neuer Bescheid gültig?/ Steuerhinterziehung wg. nicht erklärter Rente?
Beantwortet von Steuerberater Dipl. Betriebswirt Günther Grießhaber
Fragestellung
Sehr geehrter Experte,
ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie bitte zu folgendem steuerlichen Sachverhalt Stellung nehmen und meine Fragen beantworten könnten.
Zu erst zum Sachverhalt:
Die Eheleute haben ihre Einkommensteuererklärung 2008 im Kalenderjahr 2009 beim zuständigen Finanzamt eingereicht. Dieses erließ im Juli 2009 den Einkommensteuerbescheid 2008 und im Februar 2010 einen Änderungsbescheid.
Leider wurde es versäumt die Renteneinkünfte des Ehemannes zu erklären, sodass die Rente in den Steuerbescheiden nicht berücksichtigt worden ist.
Im Januar 2016 erließ das Finanzamt einen geänderten Bescheid und berücksichtigte nun die Renteneinkünfte des Ehemanns.
Das Finanzamt begründet eine Änderungsmöglichkeit aufgrund des § 129 AO. Es führt aus, dass lediglich die elektronischen Daten übersehen worden seien. Dies sei eine offenbare Unrichtigkeit.
Ferner wäre meiner Ansicht nach die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen (Ende der Frist: 31.12.2013) und der Bescheid aus Januar 2016 hätte gar nicht mehr erlassen werden dürfen. Hiergegen wendet das Finanzamt ein, dass es sich bei der nicht Erklärung der Rente um eine Steuerhinterziehung gem. § 370 AO handele und daher eine Frist von 10 Jahren anzuwenden sei.
Nachvollziehbar scheint mir, dass die Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung erfüllt worden sind. Bis auf die subjektive Tatsachenvoraussetzung.
Der Ehemann war von ca. 2008 bis zum Versterben in 2011 schwer krank und man hat sich nicht mit den steuerlichen Dingen aufgehalten und die Info über die Renteneinkünfte nicht an den damaligen Steuerberater weitergegeben. Dies ist sicherlich aber ohne Vorsatz geschehen.
Das Finanzamt argumentiert nun, dass es seit Gesetzesänderung 2005 in den Medien publik gemacht worden sei, dass Renten zu versteuern sind. Ferner seien die Eheleute steuerlich beraten gewesen und zumindest der Ehemann der die Rente bezogen hatte, habe seine Mitwirkungspflichten nicht erfüllt. Daraus folgert es, dass eine Steuerhinterziehung zumindest billigend in Kauf genommen worden sei (bedingter Vorsatz).
Nun stellen sich mir folgende Fragen:
Ist die Änderung gem. § 129 AO möglich gewesen?
Liegt hier wirklich eine Steuerhinterziehung vor? Bzw. sind die subjektiven Voraussetzung erfüllt?
Wenn der bereits verstorbene Ehemann eine Steuerhinterziehung begangen hat und sich die Festsetzungsfrist verlängert, können die Einkünfte dann einfach nachträglich berücksichtigt werden, obwohl eine Zusammenveranlagung vorgenommen worden ist? Die Festsetzungsfrist der Ehefrau müsste doch bei vier Jahre verbleiben.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.
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Antwort von Steuerberater Dipl. Betriebswirt Günther Grießhaber
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
auf Basis Ihrer Angaben kann ich Ihnen folgende erste Einschätzung des Sachverhaltes geben:
Offenbare Unrichtigkeiten können jederzeit berichtigt werden. In Ihrem Fall würde ich eine offenbare Unrichtigkeit ebenfalls sehen. Bei einer Zusammenveranlagung bleiben die Ehegatten getrennte Steuersubjekte und es handelt sich um zwei verfahrensrechtlich selbständige Verwaltungsakte.
Eine Änderung nach § 129 AO ist allerdings nur bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist zulässig, wenn es sich um Steuer– bzw. Zinsbescheide handelt (vgl. § 169 Abs. 1 Satz 2 AO). Die regelmäßige Festsetzungsfrist wäre bereits abgelaufen, das haben Sie bereits zutreffend festgestellt.
Abweichend von der regelmäßigen Festsetzungsfrist beträgt die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO 10 Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, oder 5 Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Letztere Frist wäre ebenfalls abgelaufen.
Im Falle einer Steuerhinterziehung wäre eine Änderung tatsächlich noch möglich.
Tatsache ist, dass Einkünfte wegen der Nichterklärung unversteuert geblieben sind und der Steuerpflichtige sich den Fehler leider zurechnen lassen muss. Bitte beachten Sie, dass auch Erben betroffen sein können, wenn unversteuertes Vermögen übergeht.
Ob Vorsatz oder "nur" Leichtfertigkeit vorliegt, ist leider nicht eindeutig zu beantworten. Im Falle eines Strafverfahrens wird man das mit allen Details klären und eine Position vertreten müssen.
Die Gesamtumstände sind dabei zu würdigen: Weshalb z.B. konnte es damals dem Steuerberater nicht auffallen? Was wurde in den Jahren vor 2008 (und ab 2009) erklärt? Wie ist es zu werten, dass man sich „mit steuerlichen Dingen nicht aufgehalten hat“? Diese Aussage könnte z.B. für bedingten Vorsatz sprechen, da damit Fehler bewusst in Kauf genommen werden. Auch frage ich mich, weshalb der Fehler im Jahre 2016 dem FA aufgefallen ist? Es muss einen Grund gegeben haben, das Jahr 2008 nochmal anzuschauen.
Vielleicht gelingt es mit dem Finanzamt den Fall zu besprechen und mit Leichtfertigkeit zu argumentieren. Eine Vermutung, dass es nicht vorsätzlich war, genügt nicht. Falls dies nicht gelingt, würde ich die Sichtweise des FA akzeptieren. Ich vermute, dass an einem Strafverfahren beide Seiten kein Interesse haben.
Auch wenn es nicht in Ihrem Sinne ist, hoffe ich geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
G. Grießhaber
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