Prüfung / Auswertung / "Übersetzung" / Beratung zu (Arbeits-) Zwischenzeugnis
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe dieses Zwischenzeugnis anlässlich einer internen Umorganisation (zum 1.1.2020) innerhalb eines diversifizierten Konzerns mit mehr als 100.000 Mitarbeitern im Dezember 2019 beantragt und am 11.2.2020 (das Zeugnis wurde also ca. 2 Wochen nach dort aufgedrucktem Datum erst versendet) erhalten.
Mit der Führungskraft, die dieses Zwischenzeugnis erstellt bzw. unterschrieben hat, gab es seit ca. Mitte 2017 steigernd einen Dissens und (zu lange Zeit nicht an-/ausgesprochene) Konflikt-Situationen bzw. Konflikt-Verhältnisse. In Situationen, wo der Versuch einer An-/Aussprache durch mich begonnen wurde, war die Entgegnung dieser Führungskraft dazu z.B. "Das verstehe ich nicht." oder: "Ich bemerke da eine Abwehrhaltung bei Ihnen" o.ä.
Meine Tätigkeit erfolgt im Bereich der Planung und v. a. Realisierung von Bauvorhaben mit jeweiligen Volumina im meist zweistelligen, teils auch dreistelligen Mio.€-Bereich. Zu meiner Tätigkeit zählt im Kern die "Beschaffung" von Grundstücken (durch Kauf, Anmietung, Sicherung von Dienstbarkeiten etc.) für diese Bauvorhaben. Seit Einstieg dort habe ich über 1.000 Grundstücksverträge zum Abschluss gebracht. Kein einziger dieser - auch und v.a. in hoher dreistelliger Anzahl sehr individualisierten - Grundstücks-Verträge ist "geplatzt" oder hat sich sonstwie als unzureichend, fehlerhaft oder unnütz oder lückenhaft o. ä. erwiesen, und sämtliche Grundstücke und Rechte daran sind für die o. g. Bauvorhaben jederzeit termin- und kostengerecht "beschafft" worden.
Dies geschah über ca. fast 6 Jahre hinweg sehr oft in 60-Stunden-Wochen zzgl. mancher Wochenend- und/oder Feiertags-Arbeitstagen, was übrigens eigentlich als Tarifvertrags- und Arbeitsvertrags-widrig anzusehen war (ich bin keine "AT-Kraft"). Letzteres habe ich dann vor ca. 2,5 Jahren nach und nach auf eine einigermaßen durchschnittlich reguläre 40-45 Std.-Woche "zurückgefahren". Dem Verfasser dieses Zeugnis hatte ich es auch vor ca. 2 Jahren signalisiert, dass ich meine Arbeitszeit dem vertraglich und tariflich vereinbarten Rahmen und Umfang anpasse und es dabei belassen werde.
Die "Zusammenarbeit" der vergangenen Jahre mit dieser "Führungskraft" gestaltete sich durchgängig (schon während der Zeiten mit 60 Std.-Wochen) als "Einbahn-Straße": Ich selbst musste zu jeder Zeit Ergebnisse, Informationen, sonstige Leistungen "ausliefern"; erhielt aber im Gegenzug - wenn überhaupt - nur höchst widerwillig organisatorische Unterstützung, (Personal-) Ressourcen und wesentliche Informationen (z.B. zur Terminplanung des Beginns der Bauvorhaben) "geliefert". Offene Stellen in meinem Team wurden trotz etlicher Anregungen bzw. Bitten gegenüber dieser Führungskraft nicht besetzt und auch keinerlei Anstalten unternommen, um eine Besetzung (durch Veranlassung von Stellenausschreibungen durch den Personal-Bereich) zu ermöglichen.
Die Umorganisation mit Änderung der Führung der Abteilung, in der ich tätig bin, beinhaltete "automatisch" den Wechsel zu einer anderen Führungskraft. Es erfolgte also nicht eine ("Straf"-)Versetzung nur meine Person betreffend.
Im Rahmen einer turnusmäßigen (2-jährig) durchgeführten Mitarbeiterbefragung erhielt diese Führungskraft in 2018 fast ausnahmslos "Schlechtnoten" der Mitarbeiter, ausgenommen einen "Spezl" (wie es im Bayerischen heisst) dieser Führungskraft.
Zum Zwischenzeugnis:
Aus meiner Sicht völlig ungerechtfertigt und nicht nachweisbar, und vollständig vorsätzlich verfälscht sind die nach m.M. die Bewertungen zur Arbeits-Qualität anzusehen, v.a. die Formulierungen
- "geeignete Ergebnisse"
- "solide Resultate"
Das komplette Gegenteil - nämlich weit überdurchschnittlich gute Arbeits-Ergebnisse in Qualität und Umfang lassen sich (s.o.) nach meiner absolut gefestigten Auffassung beweisen und sind somit zu berücksichtigen und zu würdigen.
Die wohl als Gesamt-Bewertung zu verstehende Passage
- "jederzeit zufrieden"
erscheint mir als komplett ungeeignet, um mindestens eine mehr als gute (2+) Bewertung darzustellen. Das liest sich eher nach einer bestenfalls "schwachen vier minus".
Auch die Abschluss-Formulierung "Dank..." bzw. "... bauen auf eine weiterhin ordentliche Zusammenarbeit" soll wohl zum Ausdruck bringen, dass diese Person froh ist, sich von mir verabschieden zu können, weil meine Person seinen Vorstellungen zu einem Angestellten-Verhältnis im Stile eines "Lakaien-Daseins" nicht entsprochen hat.
Insbesondere zu der Beurteilung der Arbeits-Qualität und zu der Schlussformulierung "...bauen auf eine weiterhin ordentliche Zusammenarbeit" bitte ich daher um entsprechende Prüfung, "Übersetzung" und Änderungsvorschlag; dies aber natürlich auch für alle übrigen Teile dieses Zwischenzeugnis.
Falsch in diesem Zwischenzeugnis ist übrigens schon der Anfangs-Satz: Zu Beginn meiner Tätigkeit war ich bereits als sog. "Projekt-Ingenieur Senior" eingestellt worden, nicht als "Sachbearbeiter". Ich habe den akademischen Grad eines "Dipl.-Ing.", ich bitte auch dazu um Mitteilung, ob dies im Zwischenzeugnis explizit zu erwähnen ist.
Ich beabsichtige (derzeit) nicht, mich mit diesem Zwischenzeugnis Konzern-intern oder extern auf eine andere Stelle zu bewerben. Ich erwarte aber dennoch ein mindestens "anständiges", adäquates und meinen Leistungen und meiner Arbeitsqualität entsprechendes Zwischenzeugnis, um darauf jederzeit für etwaige Bewerbungen zurückgreifen zu können.
In diesem Sinne sehe ich Ihrer Auswertung, "Übersetzung" und Empfehlung zum weiteren Vorgehen mit großem Interesse entgegen, und verbleibe in diesem Sinne
mit freundlichen Grüßen
M. B.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Sascha Lembcke
Sehr geehrte/r Ratsuchende/r,
Ihrem Anliegen zur Prüfung, Bewertung und "Übersetzung" des Zeugnises möchte ich hiermit gerne, soweit dies die Schwärzungen zulassen, nachkommen. Zunächst erlaube ich mir die Einzelnoten hervorzuheben um anschließend die Gesamtnote zu bilden und im Übrigen auf die weitere Vorgehensweise einzugehen.
Einzelnoten:
Fachkenntnisse: Note 1
Weiterbildung: Note 2
Arbeitsergebnisse: Note 3-4
"Somit kann er geeignete Ergebnisse erzielen."
Für "geeignete Ergebnisse" ist eine knappe 4 zu erteilen. Das entspricht Ausreichend. Gründe für diese Bewertung sind die gewählte Formulierung und das Fehlen von Verstärkern.
"Hervorzuheben sind seine Fähigkeiten, komplexe Sachverhalte zu erfassen und zu analysieren."
Diese Fähigkeiten sind nicht weiter differenziert. Darüber hinaus fehlt es an einem Verstärker, so dass hier mit 3, wenn nicht gar mit 4 bewertet werden muss.
"Er erledigte seine Aufgaben stets mit großer Energie und erzielt auf Grund seiner Problemlösungsfähigkeiten stets solide Resultat."
Die Formulierung zur Arbeitsweise, wäre mit einer Note 2- zu bewerten, da hier ein Vielzahl positiver Verstärker (Note 2) verwandt wurden, wenngleich "solide" Ergebnisse die Tendenz zu einer 3 haben, welches auch die Formulierung "stets" zuvor nicht besser macht.
