Spekulationssteuer Immobilienveräuserung
Fragestellung
Guten Tag,
Fall:
Ich möchte meine Immobilie verkaufen. Diese habe ich 05.2013 gekauft und meine Tochter und ihr Sohn haben in 2 der 4 Wohnungen gewohnt, hierfür habe ich keine Geld - oder sonstigen Leistungen erhalten. Die anderen 2 Wohnungen habe ich vermietet, jährlich selbstverständlich auch versteuert.
Da ich jetzt, privat verkaufen möchte ich bin nicht gewerblich und habe in den letzten Jahren auch nichts weiteres gekauft oder verkauft. Möchte ich wissen.
1. Zahle ich Spekulationssteuer auf die ganze Immobilie? Oder nur auf den vermieten Teil? Zählt die Eigennutzung für meine Tochter und ihren Sohn?
Bitte um schriftliche Antwort.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Steuerberater, vBP Ingo Kneisel
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
im Rahmen einer Erstberatung, Ihres Einsatzes und den von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben, möchte ich Ihre Fragen gerne im Nachstehenden wie folgt beantworten:
Allgemeines:
Ein vermietetes Haus, was Sie innerhalb der 10-Jahresfrist zwischen Ankauf und Verkauf veräußern, unterliegt zwingend seit 1999 gemäß § 23 Einkommensteuergesetz der Steuer im Rahmen der privaten Veräußerungsgeschäfte (Spekulationsgewinn).
Sie wollen im Jahr 2018 Ihre Immobilie verkaufen, welche Sie im Jahr 2013 erworben haben. Es handelt sich um ein MFH, Ihre Tochter und Ihr Enkel wohnen kostenlos in 2 der 4 Wohnungen.
Auszug aus dem Einkommensteuergesetz (EStG)
§ 23 Private Veräußerungsgeschäfte
(1) 1Private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nummer 2) sind
1. Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. 2Gebäude und Außenanlagen sind einzubeziehen, soweit sie innerhalb dieses Zeitraums errichtet, ausgebaut oder erweitert werden; dies gilt entsprechend für Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sowie für Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume. 3Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden;
……………………
Ende Zitat.
Jetzt zur „Gretchenfrage“. Fallen Sie mit der kostenlosen Überlassung der Wohnungen an Kind und Kindeskind unter den § 23 (1) Nr.1 Satz 3 ????
Dazu hat sich der Bundesminister für Finanzen (BMF) im Schreiben vom 05.10.2000, Tz. 22 (BStBl. 2000 I 1383) ausführlich ausgelassen.
Zweifelsfragen zur Neuregelung der Besteuerung privater Grundstücksveräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG
BMF vom 5.10.2000 (BStBl I 2000 S. 1383) IV C 3 – S 2256 – 263/00 unter Berücksichtigung der Änderungen durch BMF vom 7.2.2007 (BStBl I S. 262)
Hier wird zu Ihrer Fragestellung Stellung genommen, wobei aber eigentlich erst die TZ. 5.2 ff für Ihre Frage interessant sein dürften:
5. Zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wirtschaftsgüter (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG)
5.1 Begünstigte Wirtschaftsgüter
16-20…..
5.2 Wohnzwecke
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Ein Wirtschaftsgut dient Wohnzwecken, wenn es dazu bestimmt und geeignet ist, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen. Wirtschaftsgüter, die zur vorübergehenden Beherbergung von Personen bestimmt sind (z. B. Ferienwohnungen), dienen nicht Wohnzwecken (vgl. R 42a Abs. 1 Satz 3 EStR 1999i). Auch ein häusliches Arbeitszimmer (BMF Schreiben vom 16.6.1998 – BStBl I S. 863i, Rz. 7) dient nicht Wohnzwecken, selbst wenn der Abzug der Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5 EStG ausgeschlossen oder eingeschränkt ist.
