Keine 1. Tätigkeitsstätte
Fragestellung
Als Geschäftsführer 2er Firmen, welche 130 und 250 km von meinem Wohnort entfernt sind, wird mir vom AG ein KFZ gestellt, für das ich lediglich die Fahrten zw. Wo-Arbeit angeben und den geldwerten Vorteil versteuern muss.. Gleichzeitig fahre ich noch 1 x pro Woche noch in ein Firmenbüro mit 30 Entf.-km. Alle 3 Stationen werden gleichmäßig von meinem Wohnort angefahren. 1 x pro Woche mache ich Homeoffice.
Frage: ist es möglich, keine 1. Tätigkeitsstättte zu haben (um die Versteuerung des geldw. Vorteils zu vermeiden)?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Steuerberater Eduard Bardorf
Sehr geehrter Ratsuchender,
nach der von Ihnen geschilderten Konstellation sind Sie in zwei Firmen tätig.
Die Antwort hängt entscheidend davon ab, ob Sie ein oder zwei Dienstverträge haben.
Ich gehe von einem Dienstvertrag aus, da Ihnen von einem Arbeitgeber ein Dienstwagen überlassen wird. Ich gehe nicht davon aus, dass Sie zu zwei verschiedenen Firmen jeweils einen Dienstvertrag haben, da das Fahrzeug nur von einer Firma überlassen werden kann.
Nach § 9 Abs. 4 Satz 5 EStG hat ein Arbeitnehmer je Dienstverhältnis höchenstens eine erste Tätigkeitsstätte. Hätten Sie zwei Dienstverhältnisse, wäre fraglich, welchem Dienstverhältnis die Kfz-Nutzung zuzurechnen wäre und u. U. negativ die Tätigkeitsstätte dieses Arbeitgebers relevant. Ich unterstelle zu Ihren Gunsten, dass die Fa. den Dienstwagen stellt, die das Büro in 30 km Entfernung unterhält. Sonst sieht es u. U. schlecht aus.
Als erste Tätigkeitsstätte gilt die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternemens (§15 Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Diese dauerhafte Zuordnung wird dienstvertraglich oder durch dienstliche Weisungen unbefristet oder mindestens für 48 Monate bestimmt. Ist die Zuordnung nicht so langfristig, scheidert die
Es kommt deshalb auf Ihre arbeitsvertraglichen Vereinbarungen an.
Fehlt eine solche eindeutige dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnung, so ist nach § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft
- Typischerweise arbeitstätglich tätig werden soll oder
- je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
Unter der Voraussetzung, dass Ihnen Sie nur einen Arbeitsvertrag haben, bzw. nur von einer Fa. einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt wird, beurteile ich Ihre Situation wie folgt:
Maßgebend ist die Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte im Arbeitsvertrag. Hierzu haben Sie keine Angaben gemacht. Fehlt diese, kommt es auf die dienstrechtliche Weisung der Gesellschaft als Arbeitgeber an.
Unklar bleibt in Ihren Angaben die tägliche Fahrtstrecke. Es verbleiben 4 Arbeitstage mit Dienstfahrten.
Sie schreiben, Sie fahren die drei Stationen gleichmäßig an. Einmal die Woche fahren Sie zu einem Büro nur 30 km entfernt.
Wenn Sie dort regelmäßig ganztätig arbeiten und dies im Arbeitsvertrag als erste Tätigkeitsstätte deklariert wurde, könnte die Besteuerung auf diese Tätigkeitsstätte erfolgen.
Fehlt diese Anweisung oder ist diese Bestimmung nicht eindeutig, so wäre die der Wohnung örtlich am nächsten liegende Tätigkeitsstätte die erste Tätigkeitsstätte, wenn die quantitativen Voraussetzungen erfüllt sind.
Sie haben zwingend immer dann eine erste Tätigkeitsstätte je Dienstverhältnis, wenn sie an einer Tätigkeitsstätte, die sie nicht täglich anfahren, mindestens wöchentlich zwei volle Arbeitstage oder mindestens auch ein Drittel Ihrer vereinbarten Arbeitszeit verbringen.
Fehlt eine vertragliche oder dienstliche Festlegung der ersten Arbeitsstätte und werden auch die vorstehenden quantitativen Aufenthaltszeiten je Woche nicht erreicht, hätten Sie keine erste Tätigkeitsstätte.
Diese Handhabung gilt auch für die Mehraufwendungen für Verpflegung (§ 9 Abs. 4a). Eine Tätigkeit außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte wäre eine auswärtige Tätigkeit.
Sollten Sie weit weniger als 180 Arbeitstage an der ersten Tätigkeitsstätte dauerhaft arbeiten, könnten Sie beim AG beantragen, statt nach der 0,03% Methode x km die sogenannte 0,002% Regelung nach genauen Fahrttagen vereinbaren.
Diese Regelung dürfte bei Ihnen immer günstiger sein, da Sie vermutlich nicht im Monat, falls zutreffend, durchschnittlich mind. 15 Arbeitstage zu einer denkbaren ersten Tätigkeitsstätte fahren. Diese Überlegung gilt nur, wenn Ihnen eine erste Tätigkeitsstätte zuzurechnen ist.
52 Wochen a 5 Tage 260 Tage
abzüglich Feiertag ca. 10 Tage
abzüglich Urlaubstage 30 Tage
abzüglich Homeoffice 45 Tage
verbleiben 175 Tage
abzüglich Krankheit
abzüglichen Außendienst / Fortbildung
abzüglich Tage mit Fahrten nur zur zweiten Tätigkeitsstätte
Normalerweise ist der Arbeitnehmer an die gewählte Regelung je Kalenderjahr gebunden. In der Fachliteratur wird diskutiert, bei weniger als 180 Arbeitstagen mit Kfz-Nutzung wegen der Coronakrise aus rückwirkend wechseln zu können. Bei der 0,002 %-Regelung muss der AN die tatsächlichen Fahrttage durch eine Aufzeichnung – kein Fahrtenbuch – nachweisen.
Wäre keine erste Tätigkeitsstätte gegeben, läge nur steuerfreie Dienstfahrten in Rahmen einer Auswärtstätigkeit und keine Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte vor.
Eine nicht einfache Fragestellung, für die das Honorar zu niedrig bemessen war. Der Steuerberater erhält 65% aus 36 € /1,19 = 19,66 € netto.
Aber vielleicht brauchen die Firmen ja einmal einen pfiffigen Steuerberater.
Für eine positive Bewertung bedanke ich mich im Voraus.
Mit freundlichen Gruß
Bardorf Eduard
Steuerberater u. vereidigter Buchprüfer
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