Steuerliche Behandlung mehrerer Einzelunternehmen + EU-Steuernummern
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Christiansen,
ich übe meine selbständige Arbeit als Angehöriger der freien Berufe als IT-Consultant seit etwa drei Jahren erfolgreich aus und bin in Deutschland steuerbar. Darüber hinaus bin ich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Buchhaltung für meine selbständige Arbeit übernehme ich selbst.
Das Finanzamt hat mir eine Steuernummer zugeteilt, die ich für Einkommensteuer, Umsatzsteuer, und die Gewinnermittlung nach §4 Abs. 3 EStG im Rahmen meiner freiberuflichen Tätigkeit als IT-Consultant verwenden soll. Weiterhin habe ich vom Bundeszentralamt eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhalten.
Neben meiner freiberuflichen Tätigkeit als IT-Consultant will ich gerne im Gewerbebetrieb angehende Unternehmer bei Ihrer Existenzgründung unterstützen. Hierzu werde ich primär audiovisuelle Inhalte (Lernvideos, hypnotische Audioproduktionen, Podcast) erstellen und über das Internet entgeltlich vertreiben. Die Einnahmen werden aus dem Verkauf der audiovisuellen Inhalte im Internet (z.B. Digistore24, Udemy) und der Beteiligung an Werbeeinnahmen (z.B. YouTube Partnerschaft) generiert.
Zum heutigen Tag (01.03.2021) habe ich für die im letzten Absatz beschriebenen Unternehmungen ein Gewerbe in der Rechtsform eines Einzelunternehmens über die Onlineplattform des für mich zuständigen Amtes angemeldet. Im vergangenen Monat (Februar 2021) hatte ich bereits einige Ausgaben, wie den Kauf von Standleuchten (Softboxen) für eine bessere Beleuchtung der Kulisse bei der Videoproduktion und die Kosten für die Anmeldung des Gewerbes selbst.
Die Arbeit als IT-Consultant verrichtete ich entweder aus meinem Home-Office (seperater Raum in der Wohnung mit Bürocharakter) oder vor Ort beim Kunden. Die Arbeit für das Medien-Gewerbe werde ich vorläufig ausschließlich aus dem Home-Office verrichten. Es gibt nur die Wohnung aus der ich arbeite, eine weitere Betriebsstätte gibt es nicht.
Folgende Umsätze plane ich für das aktuelle Kalenderjahr:
IT-Consultant: 120k€
Medien-Gewerbe: 10k€
Den Gewinn ermittle ich für meine selbständige freiberufliche Tätigkeit mit einer Einnahmeüberschussrechnung (EÜR). Gleiches habe ich auch für das Medien-Gewerbe mit einer seperaten EÜR vor, solange der Umsatz <600k€ und Gewinn <60k€ pro Wirtschaftsjahr ist.
1. Mir ist unklar, ob ich als natürliche Person nun das Unternehmen bin und Einkünfte aus selbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb erwirtschafte, oder ob ich zwei Unternehmen habe, von denen ich der Inhaber bin (klingt absurd: Inhaber von mir selbst). Mir ist auch unklar, ob ich im Rahmen meiner beiden Einzelunternehmungen einen oder zwei Betriebe habe. Ich bitte Sie darum bei mir Klarheit zu schaffen.
2. Mir ist unklar inwieweit ich die bestehende Steuernummer (siehe zweiter Absatz) für mein Medien-Gewerbe wiederverwenden kann, denn diese gilt u.a. bereits für Einkommensteuer und Umsatzsteuer. Mir ist klar, dass ich noch eine Zuweisung von meinem Finanzamt für Gewerbesteuer zu einer Steuernummer benötige. Hier bitte ich Sie auch um die Schaffung von Klarheit.
Im Fall ich eine weitere Steuernummer für mein Medien-Gewerbe erhalte (bzw. bei ELSTER beantragen muss), gilt diese dann nur für die Gewerbesteuer und die Gewinnermittlung aus dem Medien-Gewerbe, oder dann auch für die Umsatzsteuer?
Ich gehe trotz zweier Einkunftsarten (selbständiger Arbeite, Gewerbebetrieb) davon aus, dass ich als natürliche Person nur eine Einkommensteuererklärung pro Wirtschaftsjahr anfertige und die Anlagen S (selbständige Arbeit) und G (Gewerbebetrieb) beifüge.
Weiterhin gehe ich davon aus, dass ich für beide Einkunftsarten je eine Einnahmeüberschussrechnung für die Gewinnermittlung anfertigen werde.
