Rücktritt vom Vertrag mit Steuerberater
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin selbständiger, umsatzsteuerpflichtiger Kleinunternehmer, habe die Zusammenarbeit mit meinem bisherigen Buchhaltungsbüro gekündigt und hatte am 21.11.2017 ein Beratungsgespräch in einem anderen Steuerbüro, die mir die monatliche Buchführung und die Personalabrechnung abnehmen sollen.
Mein Eindruck war gut und der Preis nur etwas höher als bisher. Nach einer kurzen Erläuterung des Ablaufs und der Kosten, die auf mich zukommen (mtl. Buchhaltung, Personal und Steuererklärung), wurde ich gefragt, ob ich es machen möchte, sonst könne man hier schon abbrechen und Zeit sparen. Ich habe also den Vertrag unterzeichnet mit einer Laufzeit von sechs Monaten. Ich hatte keine Möglichkeit die vier Seiten "Kleingedrucktes" zu lesen, weil man mich zur Unterschrift gedrängt hat und auf der ersten Seite stehen auch die korrekten Zahlen, was besprochen wurde. Meine Schuld, ich hätte darauf bestehen sollen alles im Detail zu lesen.
Die für mich neue digitale Abwicklung empfand ich als besonders reizvoll, da es mir Arbeit abnehmen würde und für Kunden - so die Aussage des Steuerberaters - völlig kostenlos sei. Lediglich eine kostenlose Einführung in die App würde es noch einmal vor Ort geben. Dieser Termin fand am 15.12.2017 statt und mir wurde auch hier gesagt, das Ganze sei kostenlos. Aber am Ende der Einführung kam der Satz "eine einmalige Einrichtungsgebühr von 90,00 Euro zzgl. MwSt müsse aber erhoben werden". Ich habe es in Kauf genommen, auch wenn es mich geärgert hat, dass vorher nichts gesagt wurde. Die Rechnung ist auch schon gekommen.
Jetzt kommt eine Mail, dass eine Verfahrensdokumentation notwendig sei und man diese für mich erstellen könne. Auf meine Nachfrage, was es mich kostet, kam 450,00 Euro zzgl. MwSt., aber ich könne auch selbst alles in Papierform aufbewahren. Davon war vorher nie die Rede. Wenn ich diese für mich recht hohe Summe nicht zahlen möchte, habe ich jetzt also doppelten Aufwand - die digitale Übermittlung, sowie die Ausdrucke/Aufbewahrung. Dann hätte ich auch beim klassischen Postversand bleiben können.
Mir ist natürlich bewusst, dass alles Geld kostet, aber ich fühle mich da etwas (um es milde auszudrücken) unaufgeklärt und frage mich, was noch so an Kosten auf mich zukommt, die man vorher nicht genannt hat. Es geht darum, dass für mich das Vertrauensverhältnis schon vor wirklichem Beginn der Zusammenarbeit nicht mehr wirklich da ist und genau aus dem Grund wollte ich ja wechseln.
Gibt es in so einem Fall ein Rücktrittsrecht? Aber wenn ist die Zeit wahrscheinlich schon abgelaufen? Meinen Unmut über die Vorgehensweise werde ich in jedem Fall äußern, denn ich habe im Erstgespräch explizit nach allen Kosten gefragt. Aber vielleicht gibt es auch eine Möglichkeit dort heraus zu kommen? Ich würde auch Kosten dafür in Kauf nehmen. Besser als wieder an ein schlechtes Büro zu geraten.
Die Vertragslaufzeit ist wie gesagt sechs Monate mit dreimonatiger Kündigungsfrist.
Vielen Dank im Voraus!
Mit freundlichen Grüßen
B. G.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwalt Marcus Schröter
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben nachfolgend beantworte:
1. Ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht besteht für selbständig tätige Unternehmer nicht. Dies gilt gleichermaßen auch für Kleinunternehmer.
Hinsichtlich der Geltung der AGBs ist maßgebend, dass Sie vor Vertragsschluss Gelegenheit hatten diese zur Kenntnis zu nehmen. Soweit Sie hier keine Möglichkeit hatten diese zur Kenntnis zu nehmen (was aber nachzuweisen wäre), sind diese im Zweifel nicht Vertragsbestandteil geworden.
2. Soweit die digitale Abwicklung Grundlage für den Vertragsschluss war, werden diese Leistungen im Rahmen des Vertragsschlusses durch das Steuerbüro geschuldet. Etwaige Zusatzkosten für die Verfahrensdokumentation sind nur berechtigt, wenn die Kostentragung vertraglich vereinbart wurde oder die Verfahrensdokumentation vertraglich nicht geregelt ist. Fehlt es an einer vertraglichen Regelung, ist es Ihnen freigestellt, ob Sie das Angebot für eine Verfahrensdokumentation annehmen.
3. Insoweit ergibt sich neben dem ordentlichen Kündigungsrecht ein außerordentliches Kündigungsrecht, wenn die Verfahrensdokumentation gesondert abgerechnet wird, obgleich dies in dem monatlichen Preis inbegriffen sein sollte. In diesem Fall wäre es Ihnen nicht zuzumuten an dem Vertrag bis zum Ablauf des vertraglichen Kündigungstermins festzuhalten.
4. Zur weiteren Vorgehensweise sollten Sie die angeführten Kosten von EUR 450,- zum Anlass nehmen den Vertrag zu beenden. Kündigen Sie diesen außerordentlich unter Verweis auf die angeführten Zusatzkosten, die im Vorfeld nicht kommuniziert wurde. Rein vorsorglich kündigen Sie das Vertragsverhältnis ordentlich unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist. Möglich wäre auch mit dem Steuerbüro einen Aufhebungsvertrag zu einem bestimmten Termin zu vereinbaren, beispielsweise zum 31.12.2017.
Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen und einen hilfreichen Überblick verschaffen.
Mit besten Grüßen
Marcus Schröter
Rechtsanwalt
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