Kaufvertrag Immobilie Beschaffenheitsvereinbarung
Fragestellung
Sehr geehrter Herr RA. Marko Liebich,
habe fragen zur Beschaffenheit, folgender Sachverhalt,
2015 habe ich ein Mehrfamilienhaus 5 Parteien freistehendes Objekt gekauft,
zu den Vorvertragsverhandlungen wurde mir die handschriftliche Kaltmieten einnahmen Auflistung der 5 Mietparteien übergeben, passend die fünf bestehenden Mietverträge zum Abgleich vorgelegt gezeigt, diese wurden wieder Mitgenommen und nach späterem Vertragsabschluß direkt mir ausgehändigt, wie Nebenkosten Abrechnungen des Vorjahres. Alles stimmte mit den mir schriftlichen Kaltmieteinahmen überein.
Gilt dies als Beschaffenheitsvereinbarung, dies wurde mit folgendem Wortlaut im Kaufvertrag so übernommen:
" Dem Käufer sind die bestehenden mietvertraglichen Vereinbarungen bekannt und werden übernommen und gehen an den Käufer über."
All das wurde von mir und den Verkäufern bejaht.
Das Haus ist auch entsprechend so voll vermietet, nun stellte sich heraus das es zum Teil rechtswidrig laut Behörde vermietet ist, § 8 Ist der gewährleistung ausgeschlossen , jedoch bei beschaffenheits Mangel, greift doch nicht der Gewährleistungsausschluss? Würde mich freuen wenn Sie mir das fundiert beantworten könnten. Verbleibe mit freundlichen Grüßen
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Marko Liebich
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
Ihre Frage beantworte ich aufgrund der von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen wie folgt. Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung Ihrer Frage vom zur Verfügung gestellten Sachverhalt abhängt und sich durch das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen eine andere rechtliche Bewertung ergeben kann. Die von Ihnen hochgeladene Datei „Scan_20180611_173529.jpg“ ist für mich leider nicht auffindbar. Ich kann Ihre Fragen daher nur auf der Basis des Fragetextes beantworten.
1. Begriff der Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB
Eine Beschaffenheitsvereinbarung wird durch eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Parteien über die Eigenschaften der Kaufsache charakterisiert. Hierzu gehört aber auch all das, was der Verkäufer dem Käufer gegenüber als vorhandene Eigenschaften der Sache beschreibt, sofern der Käufer vor diesem Hintergrund seine Kaufentscheidung getroffen hat. Die – auch nur beschreibenden – Erklärungen des Verkäufers werden damit zum Inhalt des Vertrages und damit zur Beschaffenheitsvereinbarung. Als Beschaffenheitsvereinbarung ist es auch anzusehen, wenn auf technische Spezifikationen, insbesondere auf technische Regelwerke und Normen (z.B. DIN, Prüfzeichen usw.) Bezug genommen wird.
2. Auswirkungen der Beschaffenheitsvereinbarung auf die Haftung
In notariellen Kaufverträgen über eine Immobilie wird die Haftung für Sach- und Rechtsmängel üblicherweise gem. § 444 BGB ausgeschlossen. Ein solcher Haftungsausschluss ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) jedoch dahingehend auszulegen, dass hiervon Beschaffenheitsvereinbarungen nicht umfasst sind, weil andernfalls Beschaffenheitsvereinbarungen für den Käufer nutzlos wären (BGH, Urteil vom 06.11.2015, Az.: V ZR 78/14. Ist also im notariellen Kaufvertrag eine bestimmte Miethöhe vereinbart, dann kann diese Vereinbarung nicht durch einen Gewährleistungsausschluss gem. § 444 BGB umgangen werden.
3. Formbedürftigkeit der Beschaffenheitsvereinbarung
Zu beachten ist jedoch, dass gem. § 311b BGB eine Beschaffenheitsvereinbarung - ebenso wie der gesamte Grundstückskaufvertrag - zur Wirksamkeit der notariellen Beurkundung bedarf. Wurde das Formerfordernis nicht beachtet, führt dies zur Nichtigkeit der Vereinbarung.
4. Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung in Ihrem Fall
Mit dem Verkäufer vorab mündlich vereinbart war in Ihrem Fall, dass das Objekt voll vermietet ist und somit eine bestimmte Miethöhe erreicht wird. Allerdings hat diese Vereinbarung keinen ausdrücklichen Eingang in den notariellen Kaufvertrag gefunden, da dort lediglich ausgeführt wurde: „Dem Käufer sind die bestehenden mietvertraglichen Vereinbarungen bekannt und werden übernommen und gehen an den Käufer über.“, was letztlich schlicht der geltenden Rechtslage (Kauf bricht nicht Miete) entspricht.
