missbräuchliche Verweigerung der Zusammenveranlagung
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Thomas,
ich bin Angestellter, meine Frau ist als selbstständige Musikpädagogin tätig, Wie leben seit dem 20.09.2018 getrennt.
Es geht aktuell um die Nachreichung der Steuererklärung für 2017. Meine Frau verweigert die Zusammenveranlagung, obwohl sie dadurch bei einem (im Rahmen anhängiger familiengerichtlicher Verfahren von ihr selbst angegebenen) Jahreseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von ca. 9.600 € keine rechtlichen bzw. finanziellen Nachteile erleidet. Sie möchte sich mit ihrem Antrag auf Einzelveranlagung lediglich für das aus ihrer (wahnhaften) Sicht von mir verschuldete Scheitern unserer Beziehung rächen.
Ich habe ein geringes Nettoeinkommen (ca. 1.750 € mtl, + 194,00 € Kindergeld), zahle für die mir gerichtlich zur alleinigen Nutzung zugewiesene Wohnung mtl. 1000,00 € und trage alle Betreuungskosten für das gemeinsame, bei mir lebende Kind (mir wurde das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen). Da ich keine Rücklagen und kein Vermögen habe, lebe ich permanent am Existenzminimum und würde die hohe Nachzahlung bei Einzelveranlagung keinesfalls leisten können. Kreditaufnahme und Wohnungswechsel sind mir aufgrund schlechter Bonität (Negativeinträge bei der SCHUFA) nicht möglich.
Kann ich mich unter Berufung auf die Missbräuchlichkeit der Weigerung meiner Ehefrau ihrem Antrag auf getrennte (Einzel-) Veranlagung erfolgreich widersetzen?
Im Voraus besten Dank für Ihre kurzfristige Rückäußerung.
Mit freundlichen Grüßen
J.-M. G.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Steuerberater Bernd Thomas
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage aufgrund Ihrer Angaben im Rahmen einer Erstberatung auf yourXpert. Die Beantwortung erfolgt gemäß der von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben. Fehlende oder fehlerhafte Angaben können das rechtliche Ergebnis beeinflussen.
Verletzt ein Ehegatte seine aus § 1353 BGB herzuleitende Verpflichtung, einer Zusammenveranlagung zuzustimmen, so berührt diese Verpflichtung grundsätzlich nicht die steuerrechtliche Wirksamkeit seines Antrags auf getrennte Veranlagung, es sei denn, diese geht ausnahmsweise aus steuerrechtlichen Gründen ins Leere. Steuerrechtlich lässt sich aus dem Gesetz keine Pflicht herleiten, der Zusammenveranlagung aus einer bestehenden gegenseitigen ehelichen Rücksichtnahme zuzustimmen. Die Zustimmung zur Zusammenveranlagung ist zudem steuerrechtlich nicht erzwingbar.
Eine gemeinsame Veranlagung kann also nur bei Vorliegen übereinstimmender Anträge beider Ehegatten durchgeführt werden. Somit verbleibt Ihnen nur, die Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung zivilrechtlich zu erstreiten. Eine solche Pflicht zur Zustimmung wird zumindest für den Zeitraum, als noch die intakte Ehe bestand, von Rechtsprechung befürwortet, insbesondere wenn die Steuerklassenkombination III/V vorgelegen hat. Zu Details darf ich Sie als Steuerberater nicht beraten, hierzu wäre ein Rechtsanwalt zu konsultieren.
Somit würde ich empfehlen, zivilrechtlich gegen die Ehefrau vorzugehen.
Eine gemeinsame Veranlagung kann durchgeführt werden, solange noch nicht von beiden Ehegatten bestandskräftige Einkommensteuererklärungen vorliegen. Ich würde deswegen empfehlen, mit Verweis auf die offene Streitigkeit eine weitere Fristverlängerung beim Finanzamt zu beantragen. Ersatzweise erklären Sie die Steuern und beantragen zunächst gemeinsame Veranlagung, erheben dann gegen einen Bescheid Einspruch mit Verweis auf die offene Streitigkeit mit der getrennt lebenden Ehefrau und beantragen das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des Zivilrechtsstreits.
Gerne stehe ich Ihnen für eine Rückfrage zur Verfügung und im Übrigen würde ich mich, für den Fall, dass Sie mit meiner Beratung zufrieden waren, über eine positive Bewertung hier auf yourXpert sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Thomas
Steuerberater
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