Spekulationsfrist bei Immobilienveräußerung
Beantwortet
Fragestellung
Wir haben in Neuss im Jahr 2012 ein Zweifamilienhaus gebaut. Wir haben den einen Teil des Hauses selbst genutzt (67%) und den anderen Teil (33%) an meine Schwiegereltern vermietet. Im Jahr 2017 haben wir uns dann entschieden (beruflich veranlasst) nach Bielefeld zu ziehen. In Bielefeld haben wir eine Bestandsimmobilie erworben. In diese Immobilie sind wir zusammen mit den Schwiegereltern im Sommer 2017 eingezogen. Die Immobilie in Neuss haben wir dann zum Verkauf angeboten, da wir den Erlös aus dem Verkauf zu Ablösung des Zwischenfinanzierungkredit des Erwerbs der Immobile in Bielefeld benötigen.
Wir haben dann schnell einen potentiellen Erwerber der Immobilie in Neuss gefunden (Dezember 2016), der aus der unmittelbaren Nachbarschaft stammt. Es existiert eine schriftliche Absichtserklärung das Objekt zu einem Kaufpreis X zu erwerben. Der Erwerber ist dann auf uns zugekommen und wollte einen Mietvertrag abschließen (Januar 2017), was für uns in dem Moment attraktiv war, da wir dann den möglichen Zeitraum zwischen Auszug und Abschluss Kaufvertrag/Übergabe ein Mietverhältnis mit Einkünften gehabt hätten. Dieser Mietvertrag hat sich dann großes Irrtum herausgestellt. Der potentielle Erwerber ist im Juli in das Objekt eingezogen, die notwendige Finanzierungszusage die wir für die Abwicklung des Kaufs angefordert hatten konnte aber seit Beginn des Jahres nicht erbracht werden und der Erwerbs Prozess kam mehr und mehr in stocken.
Im September haben wir dann einen Anwalt kontaktiert, dabei ist dann bekannt geworden, dass der Erwerber eine Räumungsklage bei seinem alten Mietverhältnis wegen über jahrelang nicht gezahlter Mieten hatten und eine Zwangsräumung angesetzt war. Der Erwerber war damit in der absoluten Not eine neue Unterkunft zu mieten/erwerben und hat mit uns, untern dem Vorwand eines möglichen Erwerbs ein Mietvertrag abgeschlossen, denn wie sich dann im Weiteren herausstellte, war/ist ein Erwerb aufgrund der finanziellen Situation gar nicht möglich.
Wir haben dann im Oktober 2017 eine Verwertungskündigung ausgesprochen mit sofortiger Räumung. Dieser wurde natürlich widersprochen und es kam zu einem Gütetermin im Mai 2018. Der Prozess wurde von uns gewonnen und der Erwerber muss das Objekt zum 31.8.2018 räumen.
Durch diesen Sachverhalt sind wir jetzt in die Situation gekommen ein Mietverhältnis abgeschlossen zu haben, das nie beabsichtigt war da wir eindeutig ausschließlich einem Verkauf der Immobile interessiert sind/waren, da der benötigte Erlös zur Ablösung des befristeten Zwischenfinanzierungsdarlehens notwendig ist.
Frage: Mir ist die Regelung der Spekulationsfrist bekannt, rein formal hätte ich im Jahr 2017 die Immobilie veräußern müssen um für den selbst genutzten Teil steuerbefreit zu sein. Gibt es eine Chance unter dem beschriebenen Sachverhalt von dieser Regelung trotzdem Gebrauch zu machen auch wenn wir jetzt schon in 2018 sind, da das Mietverhältnis ja nicht beabsichtigt? Durch die unmittelbare Kündigung (Verwertung) und das ursprüngliche schriftliche Dokument zum möglichen Erwerb könnte der Beweis erbracht werden, dass das Mietverhältnis nicht beabsichtigt war. Wir haben jetzt einen neuen potentiellen Erwerber. Wir müssen aber um ca.150k€ den Kaufpreis erhöhen, um die die drohende steuerliche Belastung aus der Spekulationssteuer auffangen zu können. Der sich daraus ergebende Kaufpreis für die Immobilie ist dann aber deutlich über dem Marktpreis und wie wir alle wissen ist das Immobilenpreisnivenau ohnehin schon sehr hoch, so dass die Wahrscheinlichkeit einen Käufer zu finden der bereit ist den Mehrpreis zu zahlen sehr gering ist, auf der anderen Seite wir aber das Darlehn bei der Bank zurückzahlen müssen. Optimierung in der Erhöhung der Anschaffungskosten (Küche, Einbauten etc.) habe ich bei der Ermittlung des Steueraufwandes schön berücksichtigt.
