Kaufpreisaufteilung Gebäudekomplex mit späterem anteiligen Verkaufsinteresse
Fragestellung
Sehr geehrter Steuerexperte,
ich plane in naher Zukunft den Kauf eines Gebäudekomplexes welches aus mehreren Ein- und Mehrfamilienhäusern besteht. Da das Objekt sehr groß ist und ich aus Renditesichten glaube mit dem Verkauf der freistehenden Häuser einen hohen Verkaufspreis erzielen zu können überlege ich nach dem Kauf des Gesamtkomplexes eine Aufteilung und Teilverkauf von zwei Teilen.
Meine Frage wäre wie ich diese Kaufpreisverteilung nun am besten bereits im Notarvertrag verankern kann um dann im Rahmen des Verkaufs einen möglichst geringen Verkaufsgewinn erzielen kann.
Grundbuch 1: 1505qm Grund und 985qm verteilt auf 4MFH + 2 EFH.
Grundbuch 2: 395qm Grund nur Schuppen
Aus der Boris Datenbank NRW:
Bodenrichtwert 275,-EUR pro QM
Immobilienrichtwert Ein- und Zweifamilienhäuser: 2.240,-EUR pro QM
Immobilienrichtwert Eigentumswohnungen: 1.200,-EUR pro QM
(Richtwerte für jüngeres BJ)
Aktuell sieht meine Überlegung (Aufteilung) im Notarvertrag wie folgt aus:
120.000€ für Haus Nr. 75b (80qm) ohne Grundstück
115.000€ für Haus Nr. 79a(75qm) ohne Grundstück
120.000€ für Flurstück 194 mit einer Fläche von 395qm ohne Bebauungsobjekte
560.000€ für Flurstück 173 mit einer Fläche von 1505qm inklusive der Gebäude Nr. 79, 81,83 und 83a mit einer Wohnfläche von 828qm
Die vorgeschlagenen Preise für die freistehenden Häuser sind realistisch, meine Frage geht in die Richtung ob ich hier zwingen eine Gleich Verteilung der Objektflächen annehmen muss, da die Quadratmeterpreise für die Restliche Wohnfläche sich mit diesem Vorschlag dann auf 573EUR pro qm belaufen würden. Die der zum Verkauf stehenden Flächen würden jedoch dann mit 1500EUR pro qm veranschlagt werden.
Können Sie mir konkrete Vorschläge für meinen Notarvertrag geben insbesondere vor dem Hintergrund der Veräußerung der beiden freistehenden Gebäude zzgl. Grundstück? Wenn ich dann das Objekt 75b+79a sowie das Flurstück 194 für 355.000EUR verkaufe würde hieraus kein Verkaufserlös steuerlich anfallen oder sehe ich das falsch?
Viele Grüße
D. R.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Knut Christiansen
Guten Tag und vielen Dank für Ihre Anfrage bei yourXpert, die ich Ihnen gerne im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten möchte.
Vom Grundsatz her geht das Finanzamt erst einmal davon aus, dass Verträge unter fremden Dritten fremdüblich sind und anzuerkennen sind. Allerdings können Sie ein Gebäude nicht ohne den dazugehörigen Grund und Boden erwerben oder verkaufen. Der anteilige Grund und Boden gehört immer zum Gebäude dazu. Sie müssten immer einen Gesamtkaufpreis für ein Grundstück (inkl. Gebäude) vereinbaren. Somit wäre es grundsätzlich möglich, die Anschaffungskosten in einem gewissen (vertretbaren oder objektiv darstellbaren) Umfang zu verlagern.
So hat der BFH im Jahr 2015 entschieden:
Eine vertragliche Kaufpreisaufteilung von Grundstück und Gebäude ist der Berechnung der AfA auf das Gebäude zugrunde zu legen, sofern sie zum einen nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zum anderen das FG auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung von den das Grundstück und das Gebäude betreffenden Einzelumständen nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertragliche Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint (BFH Urteil vom 16.9.2015, IX R 12/14, BStBl II 2016, 397). Das FG hat im Rahmen der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage im Einzelfall zu prüfen, ob nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung bestehen. Es darf sich nicht darauf beschränken, die vertragliche Aufteilung steuerrechtlich nachzuvollziehen, sondern hat das Ergebnis durch weitere Umstände, insbes. der objektiv am Markt erzielbaren Preise bzw. Verkehrswerte zu verifizieren. Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten rechtfertigt es aber nicht ohne Weiteres, diese an die Stelle der vereinbarten Werte zu setzen oder die auf Grund und Gebäude entfallenden Anschaffungskosten zu schätzen. Es handelt sich lediglich um ein Indiz dafür, dass die vertragliche Aufteilung ggf. nicht die realen Werte wiedergibt. (Quelle: smartsteuer.de)
Wie man daran erkennen kann, ist ein gewisser Spielraum möglich, der aber nicht überspannt werden sollte.