Unklar ist mir, ob ich je Einkommensart eine Umsatzsteuererklärung anfertigen muss. Ich bitte Sie mich aufzuklären.
3. Bei der Einkommensteuererklärung sehe ich in Zeile 4 "Ausgeübter Beruf". Bisher habe ich in diese Zeile "IT-Consultant" vermerkt, doch was trage ich nun ein, wo auch das Medien-Gewerbe hinzukommen ist (Idee: beides Kommasepariert)?
4. Verstehe ich richtig, dass ich für mein neues Medien-Gewerbe in der Rechtsform eines Einzelunternehmens keine Kleinunternehmerregelung anwenden kann, da ich auch die Umsätze aus der selbständigen freiberuflichen Arbeit als IT-Consultant berücksichtigen muss (Gesamtumsatz für beide Einnahmearten zusammen >50.000€ im laufenden Jahr)?
5. Kann ich den Vorsteuerabzug für die Standleuchten (Softbosen), die ich für mein Gewerbe erworben habe, über die mir bekannte Steuernummer für Umsatzsteuer im Kontext meiner freiberuflichen Tätigkeit als IT-Consultant geltend machen oder muss ich auf eine weitere Steuernummer für mein Medien-Gewerbe warten?
6. Immer wieder sehe ich auf Rechnungen ausländischer Unternehmen (meist aus USA oder China) eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die mit „EU“ beginnt (z.B. EU826014825 von der Firma Shenzhen Edraw Software aus China). Sowohl die Europäische Kommission (https://ec.europa.eu/taxation_customs/vies) als auch das Bundeszentralamt für Steuern (https://evatr.bff-online.de/eVatR) bieten Validatoren für Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Leider werden EU-Steuernummern auf diesen Seiten nicht akzeptiert. Gibt es solche EU-Steuernummern überhaupt und wenn ja, kann ich einen Vorsteuerabzug geltend machen?
Viele Grüße
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Steuerberater Knut Christiansen
Guten Tag und vielen Dank für die Beauftragung!
Ihre Fragen möchte ich gerne im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten:
1) Sie haben als natürliche Person ein Unternehmen mit zwei verschiedenen Betrieben (eine freiberufliche Tätigkeit und einen Gewerbebetrieb). Sie sind also der Unternehmer und Ihnen sind zwei Einzelunternehmen zuzuordnen.
2) Sie werden für den Gewerbebetrieb aufgrund der steuerlichen Anmeldung auf jeden Fall noch eine weitere Steuernummer für die Gewerbesteuererklärung als auch für die Anlage EÜR für den Gewerbebetrieb erhalten. Denn die Anlage EÜR ist jeweils unter einer eigenen Steuernummer abzugeben. Es kann theoretisch sein, dass sich auch die Steuernummer für Einkommensteuer und Umsatzsteuer ändert. Das muss aber nicht zwingend der Fall sein, weil es von Ihrem zuständigen Finanzamt abhängt.
Die USt-ID-Nummer werden Sie aber behalten. Umsatzsteuerlich sind Sie ein Unternehmer. Das heißt, dass alle Ihre Betriebe zusammengefasst werden. Die erteilte Umsatzsteuernummer gilt dann für sämtliche Umsätze, die Sie als Unternehmer erzielen (also freiberuflich UND Gewerbe).Sie geben daher nur eine Umsatzsteuererklärung (auch Voranmeldungen) ab, in der alle Ihre Umsätze als auch Vorsteuerbeträge konsolidiert einzutragen sind.
3) Es wäre ausreichend, wenn Sie hier weiterhin nur "IT-Cosultant" eintragen.
4) Das ist korrekt. Wie schon erwähnt, sind Sie umsatzsteuerlich ein Unternehmer, so dass hier alle Umsätze zusammen betrachtet werden müssen. Überschreiten Sie mit beiden Betrieben die Umsatzgrenzen des § 19 UStG, so können Sie die Kleinunternehmerregelung (auch nicht nur für einen Betrieb) beanspruchen.
5) Die Vorsteuer melden Sie wie unter 3) erwähnt in der gemeinsamen Umsatzsteuervoranmeldung unter der bisherigen Steuernummer an. Empfehlenswert wäre, wenn Sie eine Software benutzen, die zwei Buchhaltungen führen kann und bei der man dann die Beträge aus beiden Beträgen über eine Konsolidierung zusammenführen kann.
6) Diese EU-Nummern werden an Unternehmen vergeben, die nicht in der EU ansässig sind und elektronische Dienstleistungen an Nichtunternehmen erbringen. Diese müssen die USt in der EU selbst abführen. Ein Vorsteuerabzug ist hier nicht möglich, weil die Rechnung in dem Sinne dann "falsch" ist, da Sie ja Unternehmer sind. Die Rechnung müsste dann ohne Umsatzsteuer an Sie ausgestellt werden mit dem Verweis auf Reverse Charge. In dem Fall müssten Sie USt anmelden und hätten in gleicher Höhe einen Vorsteuerabzug. Es wäre daher grundsätzlch sinnvoll, wenn Sie diesen Unternehmen mitteilen, dass Sie selbst Unternehmer sind.
Ich hoffe Ihre Frage damit beantwortet zu haben, sonst stellen Sie gerne kostenfreie Rückfragen ein.
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass dieses Forum eine ausführliche und persönliche steuerliche Beratung nicht ersetzen kann, sondern vor allem dafür gedacht ist, eine erste steuerliche Einschätzung zu ermöglichen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen könnte die rechtliche Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Christiansen
Steuerberater
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haben Sie vielen Dank für Ihre aufschlussreiche Erklärung.
Eine Rückfrage habe ich noch:
Neben einem privaten Bankkonto habe ich inzwischen je ein weiteres geschäftliches Bankkonto für die freiberufliche Tätigkeit als IT-Consultant als auch das Medien-Gewerbe.
Ich kontiere nach SKR03.
Wenn die an das Finanzamt für beide Betriebe kumulierten abzuführenden Beiträge für Umsatzsteuer oder die zu erstatteten Beiträge aus Vorsteuer von einem geschäftlichen Bankkonto ab-/zufließen, liegt auf dem jeweils anderen geschäftlichen Bankkonten ein Überschuss/Defizit vor. Ich muss den Differenzbetrag monatlich manuell zwischen beiden geschäftlichen Bankkonten überweisen, um einen Ausgleich zu schaffen damit die Buchhaltung wieder stimmt.
Können Sie mir bitte einen Buchungsvorschlag für die Verrechnung der Umsatzsteuer/Vorsteuer zwischen beiden Bankkonten mit SKR03 machen (Annahme: Bank 1 = Konto 1200, Bank 2 = Konto 1210)?
Vielen Dank & Grüße
Bei der Abbuchung der gesamten Umsatzsteuer von Konto 1 buchen Sie wie folgt:
Buchungen Betrieb 1:
Anteil Umsatzsteuer für Betrieb 1:
1780 an 1200
Anteil Umsatzsteuer für Betrieb 2:
1792 an 1200
Umbuchung Umsatzsteuer Betrieb 2 (Überweisung von Betrieb 2 an Betrieb 1):
1200 an 1792
Buchung in Betrieb 2:
1780 an 1210
Ich hoffe, das war verständlich. Sonst melden Sie sich gerne noch einmal.
Viele Grüße!
inzwischen hat die Firma Wondershare/Edraw mit Sitz in China eine korrigierte Rechnung für eine Software-Lizenz an mein deutsches Unternehmen ausgestellt, dieses Mal rein netto ohne Umsatzsteuer. Die bereits bezahlte Umsatzsteuer hat man mir auf mein PayPal Konto zurückerstattet. Es ist eine EU-Steuernummer vom chinesischen Unternehmen auf der Rechnung vermerkt, der Hinweis auf Reverse Charge fehlt jedoch auf der Rechnung, wurde jedoch in der Korrespondenz per Email erwähnt.
Auf welches SKR03 Konto buche ich den Rechnungsbetrag?
Das Konto 3123 - "Sonstige Leistungen eines im anderen EU-Land ansässigen Unternehmers 19 % Vorsteuer und 19 % Umsatzsteuer" scheint mir hier wenig passend, da das leistende Unternehmen aus China und nicht der EU kommt. Soll die Rechnung trotzdem auf das angegebene Konto gebucht werden, oder besser ein anderes Konto verwenden?
Passen diese SKR03 Konten für die Rechnung aus China hinsichtlich Umsatz-/ und Vorsteuer?
1787 Umsatzsteuer §13b UStG 19%
1577 Abziehbare Vorsteuer §13b UStG 19%
Vielen Dank und Grüße!
verwenden Sie bitte das Konto 3125 = Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers 19 % Vorsteuer und 19 % Umsatzsteuer
Das ist normal ein Automatikkonto, so dass Vorsteuer und Umsatzsteuer nach Paragraph 13b automatisch bebucht werden (auf die von Ihnen genannten Konten).
Viele Grüße!