"Wir sind mit den Ergebnissen und der gezeigten Leistung von ... jederzeit zu frieden."
Die Formulierung entspricht im Wesentlichen einer Note zischen 2 und 2-
Belastbarkeit: Note 2-3
Eigeninitiative: Note 1
Sozialverhalten Kunden: Note 1
"verhält sich gegenüber Kunden und geschäftspartnern tadellos" entspricht einer sehr positiven Bewertung mit der Note 1,
Sozialverhalten Vorgesetzte: Note 2-3
"ein gutes Verhältnis zu seinen Vorgesetzten" entspricht jedoch eher einer 3 mit der Aussage eines befriedigenden Verhältnisses.
Die Schlussformel ist nicht zu erwähnen und enthält keinerlei positiven Ausdrucksformen, bzw. Verstärker, sondern ist schlicht sehr neutral gehalten, sodass die Bewertung eher eine Tendenz in den Bereich 3-4 vermuten lässt.
Gesamtnote:
Mit Blick auf die Gesamtnote würde ich das Zeugnis relativ zwischen den Noten 3-4, jedoch je nach Gewichtung der Schwerpunkte mit einer wesentlichen Tendenz zur 3- verlautbaren und damit als "befriedigend" schlecht bezeichnen
Beanstandungen:
-Sachbearbeiter: Da Sie einen akademischen Grad haben, können Sie auch auf dessen Führung bestehen, sprich dieser ist mit in dem Arbeitszeugnis entsprechend aufzunehmen. Des Weiteren müsste geschaut werden, wie Ihre Stellenbeschreibung lautet. Sachbearbeiter ist sehr allgemein gehalten und dürfte eher abwertend sein, wenn man, wie hier, über eine Führungskraft in Teamleiterfunktion soricht und daher anfechtbar sein.
- Ferner erfüllt das Zeugnis zwar die notwendigen Vorausetzungen für die formellen Anforderung ist aber an sich sehr schlicht formuliert, welches man bei einer einer Führungskraft mit Mio-Verantwortung eigentlich so nicht erwarten dürfte.
- Auch sind die Noten teilweise mit Bewertung 4 nicht angemssen, da zumindest aus rechtlicher Sicht, der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Mindestbewertung mit der Note "befriedigend" hat, was einer Note 3 entspricht.
Insoweit hätte Sie die Möglichkeit das Zeugnis anzufechten. Zum einen mit blick auf die qualitativen Merkmale des Zeugnisses, Stellenbeschreibung, akadem. Titel, fehlenden inhaltliche Differenzierung zur eigentlichen Tätigkeit im Unternehmen und die unzulässige Benotung mit 4 sowie sofern sich dies belegen ließe die Schlechtbwertung über die Note 3 hinaus anzufechten. Hierbei ist aber anzumerken, dass der Arbeitnehmer für eine über 3 hinaus gehende positivere Bewertung ist. Dies it regelmäßig recht schwierig.
Gleichwohl sollten Sie aber dennoch Widerpsruch für die Personalakte einlegen und ggf. eine Gegendarstellung verfassen und zur Personalakte reichen, sofern sich der Arbeitgeber nicht auf Änderung einlässt. Im Übrigen bliebe dann nur noch der gerichtliche Weg .
Änderungsvorschläge meinerseits sind nur schwer zu fassen, da hier ansich das Zeugnis insgesamt zu überarbeiten wäre. Ungeachtet dessen sollten natürlich positive (Note 2) und doppelt positive Verstärker (Note 1) vielmehr eingesetzt werden. Dies sind unter anderem Formulierungen, wie "stets gut"; "jderzeit, immer" oder "stets sehr gut", "in besonderes hohen Maßen", "stets sehr erfolgreich", "äußerst ..." bzw. "stets äußerst", wobei stets hier auch abwechselnd durch die Synonyme "jederzeit und immer" stylistisch verwendet werden sollte.
Sofern Sie zumindest eine überarbeitung des Zeungisses mittels dieser Verstärker zumindest auf der Grundlage des existierenden Zeugnisses wünschen, bitte ich um Rückmeldung. Dennoch halte ich es für zielfördernder, dass hier der Arbeitgeber das Zeugnis insgesamt ändert, da auch mit Blick auf Stellung- und Funktionsbeschreibung viel Ergänzungsbedarf besteht.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Sascha Lembcke
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