Steuer D und CH bei Übersiedlung in die Schweiz
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Balluff,
Aufgrund Ihrer sehr interessanten und fundierten Ausführungen zu einem ähnlichen Fall auf diesem Portal möchte ich mich mit meinen Fragen an Sie wenden.
Seit einiger Zeit beschäftigt meine Frau und mich der Gedanke in die Schweiz zu ziehen, auch weil meine Frau dort Verwandte (Tante, Onkel, Cousinen) hat.
Meine Internetrecherchen zum Thema Steuer haben leider mehr Unklarheiten als Klarheiten zutage gefördert.
Insbesondere beschäftigt mich die Frage, ob in meinem Fall eine „erweiterte beschränkte Steuerpflicht“ / „überdachende Besteuerung“ vorliegt oder kurz gesagt generell deutsche Steuern anfallen, obwohl die Schweiz der neue Lebensmittelpunkt ist.
Ausgangslage:
Ehepaar, beide Ende 50
Deutsche Staatsbürger, Wohnsitz stets in Deutschland
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung - keine anderen Einkunftsquellen, insbesondere kein Gewerbebetrieb
Einnahmen aus V&V nach AfA circa 30.000 Euro p.a., sowie schwankende Einkünfte in ähnlicher Größenordnung aus Kapitalvermögen über Abgeltungssteuer veranlagt
In Deutschland selbst genutzte Eigentumswohnung. Bei Auswanderung erfolgt Verkauf und mittelfristig Kauf einer Eigentumswohnung in der Schweiz.
In München vier vermietete Wohnungen, gekauft vor etwa 15 Jahren. Diese sollen gehalten und weiterhin vermietet werden – eine Schenkung oder Verkauf von 1-2 Objekten an unsere Kinder wäre denkbar.
Bei einer Übersiedlung wären die genannten Einkünfte in der Schweiz - falls kein Übertrag an die Kinder erfolgt - identisch. Eine Erwerbstätigkeit ist nicht geplant.
Meine Fragen…
Greift beim dargestellten Profil die „erweiterte beschränkte Steuerpflicht“, die „überdachende Besteuerung“ oder sonstige Regelungen, die bei mir zusätzliche oder höhere Steuern in Deutschland generieren würden ?
Nach meiner Kenntnis werden im „Normalfall“ lediglich die Einkünfte aus V&V weiterhin in Deutschland veranlagt, wobei aber der Grundfreibetrag wegfällt - was noch akzeptabel wäre.
Wie hoch wäre in etwa die deutsche EkSt auf die V&V, falls der „Normalfall“ greift ?
Falls mein Profil eine zusätzliche / höhere Steuerbelastung in Deutschland auslöst, wie hoch wäre die Steuer bei der genannten Größenordnung von jährlich 30 TEU aus V&V (nach AfA) aus den deutschen Objekten und 30 TEU Kapitalerträge eines Depots in der Schweiz oder einem Drittland ?
Wie lange würde diese zusätzliche / höhere Besteuerung in Deutschland andauern.
Würde eine Übertragung von 1-2 der gesamt 4 Immobilien in Deutschland auf meine Kinder etwas an einer eventuellen zusätzlichen / höheren Besteuerung in Deutschland ändern ?
Soweit ich recherchiert habe, ist es nicht angezeigt Wertpapierdepots in Deutschland zu belassen. Sollte das auf meinen Fall zutreffen, müssen die Depots in der Schweiz geführt werden oder können sie aus wirtschaftlichen Gründen (deutlich geringere Gebühren) - in ein Drittland verlagert werden ?
Wird der deutsche Fiskus, wenn uns die Schweiz als neuer Lebensmittelpunkt, wider Erwarten doch nicht zusagt und wir nach einigen Jahren wieder nach Deutschland zurückkehren für diesen Zeitraum nachträglich besteuern (insbesondere die Kapitalerträge von 30 TEU p.a.) und falls ja gibt es eine Frist nach der diese Besteuerung nicht mehr erfolgt ?
Zuletzt würde mich noch interessieren, wie intensiv das Finanzamt „kleinere Fälle“, zu denen ich mich zähle durchleuchtet. Hierbei geht es nicht um die Befürchtung, dass irgendwelche Unregelmäßigkeiten aufgedeckt werden - die gibt es in meinem Falle nicht - sondern vielmehr um die Frage, in welchem Ausmaß meine Situation vom Finanzamt durchleuchtet wird und wie groß der damit verbundene Papierkrieg und die Belästigung ist.
Vielen Dank und freundliche Grüße
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Björn Balluff
Sehr geehrter Ratsuchender,
nach den Regelungen in § 2 AStG haben Sie wesentliche wirtschaftliche Interessen, die zu Schwierigkeiten führen könnten, wenn die inländischen Einkünfte entweder mehr als 30 % der gesamten Einkünfte oder mehr als 62.000 € betragen. Alternativ wird auf 30 % des Gesamtvermögens im Verhältnis zu den inländischen Ertragsquellen abgestellt.
Diese Voraussetzung scheinen erfüllt zu sein. Die entsprechenden Werte kann ich aufgrund der Angaben im Sachverhalt nicht genau berechnen. Tendenziell haben Sie jedoch eher wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland.