5.3 Nutzung zu eigenen Wohnzwecken
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Der Steuerpflichtige muss das Wirtschaftsgut zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn er das Wirtschaftsgut allein, mit seinen Familienangehörigen oder gemeinsam mit einem Dritten bewohnt hat. Unschädlich ist, wenn der Steuerpflichtige Teile des Wirtschaftsguts einem Dritten unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen hat. Die dem Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken verbleibenden Räume müssen jedoch noch den Wohnungsbegriff erfüllen und ihm die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglichen. Ein Wirtschaftsgut wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es vom Steuerpflichtigen nur zeitweise bewohnt wird, in der übrigen Zeit ihm jedoch als Wohnung zur Verfügung steht (z. B. Wohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnung; auf die Belegenheit der Wohnung in einem Sondergebiet für Ferien oder Wochenendhäuser kommt es nicht an).
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Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt auch vor, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut einem Kind, für das er Anspruch auf Kindergeld oder einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG hat, unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen hat. Die unentgeltliche Überlassung eines Wirtschaftsguts an andere – auch unterhaltsberechtigte – Angehörige stellt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG dar. Die Altenteilerwohnung in der Land und Forstwirtschaft ist kein vom Eigentümer zu eigenen Wohnzwecken genutztes Wirtschaftsgut.
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Bewohnt ein Miteigentümer eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses eine Wohnung allein, liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor, soweit er die Wohnung auf Grund eigenen Rechts nutzt (vgl. R 164 Abs. 2 Satz 1 EStR 1999 und H 164 "Beispiele zur Überlassung an Miteigentümer" EStH 1999)i.
Es ist also hier entscheidend, ob Sie Kindergeld bezogen haben. Da das offensichtlich nicht der Fall ist, gilt der Befreiungstatbestand für Sie leider nicht. Wenn Sie in diesen Wohnungen auch nicht gemeinsam mit Ihren Kindern gewohnt haben, entfällt auch die Vergünstigung lt. BMF. Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Auskunft erteilen zu können.
Wie man den Veräußerungsgewinn ermittelt, wird hier erläutert:
6.4 Ermittlung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns bei teilweise zu eigenen Wohnzwecken, teilweise zu anderen Zwecken genutzten Gebäuden
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Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten und der Veräußerungspreis des gesamten Gebäudes sind auf den zu eigenen Wohnzwecken und auf den zu anderen Zwecken genutzten Gebäudeteil aufzuteilen. Für die Aufteilung ist das Verhältnis der Nutzfläche des zu anderen Zwecken genutzten Gebäudeteils zur Nutzfläche des gesamten Gebäudes maßgebend, es sei denn, die Aufteilung nach dem Verhältnis der Nutzflächen führt zu einem unangemessenen Ergebnis. Die Nutzfläche ist in sinngemäßer Anwendung der §§ 43 und 44 der Zweiten Berechnungsverordnung zu ermitteln. Für die Aufteilung der Anschaffungskosten und des Veräußerungspreises des Grund und Bodens, der zu dem zu anderen Zwecken genutzten Gebäudeteil gehört, ist das Verhältnis der Nutzfläche des zu anderen Zwecken genutzten Gebäudeteils zur Nutzfläche des gesamten Gebäudes maßgebend.
Beispiel:
A hat im Jahr 1993 ein unbebautes Grundstück für 220.000 DM angeschafft. Im Jahr 1996 stellt er darauf ein Zweifamilienhaus für 900.000 DM fertig. Eine Wohnung wird von ihm zu eigenen Wohnzwecken genutzt, die andere hat er vermietet. Beide Wohnungen haben eine Nutzfläche von jeweils 150 qm. Im Jahr 1999 veräußert A das Grundstück für 1,6 Mio. DM. Von dem Veräußerungspreis entfallen 1,2 Mio. DM auf das Gebäude und 400.000 DM auf den Grund und Boden.
Ermittlung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns:
Verhältnis der Nutzfläche des vermieteten Gebäudeteils zur Gesamtnutzfläche des Gebäudes 150 qm : 300 qm.
Gebäude:
Veräußerungspreis 1.200.000 DM
Herstellungskosten
900.000 DM
Veräußerungsgewinn 300.000 DM
davon entfallen auf den vermieten Gebäudeteil 50 v. H. = 150.000 DM
Grund und Boden:
Veräußerungspreis 400.000 DM
Anschaffungskosten
220.000 DM
Veräußerungsgewinn 180.000 DM
davon entfallen auf den vermieteten Gebäudeteil 50 v. H. =
90.000 DM
steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn
240.000 DM
A hat einen Veräußerungsgewinn von 240.000 DM zu versteuern. Der auf die eigengenutzte Wohnung einschließlich des dazu gehörenden Grund und Bodens entfallende Gewinn von 240.000 DM unterliegt nicht der Besteuerung.
