Kündigung wegen Beleidigung einer Vereinsangestellten
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Joachim,
vor kurzem haben Sie uns bereits bei einer Frage weitergeholfen.
Nun hat sich ein Vorfall ereignet wo wir erneut ihr Fachwissen benötigen.
Wir sind ein gemeinnütziger Verein, die Vereinsmitglieder setzen sich aus verschiedenen Betrieben und Vereinen zusammen die alle einem Vereinszweck dienen.
Wir haben zwei Teilzeitkräfte angestellt. Einen Hausmeister und eine Bürokraft für unser Vereinsbüro.
Folgendes hat sich zugetragen. Während einem Plenum wurde ein Streitfall der zwischen Einem und mehreren anderen Betrieben bestand geklärt und aus der Welt geschaffen.
Die Bürokraft äusserte sich gegenüber dem Betrieb der mit den anderen im Streit gelegen war folgendermaßen: "Es gibt Betriebe die sehen die Sache noch nicht als geklärt an."
Dadurch erneut besorgt fragte der Betrieb nach, wer das sei und warum das noch nicht geklärt wäre. Auch nach mehrfachem Nachfragen wollte die Büroangestellte darüber keine Auskunft geben.
Es wurde mehrfach unter Zeugen nachgefragt und jedesmal verweigerte die Büroangestellte die Auskunft.
Auf dem nächsten Plenum wurde die Bürofachkraft nochmals darauf angesprochen. Jetzt stritt Sie ab,
dass sie eine Aussage verweigert habe und auch, dass sich das so zugetragen habe. Nach einem Wortgefecht beschimpfte sie den Betriebsinhaber mit "du spinnst total" und zeigte ihm vor dem gesamten Plenum den Vogel.
Seither fordert der so Beleidigte und nun selbst der Lüge bezichtigte die Kündigung der Büroangestellten.
Hier nun die Frage die sich uns stellt:
wenn der Beleidigte darauf besteht, muss dann der Verein der Büroangestellten die Kündigung wegen Beleidigung aussprechen und wer ist dazu befugt/genötigt, die Vorstände?
Oder ist das eine Sache zwischen dem Beleidigten und der Büroangestellten und muss über ein Arbeitsgericht geklärt werden?
Für Ihre Antwort im Voraus vielen Dank!
Nun eine andere Frage, ist es möglich ihre Antwort, und auch die Antwort zu unserer letzten Frage, separat mit ihrem Briefkopf per Mail zu erhalten, da die Mail-Antwort eine sehr unvormelle Ausstrahlung hat.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim
Sehr geehrter Fragesteller,
herzlichen Dank für die erneute Anfrage und das damit entgegengebrachte Vertrauen.
Vorliegend dürften zwei Punkte relevant sein. Zum einen das Verhältnis der Angestellten zu dem Beleidigten und ob es hier überhaupt eine Beleidigung gewesen ist.
Letzteres könnte man wohl annehmen, wenn Jemandem ein Vogel gezeigt worden ist. Dies wird in der Rechtsprechung in der Regel als Beleidigung angenommen, dagegen die Wortwahl „du spinnst total“, würde ich eher als Tatsachenfeststellung sehen, die gegebenenfalls etwas ausfallend gewählt worden ist.
Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass es sich hier möglicherweise um ein Streitgespräch gehandelt hat, bei dem die Gemüter sicherlich erhitzt gewesen sind.
Auf der anderen Seite ist zu sehen, dass der Verein hier als Arbeitgeber fungiert und die entsprechenden Betriebe ihr sodann, so habe ich dies zunächst verstanden, Mitglieder des Vereins sind.
Insofern sind die Betriebe keine direkten Arbeitgeber, sondern nur Mitglieder des Arbeitgebers, haben allerdings auch eine entsprechende Beziehung zu den Arbeitskräften.
Zu ihren konkreten Fragen:
Der Verein hat den Arbeitsvertrag geschlossen und ist insofern zunächst auch einziger Ansprechpartner des Arbeitnehmers. Die einzelnen Betriebe als Vereinsmitglieder können nur im Rahmen ihrer Mitgliedereigenschaft auf den Verein einwirken hier bestimmte Dinge zu tun. Dabei ist ein Betrieb, also ein Mitglied, nicht berechtigt, hier eine Kündigung durchzusetzen. Er kann sie zwar fordern, formal müsste er dann durch die Mitgliederversammlung einen Beschluss erwirken, dass der Verein den Arbeitnehmer kündigen soll.
Insofern kann zur jetzigen Konstellation der Betrieb als Vereinsmitglied keine Kündigung alleine durchsetzen.
Daneben ist natürlich auch zu fragen, ob hier eine Kündigung möglich ist. Wir unterscheiden zwischen der fristlosen und der ordnungsgemäßen (fristgemäßen) Kündigung, wobei Sie für eine fristlose Kündigung immer einen Grund benötigen. Dieser könnte hier in der Beleidigung zu sehen sein und dem Vogel zeigen. Dabei setzt eine fristlose Kündigung auch in der Regel voraus, dass eine Abmahnung hinsichtlich des Verhaltens vorher ergangen ist. An einer solchen fehlt es hier. Eine Abmahnung ist nur dann entbehrlich, wenn das Verhalten so stark gegen den Arbeitsvertrag und die Pflichten des Arbeitnehmers verstößt, dass es nicht weiter zumutbar ist, ihn zu beschäftigen.
Dies sehe ich hier nicht, was natürlich argumentativ auch anders gesehen werden kann.
Ich denke, dass es sich hier um ein Streitgespräch gehandelt hat und eine daraus provozierte Reaktion der Arbeitnehmerin entstanden ist, die in ihrer Rage sich hier zu dem Fehlverhalten hinreißen hat lassen.
Insgesamt sehe ich hier jedoch kein Grund für eine fristlose Kündigung, sondern höchstens einen Abmahnungsgrund, sich hier gegenüber den Mitgliedern des Vereins ordnungsgemäß zu verhalten.
Daneben könnte allerdings jederzeit eine ordnungsgemäße Kündigung ohne Kündigungsgrund ergehen, da nach ihren Angaben nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden.
Sofern das Vereinsmitglied meint, hier beleidigt worden zu sein, kann es natürlich parallel zur einer möglichen arbeitsrechtlichen Streitigkeit Strafanzeige stellen oder auch vor dem Amtsgericht Unterlassung fordern.
Ob hier Schmerzensgeldansprüche oder weiterer Schadenersatz bestehen, kann ich zunächst nicht beurteilen.
Dies wäre dann aber nicht die Sache des Vereins.
Gerne kann ich Ihnen meine Antwort auch per E-Mail übersenden. Hierzu benötige ich dann ihre E-Mail-Adresse.
Bis dahin hoffe ich, dass ich Ihre Fragen hilfreich beantwortet habe und stehe Ihnen gerne weiterhin zur Verfügung.
Über eine anschließende positive Bewertung freue ich mich.
Viele Grüße
Christian Joachim
Rechtsanwalt
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