Der Steuersatz, der für die Prüfung, ob die Schweiz ein Niedrigsteuerland ist, herabgezogen wird, liegt derzeit bei 30 %. Liegt der Steuersatz unter 20 % würde dies zutreffen. Und es würde die erweiterte beschränkte Steuerpflicht gelten. Dies müsste folglich gesondert geprüft werden, weil die Steuersätze auf Kantonsebene stark voneinander abweichen.
Die Einkommensteuer würde im Normalfall bei ca. 8.200 € (Vermietung) liegen. Im Falle einer erweiterten beschränkten Steuerpflicht würde dies für zehn Jahre gelten. Für Vermietungseinkünfte aus deutschen Objekten und Kapitalerträgen aus Ihrem Depot bezüglich Aktien von deutschen Gesellschaften würde eine Besteuerung einsetzen. Jedoch würde dies anhand dieser Konstellation weitesgehend nicht zu einer höheren Steuerbelastung gegenüber der normalen beschränkten Steuerpflicht führen. Lediglich für Veräußerungsgewinne gilt etwas anderes. Dort würde unter normalen Umständen Deutschand nicht besteuern. Bei der erweiterten Steuerpflicht sehr wohl.
Bei Übertragung von Immobilien an Ihre Kinder würden die Vermietungseinkünfte dort anfallen und der Grundfreibetrag berücksichtigt werden. Sie hätten für diese Ojekte keine Steuerbelastung. Außer es fallen beim Verkauf Steuern an (Haltedauer > 10 Jahre). Die Depots können auch in ein Drittland verlagert werden. Wie die Schweiz damit umgeht, müssten Sie jedoch einen Steuerberater in der Schweiz fragen. Normalerweise wird die Schweiz die Erträge aus dem Depot besteuern und ggf. die ausländischen Quellensteuern anrechnen.
Eine Nachversteuerung ist bei einem Rückzug nicht vorgesehen. Jedoch werden die Kapitalerträge im Falle der erweiterten beschränkten Steuerpflicht bezüglich der deutschen Unternehmen erfasst (Abgeltungssteuersatz)
Das Finanzamt wird anhand der bisherigen Einkünftesituation prüfen, ob Einkunftsquellen in Betracht kommen. Für diese, d.h. die Immobilien und die Kapitalerträge wird man umfassende Nachweise einfordern.Insbesondere, wenn aufgrund der letzten Steuererklärung es naheliegt, dass die Grenzwerte (siehe oben) überschritten werden. Von Bedeutung ist dabei natürlich auch in welchen Kanton Sie umziehen. Danach hängt es maßgeblich ab, ob das Finanzamt hier weitere Anfragen stellt.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen weiterhelfen konnte. Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne per Kommentarfunktion zur Verfügung. Über eine positive Bewertung würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff
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die Bewertung habe ich bereits verfasst - jetzt habe ich aber doch noch eine Nachfrage bezüglich der Versteuerung von Kapitalerträgen und Kursgewinnen. Sie schreiben…
… und Kapitalerträgen aus Ihrem Depot bezüglich Aktien von deutschen Gesellschaften würde eine Besteuerung einsetzen. Jedoch würde dies anhand dieser Konstellation weitestgehend nicht zu einer höheren Steuerbelastung gegenüber der normalen beschränkten Steuerpflicht führen. Lediglich für Veräußerungsgewinne gilt etwas anderes. Dort würde unter normalen Umständen Deutschland nicht besteuern. Bei der erweiterten Steuerpflicht sehr wohl.
Frage – Ich habe in meinem Depot primär Fonds und ETFs auf Aktien weltweit. Ist ihre Aussage so zu verstehen, dass die Kursgewinne auch für diese Fonds / ETF in Deutschland besteuert würden oder gilt die Besteuerung der Veräußerungsgewinne nur für die eingangs genannten deutschen Aktien ?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Balluf,
die Bewertung habe ich bereits verfasst - jetzt habe ich aber doch noch eine Nachfrage bezüglich der Versteuerung von Kapitalerträgen und Kursgewinnen. Sie schreiben…
… und Kapitalerträgen aus Ihrem Depot bezüglich Aktien von deutschen Gesellschaften würde eine Besteuerung einsetzen. Jedoch würde dies anhand dieser Konstellation weitestgehend nicht zu einer höheren Steuerbelastung gegenüber der normalen beschränkten Steuerpflicht führen. Lediglich für Veräußerungsgewinne gilt etwas anderes. Dort würde unter normalen Umständen Deutschland nicht besteuern. Bei der erweiterten Steuerpflicht sehr wohl.
Frage – Ich habe in meinem Depot primär Fonds und ETFs auf Aktien weltweit. Ist ihre Aussage so zu verstehen, dass die Kursgewinne auch für diese Fonds / ETF in Deutschland besteuert würden oder gilt die Besteuerung der Veräußerungsgewinne nur für die eingangs genannten deutschen Aktien ?
Mit freundlichen Grüßen
entschuldigen Sie bitte die sehr späte Rückmeldung.
Bei Fonds und ETFs ist es maßgeblich, wo der Sitz der Schuldner der Kapitalerträge ist. Dabei handelt es sich um die Fondsgesellschaft. Im Jahres- oder Zwischenabschluss des Fonds/ETF sollte dies festgestellt werden können.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff