Nochmals zu Entsorgung Erdaushub
Fragestellung
Sehr geehrte Frau True-Bohle,
Sie hatten auf meine Frage vom 09.08.2020 zu dem Thema Transport von Aushuberde geantwortet. Zu diesem Thema habe ich noch eine Frage:
Meine Tochter hat mit einem Tiefbauunternehmen einen Vertrag über die Abfuhr und die Entsorgung der Aushuberde geschlossen, die beim Ausbaggern der Baugrube angefallen ist. (Diesen Vertrag hatte ich Ihnen am 09.08.2020 zukommen lassen).
Das Tiefbauunternehmen hat meiner Tochter vor wenigen Tagen die Rechnung zugeschickt. Hier wird auf Grundlage der Massenermittlung eines Vermessungsingenieurs unter anderem die Leistungsposition „Abfuhr und Entsorgung Z0 BK 3-5“ abgerechnet. Die Massenermittlung des Vermessungsingenieurs zeigt genau genommen nur die Menge der Aushuberde auf, die von dem Baugrundstück abgefahren wurde. Sie sagt nichts darüber aus, wieviel Erde wo entsorgt wurde.
Da wir erfahren haben, dass unsere Aushuberde zumindest teilweise auf ein anderes Baugrundstück verbracht wurde, haben wir das Tiefbauunternehmen aufgefordert, uns einen Nachweis zur ordnungsgemäßen Entsorgung (mit Mengenangaben) vorzulegen. Das Tiefbauunternehmen hat dies abgelehnt und auf die Begleichung seiner Rechnung bestanden.
Nun meine Frage hierzu:
Muss das Tiefbauunternehmen uns nicht spätestens nach Aufforderung nachweisen, was mit dem Abfall geschehen Ist? (Mein Kenntnisstand ist, dass Erdaushub generell als Abfall eingestuft wird und der Grundstückseigentümer verantwortlich für eine ordnungsgemäße Entsorgung ist).
Die Menge an Erdaushub, die das Tiefbauunternehmen auf ein anderes Baugrundstück verbracht hat, ist meiner Meinung nach nicht entsorgt, sondern verwertet worden. Dagegen ist wahrscheinlich auch nichts einzuwenden. Verwertung ist bestimmt sinnvoller, als eine Deponierung. Hat das Tiefbauunternehmen hiermit aber nicht etwas anderes getan, als uns in der Leistungsposition „Abfuhr und Entsorgung Z0 BK 3-5“ zugesichert? Hätte es darin von einer Verwertung gesprochen, wären wir mit dem Einheitspreis nicht einverstanden gewesen, da wir unterstellen mussten, dass in dem Einheitspreis auch Deponiekosten enthalten sind.
Mit freundlichen Grüßen
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Antwort von Rechtsanwältin Sylvia True-Bohle
Sehr geehrter Ratsuchender,
Ihre Auffassung ist zutreffend und richtig:
Da hier auch ausdrücklich die Entsorgung vertraglich vereinbart und zugesichert worden ist, ist der Unternehmer verpflichtet, diese Leistungen nachzuweisen.
So haben verschiedene Gerichte schon festgestellt, dass der Unternehmer mit vorzulegenen Entsorgungsnachweise die tatsächlich Entsorgungsleistungen in einem Umfang der vertraglichen Abrechnung darlegen und nachweisen muss (so z.B. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 14.2.2011, Az.: 4 U 3/10)
Das Urteil ist auch insoweit interessant, als dort deutlich ausgeführt worden ist, dass nach Art des Aushubes teilweise zu unterscheiden ist, was dann möglicherweise wichtig sein kann, wenn verschiedene Bodensorten ausgehoben und entsorgt worden sind. Auch das muss das Unternehmen darlegen, damit deren Rechnung nachvollziehbar wird.
Dieses umso mehr, als es eine Aufforderung zur Vorlage der Nachweise gibt und Sie auch recht haben, dass der Grundstückseigentümer häufig die fachgerechte Entsorgung nachweisen muss, was ohne so eine Unternehmerdarlegung eben nicht möglich ist.
Daher sollte die Aufforderung nochmals wiederholt werden und zwar zusammen mit der Erklärung, dass bis dahin das Zurückbehaltungsrecht von Ihrer Tochter ausgeübt wird.