Ich würde Ihnen daher anraten darüber nachzudenken, die Grundstücke einzeln zu erwerben (Einzelurkunden), damit diese als separate Kaufverträge gewertet werden können und hier verschiedene Kaufpreise zugrunde gelegt werden können. Dann wäre schon mal ein direkter Vergleich nicht ohne weiteres möglich.
Ich hoffe Ihre Frage damit beantwortet zu haben, sonst stellen Sie gerne kostenfreie Rückfragen ein.
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass dieses Forum eine ausführliche und persönliche steuerliche Beratung nicht ersetzen kann, sondern vor allem dafür gedacht ist, eine erste steuerliche Einschätzung zu ermöglichen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen könnte die rechtliche Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Christiansen
Steuerberater
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wenn es möglich wäre die Objekte einzeln zu erwerben dann hätte ich keine offenen Fragen und würde mich auch keinesfalls an Experten wenden. Es ist AUSGESCHLOSSEN eine Teilung der Grundstücke und Gebäude vor Kauf abzuwickeln, das ist ja das Thema! Es gibt nur einen einzigen Kaufpreis für a) Flurstück 194 unbebaut mit 395qm Boden und einem anderen Flurstück mit 4 MFHs+2 EFH und 1505qm Grund zusammen.
Meine Frage zielt daher darauf ab ich dennoch eine Aufteilung wie beschrieben vornehmen kann. Das eine Aufteilung in gewissem vertretbaren Rahmen durchgeführt werden kann ist mir klar, die Frage ist ob der von mir Skizzierte Vorschlag in diesem Rahmen liegt und nicht ob es einen gibt (wenn ich nicht wüsste das es einen gibt hätte ich den Aufteilungsvorschlag nicht gemacht).
Vielen Dank für Ihre konkrete Einschätzung
Viele Grüße
D. R.
das ein Einzelerwerb kategorisch ausgeschlossen ist, konnte ich nicht wissen. Daher der Ratschlag.
Wie bereits geschildert ist das Finanzamt lt. dem zitierten BFH-Urteil grundsätzlich erst einmal an die im Kaufvertrag vermerkten Werte gebunden. Es kann starke Abweichungen jedoch als Indiz für eine unsachgemäße Bewertung angesehen werden und würde dann ggfs. weiter prüfen. Insbesondere könnte entscheidend sein, ob es objektiv nachvollziehbare Gründe (Bausubstanz der Objekte 79,71,83,83a) gibt, die einen Abschlag von den Richtwerten rechtfertigt.
Grundsätzlich halte ich die von Ihnen angesetzten Werte isoliert betrachtet für das Flurstück 194 sowie für die Objekte 75b + 79a für insgesamt in Ordnung. Jedoch ergibt sich insofern ein gewisses Missverhältnis, weil die anderen Objekte wesentlich günstiger sind. Hier kann es sein, dass das Finanzamt dann eine gleichmäßige Verteilung der Kosten auf alle Objekte anstrebt. Dieses kann dann wahrscheinlich nur durch Gutachten widerlegt werden.
Planen Sie denn das Flurstück 173 inkl. der Immobilien auch zeitnah zu verkaufen oder wollen Sie diese über 10 Jahre halten?
https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/druckvorschau.py?Gericht=bfh&Art=en&nr=32563
nach dem Kauf soll das Objekt in drei Teile geteilt werden.
1) Objekt 75b + 400qm Grund aus Flurstück 173 + 395qm Grund aus Flurstück 194
2) Objekt 79a +Grund ca 150qm
3) Der Rest = 79,81,83,83a mit Restgrundstück
1) Und 2) sollen dann nach der Teilung verkauft werden und der Rest min. 10-Jahre im Bestand verbleiben.
Aber genau um die Frage der Ungleichgewichtung geht es mir ja in meinem Fall. Teile ich das Gebäude auf wie beschrieben, so halte ich mich für die Verkaufsobjekte an den allgemeinen Werten der Boden- und Immobilienrichtwerten. Teile ich das Gebäude allerdings quotal nach mit dem Verkaufspreis und der Wohnfläche so komme ich auf komplett andere Werte.
Trage ich alle Werte in das xls File der steuerlichen Berechnung des Grundstückspreises ein, so entfällt 44,7% des Kaufpreises auf das Grundstück und 55,3% des Kaufpreises auf Gebäude wobei dies dann einem Preis von 554EUR pro qm entspricht was natürlich nicht realitätsnah ist.
Die Frage ist halt welche Aspekt überwiegt und wie man hier bereits im Vorfeld Tatsachen schaffen kann.
