Rechtsauskunft bezüglich nachehelichem Unterhalt wegen chronischer Krankheit
Fragestellung
Sehr geehrte/r Frau / Herr ...
Ich bin 58 Jahre alt und beziehe seit meiner Scheidung im Januar 2007 nachehelichen Unterhalt wegen einer schweren, chronischen, psychischen Erkrankung, die schon zum Beginn meiner Ehe 1991 im Zuge einer Wochenbettpsychose diagnostiziert wurde. 1994 war ich vor der Geburt meines zweiten Kindes nochmals auf eigenen Wunsch in der Klinik. In der Ehe versorgte ich dann Haushalt und Kinder und hatte ansonsten nur stundenweise Aushilfsjobs, da ich aufgrund meiner Ängste und Depressionen nicht mehr tun konnte. Aufgrund dessen meldete ich mich auch nicht als Arbeitssuchend. Mein Mann arbeitete die ganze Zeit Vollzeit.
Mein Zustand wurde nicht besser. Zum Schluss schaffte ich es nicht mal mehr, die Elternabende der Kinder zu besuchen. Als unsere Kinder dann Ende 2004 im Alter von 10 und 13 Jahren aus dem Gröbsten raus waren, beschloss mein Mann, sich meiner zu entledigen und sprach die Trennung aus, nachdem ich mich freiwillig hatte in eine Klinik einweisen lassen, wobei ich aufgrund der daraus resultierenden Verschlimmerung meines Zustandes vier Monate dort bleiben musste und danach vier Monate in der Tagesklinik war. Weil mein Mann nicht wollte, dass ich in die eheliche Wohnung im Haus der Schwiegereltern zurückkehrte, musste ich nach dem Klinikaufenthalt bei meiner Mutter auf der Couch nächtigen.
Er ging sehr schnell wieder in eine neue Beziehung. Ich hätte zwar verlangen können, die eheliche Wohnung zu bekommen und damit weiterhin für die Kinder da zu sein, aber ärztlicherseits wurde mich abgeraten, weil sie sich in räumlicher Umgebung der Schwiegereltern befand. Zudem war mein gesundheitlicher Zustand immer noch nicht gut und ich hatte Angst, negative Aspekte meiner Erkrankung auf meine Kinder zu übertragen.
Ich bewarb mich schon aus der Klinik heraus um einen Rehabilitationsplatz in einer WfbM, bekam zuerst 700€ Trennungsunterhalt und nach meinem Eintritt in die WfbM Übergangsgeld. Durch familiäre Vermittlung fand ich eine für mich bezahlbare kleine Wohnung. Inzwischen hatte ich einen unbefristeten Grad der Behinderung von 50.
Praktika auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt überlasteten mich. Nach Beendigung des Berufsbildungsbereiches und Übernahme in den Arbeitsbereich in der WfbM, musste ich Rente beantragen.
Im Januar 2007 kam es zur Scheidung, im Zuge derer ich nachehelichen Unterhalt verlangte. Aufgrund der familiären Situation blieben die Kinder beim Vater. Wir hatten beide das Sorgerecht und sie kamen über die Wochenenden regelmäßig zu mir. Zu diesem Zeitpunkt erhielt ich 816,79€ Erwerbsminderungsrente und 311€ Vergütung aus meiner Beschäftigung als Rehabilitandin in der WfbM. Da mein geschiedener Ehegatte ca. 2600€ an Gesamteinkommen zur Verfügung hatte, bekam ich einen nachehelichen Unterhalt von 211,47 € zugesprochen. Es wurde ein Versorgungsausgleich durchgeführt.
Nach dem Ablauf des darauf folgenden Jahres, wurde dieser Betrag in einer erneuten Anhörung auf einen unbefristeten nachehelichen Unterhalt von 100 € reduziert, weil der Richter ein Gutachten verlangte, ich aber Angst vor einem erneuten Gutachtertermin hatte, obwohl, oder vielleicht gerade weil ich Symptome hatte.
Nun ist es so, dass sich meine Einkünfte inzwischen erhöht haben. Ich bekomme zur Zeit eine unbefristete Erwerbsminderungsrente von 1075,78€ (Netto) und aus meiner Beschäftigung in der WfbM 436,50€. Dazu kommt noch der monatliche Unterhalt von 100€. Da mein geschiedener Ehegatte immer noch im selben Betrieb wie damals als Techniker arbeitet, dürften sich seine Einkünfte über die Jahre erheblich erhöht haben. Er ist inzwischen wieder verheiratet. Unsere Kinder sind schon lange erwachsen und leben eigenständig.
Vielleicht müsste ich dies alles nicht schreiben, aber ich habe das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen.