Dieses Zurückbehaltungsrecht bedeutet, dass - zumindest ein Teil - der Summe solange zurückbehalten wird, bis der Unternehmen ordnungsgemäße Nachweise beibringt. Macht er es aber, muss dann der zurückbehaltene Betrag auch nachgezahlt werden.
Es ist also "nur" ein Druckmittel, wobei ein Teilbetrag (ca. 50%) gleichwohl gezahlt werden sollte, da der Unternehmer ja unstreitig Leistungen erbracht hat, der Umfang aber strittig ist. Auch sollte die Zahlung mit dem Zusatz "unter Vorbehalt" erfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 14.12.2011 - 4 U 113/10
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Könnten Sie vielleicht noch etwas zu dem zweiten Teil meiner Frage sagen (siehe letzten Absatz meiner Anfrage). Es geht dabei darum, ob das Tiefbauunternehmen trotzdem auch Anspruch auf die volle Vergütung hat, wenn er einen Teil der Erdmenge (oder vielleicht sogar alles) zu einem anderen Baugrundstück gefahren hat und nicht zu einer Deponie gebracht hat. (Wie wir selbstverständlich bei der Auftragserteilung unterstellt hatten.)
Mit freundlichen Grüßen
das ist offenbar nicht so ganz deutlich geworden:
Diesen Anspruch hat der Unternehmer so nicht.
Es wurden die Bodenklassen 3,4 und 5 angegeben, deren Entsorgung mit im Preis angegeben worden sind.
Solche Bodenklassen können aber nicht auf anderen Grundstücken gelagert werden, so dass eben die Nachweise der Deponie zu erbringen sind.
Wird das nicht gemacht, sollte das Zurückbehaltungsrecht ausgeübt und dann auch nur ein Teil "unter Vorbehalt" gezahlt werden.
Hier ist Ihre Tochter - zutreffend- davon ausgegangen, dass die Entsorgung über die Deponie erfolgt und hat auch nur unter diesen Voraussetzungen das Angebot zu den Preisen (einschließlich Deponiekosten) angenommen.
Insoweit gilt also für Ihre Tochter, dass auf den Empfängerhozizont nach §§ 133, 157 BGB abzustelen ist, d.h. die Auslegung von Willenserklärungen hat nach Verständnis des Empfängers der Willenserklärung zu erfolgen. Dabei muss der Empfänger die Erklärung nach Treu und Glauben und Berücksichtigung der Verkehrssitte auslegen, und darf nicht willkürlich von der ihm günstigsten Auslegung ausgehen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
gerne werden wir Ihrem Rat folgen und eine Teilzahlung „unter Vorbehalt“ leisten.
In der Tat ist meine Tochter davon ausgegangen, dass die Entsorgung über eine Deponie erfolgt.
Die Aussage von Ihnen, dass die Bodenklassen 3, 4 und 5 nicht auf andere Grundstücke gebracht werden kann, ist nach meinen Informationen nicht uneingeschränkt zutreffend.
Eine Rückfrage gestern bei dem Geologe, der für uns zur Beurteilung des Baugrundes ein Bodengutachten erstellt hatte, erklärte mir, dass die Bezeichnung der Bodenklassen zuerst einmal nichts über eine Entsorgungsmöglichkeit aussagt, sondern eine Aussage über die zu erwartenden Schwierigkeit beim Ausbaggern der Baugrube und über die Tragfähigkeit als Baugrund. Lediglich die Bezeichnung Z0 klassifiziert den Erdaushub nach dessen weiterer Entsorgung/Verwertung und bedeutet dass in dem Erdaushub hinsichtlich Fremdstoffen keine Grenzwerte überschritten wurden.
Ich möchte mit diesen meinen Überlegungen lediglich vermeiden, dass das Tiefbauunternehmen letztlich sagen kann: „Es ist doch egal, was ich mit dem Erdaushub gemacht habe. Die Erde ist weggefahren und deshalb muss die vertragliche Vergütung bezahlt werden.
Mit freundlichen Grüßen
es sollen ja ca. 450m³ gewesen sein.
Bei mehr als 50 m³ unbelasteten und unbedenklichen Böden ist aber eine Analyse nach vollem Deponie (!)umfang erforderlich.
Die Weiterverwendung kann DER BAUHERR entweder durch Verarbeitung auf eigenem Grundstück oder durch Verschenken an andere Bauherrn vornehmen.
Daran fehlt es hier aber.
Denn hier wurde die Entsorgung vereinbart und preislich mit Eingebunden.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle