtzahlungen einen Vollstreckungstitel zu schaffen.
Grundsätzlich sollte stets der gesamte Betrieb verpachtet werden. Aus Gründen der Bestimmtheit des Pachtgegenstandes ist die genaue Bezeichnung und Auflistung der verpachteten Wirtschaftsgüter und der vom Pächter fortzuführenden Verträge erforderlich. In der Praxis wird dabei häufig auf die steuerlichen Anlageverzeichnisse Bezug genom- men.
Die Qualität der verpachteten Wirtschaftsgüter und der zu übernehmenden Verträge sollte vor der Anpachtung eines Betriebs wie bei einer Due-Diligence-Prüfung im Rahmen eines Unternehmenskaufs genau geprüft werden. Ähnlich wie beim Unternehmenskauf empfiehlt sich für den Pächter, sich möglichst umfassende Zusicherungen und Garantien über den Bestand der gepachteten Wirtschaftsgüter geben zu lassen.
Das Umlaufvermögen, vor allem das Warenlager und der Forderungsbestand, wird meist nicht mitverpachtet, sondern an den Pächter verkauft, da diese Vermögensgegenstände alsbald nach der Verpachtung veräußert bzw. verwertet werden müssen. Sie können dem Unternehmen nicht langfristig bis zum Ende des Pachtvertrags dienen. Unternehmens- pachtverträge enthalten deshalb in der Regel als Vertragsbestandteil einen Kaufvertrag über das Umlaufvermögen, in dem auch das dingliche Rechtsgeschäft zur Eigentums- übertragung und die Forderungsabtretung enthalten sind. Der Bestimmtheitsgrundsatz verlangt eine möglichst genaue Bezeichnung der verkauften Wirtschaftsgüter.
Der Pachtzins kann in fixen und variablen Komponenten vereinbart werden. Ein fix vereinbarter, monatlich zu zahlender, eventuell indexierter Betrag ist ebenso denkbar wie eine Kombination aus festen und erfolgsabhängigen Bestandteilen wie ein umsatzabhängiger Pachtzins mit einem wertgesicherten Mindestbetrag. Vorstellbar ist auch ein ergebnisabhängiger Pachtzins als Teilkomponente.
Bei einem festen Pachtzins bedarf es einer Wertsicherungsklausel, um den Pachtzins an die Geldentwertung anzupassen. Denkbar sind auch Pachtzinsen, die sich an einer er- warteten Effektivverzinsung des zur Verfü- gung gestellten Sachkapitals orientieren und in Prozent des Verkehrswerts der verpachteten Gegenstände vereinbart werden.
Anbei einzelne Unterpunkte und wichtige Fragestellungen:
1. Wie ist ein Vertrag aufzustellen und wie ist die Systematik dieses Vertrages? Wer ist Pächter und wer zahlt den Pachtzins?
Vertragsparteien sind der Pächter und der Verpächter.
Als Alleingesellschafter der GmbH verpachten Sie Ihren Betrieb an eine andere GmbH. Vertragsparteien des Pachtvertrages sind Sie und die andere GmbH.
Die andere GmbH (Pächter) hat den Pachtzins an Sie zu bezahlen.
2. Was ist Pachtgegenstand? Die komplette GmbH oder die betriebswirtschaftlichen Gegenstände?
Dies hängt davon ab, was Sie vereinbaren. Nach Ihren Schilderungen wollen Sie die GmbH gänzlich verpachten. In diesem Fall betrifft dies den Inbegriff aller Sachen und Rechte einschließlich der vorhandenen Erwerbschancen.
"Die dem Pächter gewährte Fruchtziehung besteht in der Abschöpfung des Betriebsgewinns, der zu den Früchten iS von § 99 Abs. 2 zählt", Harke in Münchener Kommentar zum BGB, § 581, Rn. 6.
3. Was passiert mit ihrer - also der alten - GmbH?
Ihre GmbH bleibt als solche existent. Sie bleiben Inhaber der GmbH.
4. Welche handelsrechtlichen Konsequenzen sind zu erwarten?(Eintragungen, Haftungsausschluss)
Nach einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1989 ist die Eintragung der Verpachtung im Handelsregister Wirksamkeitsvoraussetzung für den Unternehmenspachtvertrag, BGH DNotZ 1989, 102, 110. Die Eintragung in das Handelsregister soll erforderlich sein, damit sich die Öffentlichkeit — z. B. die gegenwärtigen und künftigen Kreditnehmer und die Arbeitnehmer — über die rechtlichen Verhältnisse der GmbH umfassend informieren können.
Ferner ändert sich der Unternehmensgegenstand Ihrer GmbH.
Grundsätzlich haften der Erwerber eines Handelsgeschäfts bei Firmenfortführung für alle im Betrieb bisher begründeten Verbindlichkeiten gem. § 25 I HGB und der frühere Geschäftsinhaber für Verbindlichkeiten gem. § 26 HGB. Im Fall der GmbH ist die Haftung grundsätzlich aber gerade auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt. Hier könnten deshalb im Pachtvertrag Haftungsfragen hinsichtlich des bei Vertragsbeginn vorhandenen Gesellschaftsvermögens und bei ausnahmsweise eintretender Außenhaftung geregelt werden.
5. Muss die Verpachtung den Kunden angezeigt werden?
Soll der Pächter in die Verträge mit Kunden an Ihrer Stelle eintreten, so bedarf es hierzu der Vertragsübernahme, welche wiederum der Zustimmung der Kunden als Vertragspartner bedarf. Teilweise wird vertreten, dass eine Zustimmung nicht erforderlich sei, weil das Unternehmen nach außen als das gleiche weiter bestehe. Die wohl h.M. fordert allerdings ein Zustimmungserfordernis, wobei die Kunden die Zustimmung wiederum nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes verweigern dürften.
6. Welche weiteren Dinge sind zu beachten
Ich muss Sie nochmals darauf hinweisen und vor allem um Ihr Verständnis bitten, dass an dieser Stelle eine umfassende und abschließende Beratung dieser komplexen und haftungsrechtlich anfälligen Materie nicht möglich ist. Wenn Sie hiermit einen Steuerberater/Rechtsanwalt beauftragen, sollten Sie eine professionelle Bearbeitung nicht unter einem vierstelligen Betrag erwarten.
Möglich sind eine Ergebnisbeteiligung (in Form der Umsatz- oder Gewinnbeteiligung) für Sie oder eine pauschal zu bezahlende Pacht.
Zudem besteht die Möglichkeit, den Pächter dazu zu verpflichten, das Unternehmen auch tatsächlich zu betreiben. So kann es zur Anwendung mancher Regelungen betreffend den Landpachtvertrag gem. §§ 585ff. GBG kommen.
Auch sollte der Vertrag Regelungen über die genauen einzelnen Vertragspflichten (wie z.B. Erhaltung der Pachtsache), die Kündigungsmodalitäten und mögliche Schadensersatzpflichten enthalten.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen einen ersten Überblick über die vertragliche Ausgestaltung geben. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich Sie in dieser Angelegenheit unterstützen kann. Schauen Sie gerne auf meiner Internetseite www.mm-stb.de vorbei.
Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Beste Grüße
Michael Mertens
Dipl.-Finw. Steuerberater
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vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie das Honorar auf 120,00 Euro hochsetzen, da hier eine umfangreichere Ausarbeitung notwendig ist.
Über eine Nachricht von Ihnen freue ich mich sehr.
Beste Grüße aus Hamburg
Michael Mertens
Dipl.-Finw. - Steuerberater
VG V.