Lassen Sie hier einfach die Aufteilung Selbstgenutzt/Fremdvermietet weg, dann wissen Sie, wie ein Veräußerungsgewinn zu ermitteln ist.
Exkurs: Vorsicht bei Eigentumswohnungen; Gewerblicher Grundstückshandel
Unterschied zwischen privatem Immobilienverkauf und gewerblichem Grundstückshandel
Ein wichtiges Kriterium für die Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel ist die sogenannte „3-Objekt-Grenze“. Demnach geht das Finanzamt davon aus, dass ein Eigentümer, der mehr als 3 Immobilien innerhalb von 5 Jahren erwirbt bzw. erstellt und veräußert, gewerblich handelt. Voraussetzung ist dabei, dass der Eigentümer mit den Transaktionen eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt (z.B. weil die Immobilien vor Verkauf modernisiert wurden). Keine Gewinnerzielungsabsicht wird unterstellt, wenn eine Immobilie länger als 5 Jahre selbst bewohnt war.
Das Finanzamt kann von der 3-Objekt-Regel abweichen, wenn bereits bei Kauf der Immobilie eine Veräußerungsabsicht vorlag. So musste ein Eigentümer in einem konkreten Fall den Gewinn aus 2 Transaktionen (Immobilienkauf und Immobilienverkauf innerhalb von 5 Jahren) als “Einkünfte aus Gewerbebetrieb” versteuern, weil er beim Kauf der beiden Immobilien bereits deren Verkauf geplant hatte (Az. 13 V 1733/09 Finanzgericht München).
Wer eine Immobilie erst nach Ablauf der 10 jährigen Spekulationsfrist verkauft, unterliegt weder dem gewerblichen Grundstückshandel noch muss er einen möglichen Gewinn versteuern. Das bedeutet: man kann z.B. auch 6 oder 7 Immobilien innerhalb von 5 Jahren steuerfrei verkaufen, sofern jede Wohnung vor über 10 Jahren gekauft wurde.
Aus dem gewerblichen Grundstückshandel ergeben sich steuerlich gesehen eine Reihe von Besonderheiten im Vergleich zum privaten Veräußerungsgeschäft (z.B. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht, Gewerbesteuerpflicht). Wer häufiger Immobilien verkauft, sollte sich mit den Regelungen des gewerblichen Grundstückhandels vertraut machen.
Ich hoffe Ihre Anfrage richtig verstanden- und ausreichend beantwortet zu haben. Sollten Rückfragen bestehen, nutzen Sie bitte gerne die Nachfragefunktion.
Sollte meine Antwort zu Ihrer Zufriedenheit ausgefallen sein, würde ich mich sehr über eine Bewertung freuen.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater
vereidigter Buchprüfer
Potsdamer Str. 148a, 33719 Bielefeld
Telefon (0521) 92420-0
E-mail: info@ingo-kneisel.de
Internet: www.ingo-kneisel.de
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noch eine Frage vorab, handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus mit 4 Wohnungen oder um ein Haus mit 4 Eigentumswohnungen (Wohnungseigentum 4 Grundbücher)
Soll das ganze Haus verkauft werden?
MfG
Ingo Kneisel Steuerberater
denken Sie noch an eine Bewertung? Vielen Dank
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP
wenn Sie mit meiner Antwort zufrieden waren, würde ich mich sehr über eine Bewertung von Ihnen freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP
Wären Sie so nett, noch an eine Bewertung für mich zu denken? Ich würde mich freuen. Ihnen noch einen schönen Tag.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater vBP
zur Erinnerung: würden Sie bitte noch an eine Bewertung denken, wenn Sie mit meiner Beratung zufrieden waren? Ich würde mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP
unser Ruf lebt von Ihrer Meinung. Wenn Sie insoweit mit meiner Beratung zufrieden waren, würde ich mich sehr über eine Bewertung Ihrerseits freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP