Umsatzsteuer Differenzbesteuerung/Regelbesteuerung
Fragestellung
Sehr geehrter H. Balluff
ich bin auf der Suche nach einem Experten für Umsatzsteuer, meine Frage ist wahrscheinlich sehr speziell und nicht jeder Steuerberater ist mit dieser Konstellation schon einmal in Berührung gekommen.
Ich habe seit 9 Jahre einen gewerblichen Betrieb den ich nebenher führe und bisher in der Kleinunternehmerregelung keine Probleme mit MwSt. hatte. Diese Regelung kann ich für 2017 nicht mehr anwenden.
Nun ist es so, ich verkaufe gebrauchte Motorradersatzteile im Onlineshop meist an privat. Die Ersatzteile kaufe ich teilweise selbst auf und teilweise stammen die aus zerlegten Motorrädern, sprich ich kaufe komplette Maschinen ohne ausgewiesene MwSt. und zerlege die und verkaufe die Teile dann weiter.
Mein Vorhaben wäre, die Gesamt-Differenzbesteuerung anzuwenden. Alle verkauften Teile mit Rechnung ohne ausgewiesene MwSt. Die Umsatzsteuerabrechnung alle verkauften Teile, auch die die aus zerlegten Motorrädern stammen, abzüglich die als Einzelteile eingekauften Teile bildet die Differenz für die Umsatzsteuer.
Die komplett gekauften Motorräder über 500Euro kann ich nicht zur Differenzbildung hernehmen, aber einkaufen, zerlegen und die Rechnung wie Differenzbesteuerung damit ich kein Durcheinander bei der Rechnungsstellung bekomme.
Meine erste Frage. Ist es ok, alle Teile mit Rechnung ohne ausgewiesene MwSt. und mit Hinweis auf Differenzbesteuerung zu verkaufen, obwohl Teile dabei sind aus Motorrädern über 500Euro die zur Differenzbesteuerung nicht hergenommen werden können, ich diese bei der Differenzbildung bei der Umsatzsteuerberechnung auch nicht einrechne. Rein rechnerisch ist die Umsatzsteuer damit korrekt berechnet, aber ob zulässig so vorzugehen?
Zweite Frage. Die Kaufverträge, Belege ect. der Motorradkäufe über 500Euro die kann ich bei der Einkommenssteuerberechnung als Ausgaben verwenden?
Ich hoffe ich konnte die Situation halbwegs verständlich darstellen.
mit freundlichen Grüssen
M. H.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Björn Balluff
Sehr geehrter Ratsuchender,
zur ersten Frage. Grundsätzlich können auch die Einzelteile der angekauften Motorräder der Differenzbesteuerung nach der Gesamtdifferenz unterliegen. Dies ist dann der Fall, wenn die Preise der Einzelteile, die ggf. im Wege der Schätzung zu ermitteln sind unter 500 € liegen (vgl. u.a. BFH v. 23.02.2017 V R 37/15).
Falls dem so ist (Einzelteile unter 500 €) wird die Bemessungsgrundlage durch Differenz zwischen allen Verkaufspreisen und allen Einkaufspreisen des jeweiligen Zeitraums ermittelt. Dies beinhaltet die Einkaufspreise von Motorrädern, die in diesen Zeitraum fallen.
Wenn die geschätzten Einzelpreise 500 € übersteigen, ist die Differenzbesteuerung gleichwohl anwendbar, da trotzdem gebrauchte Gegenstände an- und verkauft werden. Bei dem Ankauf fiel keine MwSt. an.
Es ist lediglich nicht nach der Gesamtdifferenz zu ermitteln, sondern nach der Differenz der Ein- und Verkaufspreise des einzelnen Gegenstands.
Sollte die 1. Variante vorliegen, müssen Sie nicht viel ändern, nur die Einkaufspreise der Motorräder im Besteuerungszeitraum mit einbeziehen.
Die zweite Frage kann ich ganz klar mit Ja beantworten. Bei den Motorradkäufen bzw. dem Kauf der Ersatzteile handelt es sich um Wareneinsatz, d.h. Betriebsausgaben.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen weiterhelfen konnte. Weitere Rückfragen können Sie gerne über die Kommentarfunktion stellen. Über eine positive Bewertung würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff
Steuerberater
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Vielen Dank und freundliche Grüße,
Björn Balluff
ich würde die Frage gerne beantworten. Jedoch scheint dies aus technischen Gründen nicht zu funktionieren. Könnten Sie bitte die Frist verlängern? Dann ist der Auftrag wieder aktiv.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff
vielen Dank für Ihre Bearbeitung, jedoch bin ich mit der Antwort nicht ganz einverstanden. Sie schreiben dass ich Differenzbesteuerung anwenden kann auch wenn ich ein komplettes Motorrad einkaufe und die ausgebauten Einzelteile einen geschätzten Wert von 500Euro unterschreiten, bei überschreiten könnte ich die Einzeldifferenz anwenden. (Einzel oder Gesamt kann man nicht mischen, nur jährlich ändern etweder das eine oder das andere anwenden)
Also das was ich bisher recherchiert habe entspricht nicht dem was Sie anraten. Differenzbesteuerung würde nur bei Konvoluten deren Einzelpositionen unter 500Euro und die namentlich gleich auf dem Einkaufsbeleg genau so wieder verkauft werden. Fahrzeuge die zerlegt werden sind explizit von der Differenzbesteuerung ausgeschlossen. Daher meine Frage, kann ich die ausgebauten Einzelteile laut Rechnung trotzdem ohne ausgewiesene MwSt nach Differenzbesteuerung verkaufen, die Einkaufspreis der Motorräder zur Differenzbildung aber nicht heranziehen, da diese eigentlich immer über 500Euro liegen.
mit freundlichen Grüssen
M. H.
im BFH-Urteil v. 23.02.2017 V R 37/15 wird dies jedoch anders gesehen.