Vielen Dank für Ihre Einschätzung.
grundsätzlich sehe ich es als kritisch an, wenn das Ungleichgewicht in dieser Größenordnung besteht, da das Finanzamt spätestens beim Verkauf der drei Objekte die Anschaffungskosten selbst ermitteln bzw. auf Plausibilität überprüfen wird. Hier KANN (muss aber nicht) es sein, dass die im Kaufvertrag genannten Werte nicht akzeptiert werden, weil Ihnen Gestaltungsmissbrauch zur Last gelegt wird. Dies ist aber nicht vorhersehbar, sondern nur im Rahmen einer Abwägung zu beurteilen.
Im Wesentlichen kommt es hier auf den Sachbearbeiter an und wie genau dieser prüft.
Sie werden meines Erachtens mehr Erfolg haben können, wenn Sie sich was die Aufteilung betrifft insgesamt etwas annähern und der Unterschied max. 20% betrifft. Schön wäre es natürlich, wenn Sie objektiv nachvollziehbare Gründe vorweisen könnten, warum die Objekte 79,81,83 und 83a ggfs. im Wert gemindert sind (Bausubstanz, Lage, Baujahr).
Meist empfehle ich im Vorfeld das Einholen einer verbindlichen Auskunft, wenn ein steuerlicher Sachverhalt, wie hier nicht eindeutig beantwortet werden kann. Die verbindliche Auskunft des Finanzamtes bindet dieses dann an die getroffene Aussage. Jedoch hätte ich in diesem Fall bedenken, dass diese verbindliche Aussage "nach hinten los gehen könnte". Somit hätten Sie ohne verbindliche Auskunft noch den "Trumpf" in der Hand, dass die vertragliche Kaufpreisaufteilung erst einmal bindend ist (siehe BFH-Urteil).
Bezüglich Ihrer Frage bei "frag-einen" gibt es im Grunde genommen nur Herrn Bernd Thomas als anderen Experten, der an sich auch immer zeitnah auf eingehende Fragen reagiert und antwortet. Die Frage wurde auch seit Dienstag Abend mehrfach angesehen, so dass ich davon ausgegangen bin, dass Herr Thomas diese Frage nicht beantworten möchte oder kann. Das mag an dem Honorar gelegen haben (Experten bekommen 50% des eingesetzten Honorars abzgl. 19% Umsatzsteuer) oder an der Komplexität. Ich habe Ihre Fragestellung auch intern noch mal mit 2 Kollegen bei un sim Hause besprochen. Diese haben mir in dem Sinne zugestimmt, dass eine zu großzügige Aufteilung eher "anfällig" ist.
Da bei frag-einen.com die Rückfragen auf max. 2 eingeschränkt sind, können Sie mir auch gerne direkt eine Email an k.christiansen@ihr-kanzleihaus.de senden. Ich bin auch gerne bereit mir Ihre Kaufpreisaufteilung in der Excel-Tabelle noch mal anzusehen. Senden Sie mir diese also gerne zu, damit ich mal einen Blick darauf werfen kann.
Schöne Grüße!
Knut Christiansen
danke schon mal für Ihre Ausführungen. Sie haben recht, das das Ungleichgewicht schon sehr hoch ist und diese leider aufgrund Bausubstanz nicht substanziell begründet werden können.
Dennoch haben Sie etwas sehr interessantes erwähnt, die Einholung einer verbindlichen steuerlichen Auskunft. Wird diese denn immer erteilt? Wie kann diese denn gestellt werde? Indem einfach der Sachverhalt beschrieben wird oder gibt es hier offizielle Anfragedokumente?
Da das offizielle Berechnungstool zur Aufteilung des Grundstückskaufpreises doch einen sehr hohen Wert (441.636EUR) für das Grundstück ausweist sieht meine andere „Strategie“ so aus über den Verkauf auch knapp die Hälfte des Grundstücks zu veräußern. Wenn die verbindliche Auskunft dies bestätigt könnte ich ähnliche Einstandswerte erzielen.
Ich würde dann nach dem Kauf die Aufteilung vornehmen und dann die Anfrage für die drei Teilestücke machen. Dann ist man zumindest auf der Sicheren Seite. Was halten Sie davon?
Vielen Dank schon mal für Ihre mühe und die ausführliche Beantwortung!
D. R.
Ihre Idee finde ich persönlich erfolgversprechender, da somit die Werte dann voraussichtlich nachvollziehbarer bzw. plausibler verteilt werden. Und Sie könnten bzgl. der weiteren Vorgehensweise besser planen.
Eine verbindliche Auskunft ist grundsätzlich nicht an amtliche Formulare gebunden. Ich füge Ihnen hier einmal zwei Links ein. Zum einen grundsätzliche Erläuterungen, zum anderen ein Musterschreiben.
https://www.finanztip.de/verbindliche-auskunft-finanzamt/
https://www.steuertipps.de/steuererklaerung-finanzamt/themen/muster-schreiben-antrag-auf-eine-verbindliche-auskunft
Schöne Grüße!
Knut Christiansen