Prüfung eine Rechnung - Scheidung und Scheidungsvereinbarung
Beantwortet
Fragestellung
Sachverhalt zur Scheidung:
2013 - Erstberatung. Mandat für Ehescheidung erteilt.
2014 - Der erste Entwurf einer Scheidungsvereinbarung wurde von mir selbst mit allen relevanten Daten erstellt.
2016 - Entwurf für einen Scheidungsantrag wurde von der Rechtsanwältin erstellt. Aug Grundlage meines Entwurfes wurde von der Rechtsanwältin ein neuer Entwurf für eine Scheidungs-vereinbarung erstellt.
Ein zusätzliches Mandat wurde nicht erteilt.
2017 - Empfehlung der Anwältin, ich solle von einem mir bekannten, befreundeten Notar einen Entwurf anfertigen lassen. Habe ich getan. Einige Teile sind von mir in die Scheidungsvereinbarung mit eingeflossen.
2018 - Noch ein paar Änderungen von der Anwältin und mir. Eine Finale Version einer Scheidungsvereinbarung wurde erstellt.
Insgesamt gab es 5 Anwaltstermine, Dauer effektiv ca. 1 Stunden
Insgesamt gab es ca. 8 qualifizierte E-Mail. i.d.R. ging es um die Scheidungsvereinbarung.
Die Scheidung am Familiengericht
Die Vereinbarung umfasst 7 Seiten. Die wesentlichen Inhalte wurden von meiner ehemaligen Frau und mir erstellt. In vielen Gesprächen hatten meine Frau und ich eine einvernehmliche Vereinbarung getroffen. Wir haben das Vermögen (Hausrat, Haus, Pkw etc.), den Zugewinn- und Versorgungsausgleich ohne auch nur ansatzweisen Streit geregelt. Die Ergebnisse wurden von der Anwältin in die Vereinbarung mit übernommen.
Die Anwältin war zu keiner Zeit an den Gesprächen beteiligt. Auch war sie nicht daran beteiligt und dabei, als meine Frau und ich die Vereinbarung gemeinsam unterzeichnet hatten.
Die Anwältin hat mir empfohlen, die Vereinbarung vom Gericht protokollieren zu lassen. (Würden sie zwar nicht so gerne machen, sei aber billiger als ein Notar). Die Scheidungsvereinbarung ging an das Gericht, die Anwältin hat im Vorfeld mit dem Richter telefoniert, ob die Vereinbarung in Ordnung sei.
Ich habe von Anfang an, mehrmals nach den Scheidungskosten gefragt. Als Antwort bekam ich ca. 4-5.000 €. Über weitere Kosten wurde nie gesprochen.
Die Scheidung verlief ohne Probleme. Eine zweite Anwältin war für meine Frau nur während des Gerichtstermins anwesend.
Umso mehr war ich über die Höhe der Rechnung und den Kostensätzen (bis 1,8) überrascht.
In einem Gespräch räumte die Anwältin zwar ein, dass sie nicht ursächlich an der Vereinbarung beteiligt war. Sie sei aber von Gesetz wegen verpflichtet dies alles abzurechnen.
Mit Bezug auf die Einigungsgebühr sagte sie, dass müsse sie abrechnen, das wäre für die Protokollierung des Gerichtes.
Nach einer längeren Diskussion bot sie mir an auf die Geschäftsgebühr zu verzichten (4.919.40 ./. 2049,75 €) solle ich die Rechnung kürzen.
Die abschließende Bemerkung der Anwältin, sie sei wohl die erste Anwältin die eine Scheidungsvereinbarung umsonst erstellt hätte (sie wird künftig vorher sagen was es kostet, Anm. ich habe mehrmals danach gefragt.), hatte leider einen faden Beigeschmack.
Daher würde ich gerne wissen, ob die Rechnung in Ordnung ist. Da mich die Anwältin aufgefordert hat zügig zu überweisen, habe ich einen Betrag von ca. 10.900 € per online-Überweisung bezahlt.
Eine Anmerkung noch: Die in der Rechnung angegebene Werte 352.000 € und 47.579 € sind korrekt.
Bei der Anwältin handelt es sich um eine Einzelkanzlei. Angestellte gibt es nicht. Büro im eigenen Haus.
Besten Dank und beste Grüße
Günter Weilguni
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Antwort des Experten
Sehr geehrter Ratsuchender,
Ihre Frage möchte ich nachstehend beantworten.