Die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG ist auch beim sog. Ausschlachten von Kfz zulässig, bei dem der Unternehmer alte Kfz von Privatpersonen kauft und die noch verwertbaren Einzelteile einzelnverkauft. Der Unternehmer muss daher nur die Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem anteiligen Einkaufspreis versteuern.
Der BFH stützt sich auf ein aktuelles Urteil des EuGH, der Einzelteile als gebrauchte „Gegenstände“ im Sinne von § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG ansieht.
In Abschnitt 25a.1 Abs. 12 UStAE heisst es:
"Wendet der Wiederverkäufer für eine Mehrheit von Gegenständen oder für Sachgesamtheiten einen Gesamteinkaufspreis auf ... und werden die Gegenstände üblicherweise später einzeln verkauft, kann wie folgt verfahren werden:
Beträgt der Gesamteinkaufspreis bis zu 500 €, kann aus Vereinfachungsgründen von der Ermittlung der auf die einzelnen Gegenstände entfallenden Einkaufspreise abgesehen werden.
1Übersteigt der Gesamteinkaufspreis den Betrag von 500 €, ist der auf die einzelnen Gegenstände entfallende Einkaufspreis grundsätzlich im Wege sachgerechter Schätzung zu ermitteln. 2Die Schätzung kann auf wertbestimmende Einzelgegenstände solange beschränkt werden, bis der Gesamtbetrag für die restlichen Gegenstände 500 € oder weniger beträgt. "
Ich möchte auch auf das Beispiel 2 dort verweisen:
"Beispiel 2:
1Der Münzhändler M erwirbt eine Münzsammlung für 5 000 €. 2Darin enthalten sind zwei besonders wertvolle Stücke, mit einem geschätzten anteiligen Einkaufspreis von 600 € bzw. 900 €. 3Die Einzelwerte der übrigen Münzen liegen unter 500 €.
4M muss beim Weiterverkauf die Bemessungsgrundlage der beiden besonders wertvollen Münzen nach der Einzeldifferenz ermitteln. 5Für die übrigen Stücke kann M die Gesamtdifferenzmethode anwenden. 6Dabei kann die Summe der Einkaufspreise mit 3 500 € angesetzt werden, ohne dass es einer Ermittlung des auf die einzelne Münze entfallenden Einkaufspreises bedarf."
Dies zeigt,die Finanzverwaltung lässt beide Methoden nebeneinander zu. Dies wird auch in § 25a Abs. 8 UStG klargestellt:
"(8) 1Der Wiederverkäufer kann bei jeder Lieferung auf die Differenzbesteuerung verzichten, soweit er Absatz 4 nicht anwendet.".
In Absatz 4 wird die Besteuerung nach der Gesamtdifferenz zur Wahl gestellt. Das Wort soweit bedeutet, dass dies für bestimmte Gegenstände nach der Einzeldifferenz und für andere Gegenstände nach der Einzeldifferenz erfolgen kann.
Der BFH hat in seinem Urteil auch folgendes Resümee gezogen:
"Daher ist im zweiten Rechtsgang zunächst zu prüfen, ob der Kläger Aufzeichnungen vorlegen kann, aus denen sich nicht nur die Verkaufs-, sondern auch die Einkaufspreise der von ihm gelieferten Einzelteile ergeben. Anhand dieser Aufzeichnungen ist weiterhin zu entscheiden, welche Lieferungen nach der Differenz im Einzelfall (§ 25a Abs. 3 UStG) zu besteuern sind und welche Lieferungen der Kläger der Besteuerung nach der Gesamtdifferenz (§ 25a Abs. 4 UStG) unterwerfen kann. Soweit der Kläger die Besteuerung nach der Gesamtdifferenz anwenden kann, ist die Gesamtdifferenz sodann bezogen auf einzelne Besteuerungszeiträume und die in diesen Besteuerungszeiträumen verkauften Einzelteile zu ermitteln,"
Die von Ihnen gewählte Methode führt zu einer zu hohen Umsatzsteuer, da Sie zum einen die Summe der Verkaufserlöse aller Einzelteile berücksichtigen und zum anderen die Einkaufspreise der Motorräder nicht abziehen. Folglich würde eine überhöhte Handelsspanne ermittelt werden und damit verbunden eine zu hohe Umsatzsteuer.
Die Finanzverwaltung würde dagegen voraussichtlich keine Einwände haben. Wirtschaftlich gesehen macht es nur keinen Sinn so vorzugehen, wenn Sie wie oben beschrieben eine geringere Steuerbelastung erreichen können.
Ich hoffe, die weiteren Ausführungen und Fundstellen helfen Ihnen weiter.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff
perfekt damit ich was anfangen, vielen Dank
mit freundlichen Grüssen
M. H.