Demgegenüber hat der BGH aber in der o.a. Entscheidung ausgeurteilt, dass er: "die Rechtsfrage dahin [entscheide], dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB führt."
Da in Ihrem Fall keine eindeutige Vereinbarung zur Miethöhe oder dahingehend getroffen wurde, dass das Objekt weiterhin vermietbar sein wird oder im Einklang mit den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht, sehe ich hier leider keine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung als gegeben an. Demnach wäre die Frage der Vermietbarkeit von dem von Ihnen beschriebenen Haftungsausschluss betroffen, weshalb – selbst bei Vorliegen eines Sachmangels gem. § 434 BGB – keine kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden können.
5. Anspruch aus vorvertraglicher Pflichtverletzung
In Betracht kommt in Ihrem Fall aber ein Anspruch wegen der Verletzung vorvertraglicher (Aufklärungs-) Pflichten gem. §§ 280 Abs. 1 iVm. 311 Abs. 2 und 241 Abs. 2 BGB. Ein derartiger Anspruch gegen den Verkäufer steht dem Käufer immer dann zu, wenn dieser unrichtige Angaben über Eigenschaften der Immobilie macht oder Sie über Umstände nicht aufklärt, welche erkennbar für Sie von Bedeutung sind. Dies dürfte bei der Frage der öffentlich-rechtlichen Einschränkungen der Vermietbarkeit der Fall sein, da Ihre Kaufentscheidung im Falle eines Renditeobjekts (hiervon gehe ich angesichts eines Mehrfamilienhauses mit 5 Wohneinheiten aus) in jedem Fall erheblich davon abhängt, ob die Wohnungen weiterhin vermietet werden können.
Hat der Verkäufer hier ausdrücklich bewusst unrichtige Angaben gemacht, so steht Ihnen im vorliegenden Fall wahrscheinlich ein entsprechender Schadenersatzanspruch zu. Dasselbe dürfte gelten, wenn Ihnen der der Verkäufer diese wichtige Information bewusst vorenthalten hat (vorvertragliche Aufklärungspflicht), allerdings ist das Vorliegen einer solchen Aufklärungspflicht vor Gericht nicht immer leicht zu begründen, da der Käufer sich grundsätzlich selbst informieren bzw. nachfragen muss. Zudem stellt sich in diesem Zusammenhang natürlich immer die Frage der Beweisbarkeit.
Die Höhe des Schadensersatzes errechnet sich dann nach der Rechtsprechung des BGH (s.o.) anhand des aus den verminderten Mieteinnahmen resultierenden Minderwerts des Grundstücks. Dies würde dann in einem Gerichtsverfahren per Sachverständigengutachten bestimmt werden.
6. Schlusswort
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich und ausführlich genug beantwortet und Ihnen erste Anhaltspunkte für Ihr weiteres Vorgehen in dieser Angelegenheit gegeben zu haben. Ich bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Sollten Sie in dieser Angelegenheit weitere Unterstützung durch einen Rechtsanwalt benötigen, so stehe ich hierfür ebenfalls gern zur Verfügung. Meine Kanzlei ist auch auf bundesweite Mandate ausgerichtet, so dass Ihnen hierdurch keine Mehrkosten entstehen.
Ansonsten wünsche ich noch ein angenehmes Wochenende.
Mit freundlichen Grüßen
Liebich
Rechtsanwalt
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dass Ihnen die Mietverträge etc. übergeben wurden, ändert nichts daran, dass es hierzu keinen Passus im Kaufvertrag gibt - alle Vereinbarungen müssen sich im notariell beglaubigten Kaufvertrag bzw. dessen Anlagen befinden, andere Vereinbarungen sind formunwirksam. Im Ergebnis läuft es hier daher aus meiner Sicht auf den angesprochnenen Schadenersatzanspruch wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung hinaus, den Sie von einem Rechtsanwalt detailliert und unter Vorlage aller Unterlagen prüfen lassen sollten. Einen Anspruch aufgrund einer Vertragsverletzung (Sachmangel) haben SIe hier aufgrund des Haftungsausschlusses meines Erachtens nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Liebich
Rechtsanwalt
Mit freundlichen Grüßen