Dabei gehe ich entsprechend ihrer Information davon aus, dass die angenommenen Gegenstandswerte zutreffend sind.
Die Größe der Kanzlei der Anwältin, die Sie erwähnen, spielt bei der Berechnung der Gebühren keinerlei Rolle.
Sie teilen selbst mit, dass Sie zwar einen Entwurf als Grundlage für die Scheidungsvereinbarung vorgelegt haben, dass aber der Entwurf von der Anwältin erstellt wurde. Damit ist grundsätzlich die Geschäftsgebühr 2300 entstanden.
Bezüglich der Höhe der Geschäftsgebühr ist es grundsätzlich so, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur verlangt werden kann, wenn die Angelegenheit umfangreich oder schwierig ist.
Ob dies der Fall war, kann ich anhand der Informationen nicht abschließend beurteilen. Es spricht allerdings nach ihrer Schilderung einiges dafür, dass es sich um eine eher durchschnittliche Angelegenheit gehandelt hat.
Die weiteren Kriterien für die Bemessung der Geschäftsgebühr spielen nämlich erst dann eine Rolle, wenn wegen des Umfangs oder der Schwierigkeit der Angelegenheit die Gebühr von 1,3 überschritten werden kann. Diese weiteren Kriterien (zum Beispiel Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, Bedeutung der Angelegenheit usw.), kommen also immer erst dann zum Tragen, wenn die grundsätzliche Voraussetzung für die Überschreitung der sogenannten Schwellengebühr von 1,3 (Umfang oder Schwierigkeit) erfüllt sind.
Dies wird oft falsch gemacht.
Der Anwalt ist verpflichtet, spätestens auf Ihr Verlangen hin die Ansetzung der Gebühr zu begründen.
Er muss dabei eine doppelte Begründung abliefern, nämlich einmal, warum die Schwellengebühr 1,3 wegen Schwierigkeit oder Umfang überschritten wird und dann in einem zweiten Schritt warum dann die konkrete Gebühr aufgrund der weiteren Kriterien bei der Bemessung angemessen ist.
Wenn die Anwältin an der Protokollierung der Einigung beteiligt war, ist auch die Einigungsgebühr entstanden. War die Einigungr nur Gegenstand der Protokollierung und nicht Gegenstand des Verfahrens, also Gegenstand des ursprünglichen Antrages, ist in der Tat auch eine 1,5 Gebühr entstanden.
Es ist außerdem korrekt, dass eine Verfahrensgebühr nach 3101 Nr. 2 in Höhe von 0,8 entstanden ist. Die Verfahrensgebühren dürfen insgesamt gemäß § 15 III RVG nicht mehr als eine 1,3 Gebühr aus dem Gesamtstreitwert betragen. Dieser Kontrollbetrag ist nicht überschritten, so dass die Berechnung auch insoweit korrekt ist.
Zu ihren Gunsten ist die Anwältin aber wohl davon ausgegangen, dass bezüglich der Einigung lediglich beantragt war, diese Einigung zu Protokoll zu nehmen. Wenn die Anwältin in irgendeiner Weise auf den Inhalt der Protokollierung Einfluss genommen hat oder über Inhalt und Konsequenzen beraten hat und diese Beratung auf die Entscheidung über die Einigung Einfluss hatte, wäre nämlich auch eine Terminsgebühr nach dem vollen Streitwert von 399.579 € entstanden.
Was ich nicht nachvollziehen kann, ist die Behauptung, die Scheidungsvereinbarung sei „umsonst erstellt“ worden. Schließlich sind dadurch die Geschäftsgebühr und die Einigungsgebühr entstanden.
Da hinsichtlich der Terminsgebühr die Anwältin zu ihren Gunsten vom geringeren Streitwert ausgegangen ist kann meines Erachtens die Rechnung nur bezüglich der Höhe der Satzrahmengebühr bei der Geschäftsgebühr unter Umständen beanstandet werden. Ob hier die 1,8 Gebühr zurecht angesetzt wurde, kann ich nicht abschließend beurteilen. Die Kriterien hatte ich Ihnen aufgezeigt. Wenn Sie mit der Rechnung nicht einverstanden sind, empfehle ich Ihnen, die Schlichtungsstelle der zuständigen Rechtsanwaltskammer einzuschalten, die in diesen Fällen vermittelnd tätig wird.
Ich wünschen Ihnen alle Gute.
Freundliche Grüße
M. Kinder
Rechtsanwalt
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