Schon vor Jahren habe ich beim Sozialdienst meiner WfbM nachgefragt, ob ich überhaupt noch Unterhaltsberechtigt bin. Damals meinte die Dame, ich solle mir keine Sorgen machen. Falls mein geschiedener Mann nicht mehr zahlen wollte, müsste er das von sich aus gerichtlich einklagen. Ich bin aber nicht sicher, ob diese Dame in rechtlichen Belangen wirklich genügend bewandert war und habe immer noch Bedenken, ob ich überhaupt noch bezugsberechtigt bin. Deshalb hätte ich nun gerne eine fachlich abgesicherte Rechtsauskunft.
Mein geschiedener Ehegatte hat mich nie nach Veränderungen in meinen Einkünften gefragt und ich selbst habe ihm nie etwas gesagt. Wir haben keinerlei Kontakt.
Nun endlich zu meiner Frage:
Kann es sein, dass ich inzwischen nicht mehr Unterhaltsberechtigt bin und ich mir Sorgen machen muss, dass er irgendwann vielleicht klagt und die bisher erfolgten Unterhaltszahlungen zurückverlangt, weil ich inzwischen vielleicht zu hohe Einkünfte habe?
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Antwort von Rechtsanwältin, Schlichterin Brigitte Draudt-Syroth
Sehr geehrte Fragestellerin,
ich beantworte Ihre Frage gerne wie folgt:
angesichts Ihrer Schilderung gehe ich davon aus, dass es einen gerichtlichen Vergleich / eine Vereinbarung gab, nach denen Ihr geschiedener Ehemann Ihnen den nachehelichen Unterhalt unbefristet zahlen muss. Damit besteht ein Unterhaltstitel, den man nicht ohne weiteres abändern kann.
Ihr geschiedener Ehemann könnte allenfalls eine Abänderungsklage anstrengen, im Rahmen derer Sie gegebenenfalls Auskunft über Ihre geänderten Verhältnisse geben müssten.
Für eine Abänderung müsste eine wesentliche Veränderung in den finanziellen und persönlichen Verhältnissen eingetreten sein. Zumindest in Ihren gesundheitlichen Verhältnissen scheint mir dies wohl nicht der Fall zu sein.
Maßgeblich ist aber die getroffene Vereinbarung. Sie können diese gerne hochladen oder den Wortlaut mitteilen.
Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen.
Draudt Rechtsanwältin
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Ich habe noch einmal nachgelesen. Mein vollstreckbarer Bescheid hat folgenden Text:
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Nach Hinweisen des Gerichts schließen die Parteien nachfolgenden Vergleich:
§1
Der Beklagte verpflichtet sich an die Klägerin nachehelichen Unterhalt in Höhe von 100,00 EUR monatlich zu zahlen. Die Zahlung ist bis spätestens zum 3. Werktag eines jeden Monats zur Zahlung fällig. Die erste Zahlung erfolgt zum April 2009.
§2
Für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.03.2009 zahlt der Beklagte insgesamt 300,00 EUR. Die Zahlung ist mit dem Mai-Unterhalt zur Zahlung fällig.
§3
Die Parteien sind sich darüber einig, dass vorstehende Vereinbarung bis zum 31.12.2009 unabänderbar ist. Danach ist eine Abänderung ohne Bindung an das vorstehende Verfahren und den vorstehenden Vortrag jederzeit möglich.
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Ist der Bescheid also inzwischen abänderbar? Was bedeutet, "ohne Bindung an das vorstehende Verfahren und den vorstehenden Vortrag"? Könnte mein mein geschiedener Ehegatte einfach jederzeit die Zahlung einstellen oder könnte sich der Unterhalt durch ein erneutes Verfahren auch erhöhen, wenn ich zB. in Altersrente gehe und dann nur noch meine Rente zur Verfügung habe?
Von welchen Summen kann man im Zusammenhang mit den von mir genannten Beträgen als "eine wesentliche Veränderung in den finanziellen Verhältnissen" reden? Spielen da die normalen Rentenerhöhungen eine Rolle?
Meine persönlichen Verhältnisse werden sich wahrscheinlich leider nicht mehr ändern.
MfG,
zu Ihrer Nachfrage teile ich gerne folgendes mit:
Ihr geschiedener Ehemann könnte eine Abänderung verlangen. Wenn er die Zahlung einfach einstellen würde, so wäre das aber nicht rechtmäßig, da der Titel schon noch besteht. Er war nicht befristet, sondern es war lediglich eine Abänderungsmöglichkeit ab 2009 vereinbart.
"ohne Bindung an das vorstehende Verfahren und den vorstehenden Vortrag" bedeutet, dass alles, was in dem damaligen Verfahren vorgetragen wurde, von dem Sachverhalt nicht mehr bindend sein muss. Konkret also in Ihrem Fall, dass der Vortrag über die Gesundheit und Atteste von damals etc. nicht mehr bindend sind.
Eine feste Grenze gibt es nicht für die Veränderung. Es werden dann jeweils die Verdienst-und Vermögensverhältnisse offen gelegt und der Bedarf angesehen und sodann eine Einzelfallbewertung vorgenommen.
Mit freundlichen Grüßen
Draudt
Rechtsanwältin