Prüfung / Erläuterung einer bestehenden Generalvollmacht
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Standke,
ich bitte um Erläuterung einer bestehenden General- und Vorsorgevollmacht und Beantwortung konkreter Fragen zu unklaren Passagen.
Hintergrund:
Meine Eltern haben sich 2007 gegenseitig Generalvollmacht erteilt. Diese ist nicht notariell beglaubigt. Mein Vater ist 2018 verstorben. Es gibt 2 Kinder welche als Ersatzbevollmächtigte (Absatz D) und im Rahmen der Betreuungsverfügung (Abschnitt E) Teil der Vollmacht sind.
Es gibt zudem ein 2. Dokument "Auftragsverhältnis" welche die "im Außenverhältnis unbeschränkte Vollmacht" im Innenverhältnis regeln soll, also nach meinem Verständnis eine Art Gebrauchsanweisung darstellt.
Aktuelle Situation:
Karl G. ist 2018 verstorben.
Es sind 2 Immobilien zu verkaufen, wobei seitens des Notars eine Bestätigung der Geschäftsfähigkeit meiner Mutter durch den Hausarzt erbeten wurde.
Meine Mutter Christel G. ist an der Grenze zu einer einsetzenden Demenz. Die Geschäftsfähigkeit ist als grenzwertig einzustufen. Von einer Verschlechterung in naher Zukunft ist auszugehen.
Die Rechtsanwälte welche die Vollmacht erstellt haben, haben ein handwerklich schwaches und widersprüchliches Testament verfasst. Daher sind Unklarheiten und Fehler in der Vollmacht ebenfalls anzunehmen.
Es besteht Unklarheit hinsichtlich Wirksamkeit und Gültigkeit der Vollmacht an sich.
Insbesondere Abschnitt D, erster Satz ist unklar: "Für den Fall dass der Bevollmächtigte stirbt [...]" -> ist dies Vater oder Mutter (1. Todesfall) oder der Tod des letzten Vollmachtgebers/Bevollmächtigten (2. Todesfall)?
Konkrete Fragen:
(1.) Ist eine nicht-notarielle Generalvollmacht mit amtlich beglaubigten Unterschriften grundsätzlich wirksam und durch Banken etc. anzuerkennen, da es keine Formvorschrift insbesondere hinsichtlich notarieller Beglaubigung gibt?
(2.) Abschnitt C und D: Wie ist die Formulierung in Abschnitt D zu verstehen? (a.) Treten die Kinder in die Vollmacht jetzt ein, da der Vater verstorben ist oder (b.) erst wenn beide Elternteile verstorben sind? Aus meiner Sicht ist nur das "Auftragsverhältnis" an dieser Stelle eindeutig und regelt (a.), d.h. die Kinder können jetzt gemeinsam für meine Mutter handeln.
Meine Schwester versteht (b.) als gegeben, sieht derzeit also keine Handlungsfähigkeit durch die Vollmacht.
(3.) Abschnitt D: [...] welche gemeinsam handeln sollen: Bedeutet dies dass nur die Kinder gemeinsam handeln können ? (Kann oder Muss-Vereinbarung)
(4.) Solange meine Mutter lebt und die Vollmacht nicht widerrufen ist, sowie meine Mutter weder unter Betreuung steht noch Ihre Geschäftsfähigkeit aberkannt wurde: Sind die Kinder gemeinsam "im Fall der Fälle" durch Vorlage der Vollmacht bei Banken und Notaren grundsätzlich handlungsfähig um Gefahren durch "Dummheiten", "Erteilung von Bankvollmachten an Erbschleicher/Dritte" usw. abwehren zu können?
Vielen Dank und Gruß
H. G.
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Mail: hans-juergen.G.@gmx.de
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Antwort von Rechtsanwältin Kristina Standke
Sehr geehrter Ratsuchender,
1) Ich halte die Vollmacht für wirksam. Bzgl. Banken gibt es allerdings die Besonderheit, dass diese in der Regel auf ihren eigen Formularen die Becvollmächtigung verlangen. Hintergrund ist der, dass sich die Banken besonders absichern wollen und sich bei der persönlichen Unterzeichnung des Kunden in der Filiale davon überzeugen können, das tatsächlich der Kunde unterzeichnet hat. Dies ist gerade auch das, was der Notar bestätigt (Identitätsnachweis). Ihre Eltern haben allerdings einen Identitätsnachweis durch die Stadtverwaltung. Dies könnte dafür sprechen, dass dies der Bank ausreicht. Am besten Sie sprechen bei der Bank zusammen mit Ihrer Mutter vor. Leider ist diesbzgl. das Verhalten der Banken nicht gleich.
Allerdings ist für Grundstücksgeschäfte meiner Ansicht nach die Vollmacht nicht ausreichend. Für Immobiliengeschäfte z.B. Verkauf oder Belastung einer Immobilie ist zwingend die notarielle Beurkundung notwendig. Deshalb ist auch für die diesbzgl. Bevollmächtigung die notarielle Beurkundung notwendig. Aus diesem Grund können Sie meines Erachtens keine Immobilienveräußerungen mit dieser Vollmacht tätigen.
2. Die Regelung in D verstehe ich so: Der Bevollmächtigte Ihrer Mutter ist verstorben. Deshalb treten die Ersatzbevollmächtigten an seine Stelle. Ansonsten würde die ganze Regelung und auch die gegenseitige Einsetzung keinen Sinn machen. Ansonsten hätte Ihre Mutter zur Zeit gar keine Bevollmächtigten. Dies ist durch die Regelung der Ersatzbevollmächtigung nicht gewollt!
3. Ja, dass bedeutet es leider. Diese Regelung ist leider nicht sehr praktisch, da Sie sich mit Ihrer Schwester immer einig sein müssen. Aber es ist davon auszugehen, dass Ihrer Eltern dies so gewollt haben. Auf der anderen Seite schützt diese Regelung vor einseitigen Handeln einer Person gegen den Willen des Anderen.
4. Diese Frage verstehe ich leider nicht ganz. Solange Ihre Mutter geschäftsfähig ist, kann Ihre Mutter jederzeit die Vollmacht widerrufen. Darüber hinaus kann Ihre Mutter dann auch "Dummheiten" machen, solange sie selbst geschäftsfähig ist. Darauf hätten Sie dann keinen Einfluß.
Ich hoffe, dass ich Fragen beantwortet habe.
Mit freundlichen Grüßen
K. Standke
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