Kaufrecht: Mangelhafte Ware - Nacherfüllung abgelehnt
Fragestellung
Bei einem Händler A. für Camping Bedarf wurde online eine Wohnwagen Markise (5m lang und ausgerollt 2,3m breit) bestellt und durch einen, vom Händler A. beauftragten, Großhändler B. direkt per Spedition an den Käufer geliefert. Das Paket und die Markise wiesen augescheinlich keinerlei Beschädigungen auf - also weder am Karton, der Schutzfolie, dem Markisensack, noch Dachlagen darüber (bei aufgerollter Markise) Die Stelle (siehe Bild im Anhang) wurde erst bemerkt, als die Markise für die Montage ausgerollt werden musste.
Zum Zeitpunkt des ausrollens befanden sich keinerlei scharfkantige Gegenständer in Reichweite. Beim Entfernen der Kartonage und deren Klammern am Lagerort (nicht am Wohnwagen) war die Markise durch die Plastikfolie und den Außensack geschützt. Danach wurde die im Sack verpackte Markise zum Wohnwagen getragen und in Position gebracht. Erst hier ist der Markisensack geöffnet und die Markise selbst ausgerollt worden. Während des anschließenden Einziehvorgangs in den Keder ist die schadhafte Stelle direkt nach den ersten ca. 40cm Einzug entdeckt worden. Dies war weder im eingerollten Zustand, noch beim Ausrollvorgang direkt ersichtlich. Der Vorgang wurde umgehend gestoppt - die Markise war nie komplett montiert. Die beschädigte Stelle befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht im Bereich des Keders oder der Kederöffnung. Eine Beschädigung durch die Kederöffnung kann somit ausgeschlossen werden.
Der Schaden wurde am Tag der Montage (2 Tage nach Anlieferung) umgehend dem Händler A. gemeldet, der wiederrum den Großhändler B. (und dieser den Hersteller) darüber in Kenntnis setzte. Auf Grund der vorliegenden Bilder geht der Hersteller von einer mechanischen Beschädigung aus die auf keinen Fertigungs- oder Materialfehler zurückzuführen ist. Die Beschädigung ist vermutlich bei der Montage am Fahrzeug entstanden indem das Dach durch einen scharfkantigen Gegenstand ( Kederleiste, Kartonklammer etc.) in Berührung gekommen sein muss. Aufgrund dieses Umstandes lehnt der Hersteller einen Ersatz auf Gewährleistung oder Kulanz ab. Dem schließen sich Großhändler B. und der direkt beauftragte Händler A. an.
Die schriftliche Aufforderung zur Ersatzlieferung wurde abgelehnt. Email Schriftverkehr liegt vor.
Frage: Da keine Einigung erzielt werden kann, stellt sich die Frage ob der Käufer eine Ersatzlieferung oder den Kaufbetrag (knapp 600 Euro inklusive Transport) gerichtlich einklagen kann? Oder hätte die Klage auf Grund der Beweislage/Situation/Gesetzeslage keine Chance ?
Anhänge:
Bild 1653: Beschädigung im Detail
Bild 1668+1669: Bild vom Wohnwagen mit der angesprochenen "Kederleiste" bzw. Nutschiene in die die Markise eingezogen wird. Es handelt sich um eine Aluschiene deren untere Öffnung angeblich den Schaden verursacht haben soll. Die Markise wurde zur Veranschaulichung nochmals in Position gehalten (nicht in die gebogene Schiene eingezogen) in der sie sich bei Entdeckung der Beschädigung befand. Wie man sieht befindet sich der beschädigte Bereich (durch den Zollstock gekennzeichnet) nicht in unmittlerbarer Nähe der Öffnung.
Bild 1654: Hier sieht man das sich die beschädigte Stelle in aufgerolltem Zustand (bei Anlieferung bzw während des auspackens / der Entfernung der "Kartonklammern") im inneren befindet und von weiteren Lagen der Markise überdeckt wird. Zum Schluss ist sie dann durch den Markisensack (links im Bild mit Reisverschluss am Rand) nochmals geschützt
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Antwort von Rechtsanwalt Johannes Kromer
Sehr geehrter Ratsuchender,
wie Sie bereits selber anmerken, ist dies eine Frage der Beweislast.
Maßgebliche Frage ist, ob die Markise zum Zeitpunkt des sogenannten Gefahrübergangs mangelfrei war.
Beim Verbrauchsgüterkauf gelten hier gewisse Erleichterungen für den Käufer. Ich gehe davon aus, dass bei Ihnen ein Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 BGB vorliegt, da Sie die Markise als Privatperson für private Zwecke von einem Händler erworben haben.
Nach § 476 BGB besteht hier zugunsten des Käufers eine Beweislastumkehr: Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Es stellt sich hier die Frage, ob hier die Art des Mangels (Kratzer/Riss) nicht mit dieser Vermutung vereinbar ist.
Der Bundesgerichtshof hat hierzu bereits für Fallgestaltungen Stellung bezogen, in denen der Mangel typischerweise jederzeit nach Übergabe eintreten kann. In diesem Fall ging es um Karosserieschäden an einem PKW. Hier ist die Vermutung laut BGH dennoch anwendbar, jedenfalls, wenn es sich um die Schäden handelt, die einem nicht fachlich versierten Käufer nicht sofort auffallen müssten. (BGH, Urteil vom 14. 9. 2005 - VIII ZR 363/04)
So sehe ich die Situation auch bei Ihnen. Der Mangel war ja gerade erst beim Aufbau bemerkbar. Damit muss der Verkäufer konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, warum der Schäden nicht bei Ihm verursacht wurde. Nach meiner persönlichen Ansicht reicht hierzu der Hinweis auf Ihre Kederleiste nicht aus. Allerdings muss ich leider betonen, dass dies in gewisser Weise letztlich auch davon abhängen wird, wie ein Richter dies beurteilen wird. Insoweit ist in solchen Fällen leider immer ein gewisser Ermessensspielraum gegeben, so dass eine Klage in der Tat risikobehaftet wäre. Allerdings überwiegen nach meiner Ansicht die Chancen.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Kromer
Rechtsanwalt
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leider musste ich Ihre Anfrage ablehnen. Sollte es zu einem Gerichtsverfahren kommen, steht der Fahrtaufwand nicht mehr mit den Gesamtkosten in Relation. Zwar könnte man hierzu auch einen weiteren Anwalt zur Prozesswahrnehmung beauftragen, allerdings wäre auch dies mit weiteren Kosten verbunden.
Ich erachte es daher für sinnvoll, sich hier von einem regionalen Anwalt vertreten zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Kromer