Testament - Anspruch auf Pflichtteil
Beantwortet
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Lang,
meine Großmutter ist Anfang März diesen Jahres verstorben.
Es liegt ein Testament vor, dass ihre beiden Töchter (meine Mutter und meine Tante) je zur Hälfte ihr Haus erben. Ein zweites handschriftliches Testament besagt, dass ich alle Ersparnisse abzügl. der Kosten erhalte.
Das Haus möchte ich den beiden abkaufen und sanieren (Baujahr 1912). Wir haben uns hier auf einen Betrag von 200.000 € geeinigt, also 100.000 € für jede Partei. Der Betrag des Ersparten beträgt 50.000 €.
Haben meine Mutter und meine Tante zusätzlich einen Anspruch an einem Pflichtteil an den Ersparnissen?
Vielen Dank im Voraus!
Freundliche Grüße,
N. V.
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Antwort des Experten
Sehr geehrte Ratsuchende,
gern beantworte ich Ihre Frage, ob Ihre Tante oder Ihre Mutter einen zusätzlichen Anspruch auf einen Pflichtteil an den Ersparnissen Ihrer Großmutter haben, wie folgt:
Ihre Tante und Ihre Mutter können keinen Pflichtteil herleiten, der aus den Ersparnissen Ihrer Großmutter zu begleichen wäre. Ein Pflichtteilsanspruch ist an Voraussetzungen geknüpft, die auf Ihre Mutter und Ihre Tante nicht zutreffen.
Nach § 2303 BGB kann ein Abkömmling eines Erblassers einen Pflichtteil verlangen, wenn er durch Verfügung von Todes wegen, etwa per Testament, von der Erbfolge ausgeschlossen wurde. Diese Voraussetzung ist in Ihrer Familie nicht erfüllt, da Ihre Mutter und Ihre Tante in dem notariellen Testament Ihrer Großmutter als Erben eingesetzt wurden.
Nach § 2305 BGB besteht ein sogenannter Pflichtteilsrestanspruch für eine Erbin, der zwar ein Erbteil hinterlassen wurde, allerdings in geringerer Höhe als der Pflichtteil. Die Höhe des Pflichtteils besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§2303 Abs1 S.2 BGB). Unter der Annahme, dass Ihr Großvater (Ehemann Ihrer Großmutter) bereits verstorben ist, wäre der gesetzliche Erbteil Ihrer Mutter und Ihrer Tante jeweils die Hälfte des gesamten Nachlasses Ihrer Großmutter gewesen (§ 1924 Abs.1 und 4 BGB). Der Pflichtteil läge bei 1/4 des Nachlasses.
Die Erbeinsetzung Ihrer Mutter und Tante erfolgte in dem notariellen Testament zunächst jeweils zur Hälfte, also in Höhe des gesetzlichen Erbteils. Durch das handschriftliche Testament könnte die Erbquote zwar später tiefer angesetzt worden sein, nämlich auf 2/5 (250.000€ Nachlasswert entsprechend des Verkehrswertes verteilt). Allerdings wäre dieser Erbanteil immer noch größer als der Pflichtteil.
Zur Verdeutlichung einmal mit Zahlen unterlegt: Unterstellt man einen Nachlasswert von 250.000€ (Marktwert des Hauses gemäß Ihrer Verkaufsvereinbarung zzgl. Wert des Ersparten), so läge der gesetzliche Erbteil für Ihre Tante und Mutter jeweils bei einem Gegenwert von 125.000€. Der Pflichtteil läge je bei einem Gegenwert von 62.500€. Da der Anteilswert am Haus für Ihre Mutter und Tante mit je 100.000€ auch noch nach Abzug des Ersparten (25.000€ anteilig) darüber liegt, haben beide mehr erhalten als den Pflichtteil. Die Voraussetzung für einen Pflichtteilsrestanspruch ist somit nicht gegeben.
Nach § 2306 BGB kann ein Pflichtteil geltend gemacht werden, wenn der Pflichtteilsberechtigte mit einem Vermächtnis beschwert ist. Man könnte überlegen, ob das handschriftliche Testament zu Ihren Gunsten von Ihrer Großmutter als Vermächtnis gedacht war. Im Endeffekt kann die Frage aber dahin gestellt bleiben, weil Ihre Tante und/oder Ihre Mutter ihren Erbteil ausschlagen müssten, um einen Pflichtteil nach dieser Vorschrift geltend machen zu können (§ 2306 Abs. 1BGB). Da sie sich jedoch mit Ihnen schon über den Hausverkauf verständigt haben, haben sie sich wohl dafür entschieden, die Erbschaft anzunehmen. Insofern ist auch diese Voraussetzung nicht erfüllt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Informationen liefern, die Sie erwartet haben. Ansonsten können Sie gern eine Rückfrage stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Lang
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vielen herzlichen Dank für die ausführliche Antwort!
Damit sollten alle Fragen geklärt sein.
Freundliche Grüße,
N. V.
gern. Danke für die Rückmeldung.
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Lang