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Antwort des Experten
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihren Auftrag und die Verlängerung der Bearbeitungsfrist. Auf Basis der von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsinformationen kann ich Ihnen folgende Einschätzung zu Ihrer Frage geben:
Sie geben an, dass Ihnen die Regelungen zur Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte bekannt sind. Dann wird Ihnen auch bekannt sein, dass eine Versteuerung des Veräußerungsgewinns bei Immobilien vor Ablauf der 10-Jahres-Frist nur dann nicht erfolgt, wenn die Immobilie durchgängig selbst zu eigenen Wohnzwecken, oder gar nicht, jedenfalls aber nicht durch Dritte im Rahmen eines Mietverhältnisses genutzt wurde. Das ist erst einmal die Grundlage, von der wir ausgehen müssen. Da hier eine Nutzung durch Dritte (den derzeitigen Mieter) vorliegt, ist ein ggf. entstehender Veräußerungsgewinn also grundsätzlich steuerpflichtig.
Ich sehe auf Basis des von Ihnen geschilderten Sachverhalt auch keine Aussichten, diese grundsätzliche Lage gegenüber dem Finanzamt korrigieren zu können. Es ist natürlich nachvollziehbar, dass Sie den Mietvertrag - im Nachhinein - bedauern und er Ihnen "aufgedrängt" vorkommt. Ein Vertrag besteht aber nunmal aus zwei gegenseitigen Willenserklärungen, nämlich Angebot und Annahme. Das heißt, Sie haben als Vermieter aktiv Ihre Zustimmung zur Miete durch den "Erwerber" erklärt. Sie schreiben selbst, dass Ihnen dies damals sinnvoll erschien, weil Sie so Einnahmen aus der Immobilie generieren konnten. Es handelte sich also um eine bewusste Entscheidung, obwohl Sie - nach Ihrer Darstellung - die steuerrechtliche Lage kannten, Ihnen also bekannt sein musste, dass durch die Vermietung die Steuerpflicht bzgl. des Veräußerungsgewinns ausgelöst wurde.
Auf dieser Grundlage wäre es aus meiner Sicht "gekünstelt" und schlicht nicht glaubhaft, hier von einem "nicht beabsichtigten" Mietverhältnis zu sprechen. Unabhängig davon ergibt sich aber auch weder aus dem Umsatzsteuer-Anwendungserlass, noch aus der Rechtsprechung - soweit ersichtlich - ein Anhalt dafür, dass ein solcher Vortrag, selbst wenn er sich glaubhaft darstellen ließe, etwas an der Steuerpflicht ändern würde. Vielmehr setzt die Praxis der Finanzämter alleine an der Frage an, ob eine durchgängige Eigennutzung zu Wohnzwecken vorlag, oder eben nicht. Aus welcher Motivationslage heraus eine Eigennutzung unterbrochen wurde, spielt danach keine Rolle.
Ich bedauere, Ihnen keine für Sie günstigere Einschätzung geben zu können, hoffe aber trotzdem, dass meine Einschätzung für Sie nachvollziehbar ist. Für Rückfragen nutzen Sie gerne die Kommentarfunktion dieser Plattform.
Mit freundlichem Gruß
Florian Bretzel
Rechtsanwalt
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ich gehe gerne der von Ihnen gestellten Frage für Sie nach. Ich bitte allerdings nach Möglichkeit um Verlängerung der Deadline um 24 Stunden, d. h. bis Sonntagmorgen. Vielen Dank!
Mit freundlichem Gruß
Florian Bretzel
Rechtsanwalt
kein Problem in der kommenden Woche habe wir einen Termin dem Kaufinteressenten.
Grüße
C. E.
Mit freundlichem Gruß
Florian Bretzel
Rechtsanwalt
Die Tatsache, dass wir aber drei Monate nach dem Mietverhältnis eine Verwertungskündigung eingereicht und am Ende auch durchgesetzt wurde, haben Sie nicht berücksichtigt, oder? Wäre der Verkauf nämlich in 2017 durchgeführt worden wäre auch mit einen Mietverhältnis für 2-3 Monate innerhalb des Veräußerungsjahres in dem die Immobile auch noch selbst genutzt wurde der Veräußerungsgewinn nicht zu versteuern.
Vielen Dank und viele Grüße
C. E.