Ist IAB bei späterer Rückabwicklung Kauf rückwirkend aufzulösen oder nicht?
Fragestellung
Eine getätigte Investition, für die im Jahr vor Anschaffung ein Investitionsabzugsbetrag gebildet wurde, wird im dritten Jahr nach Kauf rückabgewickelt, weil der Verkäufer gerichtlich verurteilt wird, den Kaufpreis (+ Zinsen) Zug um Zug gegen Rückübereignung der gekauften Anlage zurückzuzahlen. Ist IAB dann rückwirkend aufzulösen (d.h. Anlage galt nie als angeschafft), oder wird es steuerlich so behandelt, als würde die Anlage nach einigen Jahren Betrieb verkauft, so dass IAB unverändert bleiben kann?
Details:
Sachverhalt:
2016: Investitionsabzugsbetrag (IAB) gebildet (ergab relevanten Steuervorteil, da in diesem Jahr Einkommen v.a. Abfindung war (nach §34 Abs. 1 EstG (Fünftelregelung) versteuert))
2017: Kaufvertrag über Photovoltaikanlage abgeschlossen, Kaufpreiszahlung 2017 (90%) und 2018 (10%), davon 80% über Bankdarlehen finanziert.
2018: PV-Anlage wurde fertiggestellt und in Betrieb genommen, hat ersten Strom produziert (ich habe 2018 aber noch keine Zahlungen erhalten, Abrechnung erst Anfang 2019). Hinzurechnug des IAB aus 2016. AfA und Sonderabschreibung (§7g Abs. 5+6) sowie Darlehenszinsen geltend gemacht.
seit Frühjahr 2019: Regelmäßige Zahlungen erhalten (Erträge Stromproduktion und EEG abzgl. Kosten für Betrieb, Wartung, Versicherung, etc.). Außerdem Kosten für Darlehenszinsen, Sachverständigengutachten, Gerichtskosten etc. gezahlt.
2019: Klage, um Rücktritt vom Kaufvertrag durchzusetzen (wegen diverser Mängel), konkret: „Beklagte soll verurteilt werden, den Kaufpreis (+ Zinsen) Zug um Zug gegen Rückübereignung der PV-Anlage und der erhaltenen Einspeisevergütungen zu bezahlen.“
2020 (Annahme): Gericht gibt Klage statt, ich erhalte Kaufpreis (abzgl. erhaltener Zahlungen) gegen Rückübereignung der PV-Anlage zurück. Damit vorzeitige Ablösung des Darlehens. Entstandener Schaden (Vorfälligkeitsentschädigung Kredit, Kosten für Sachverständigengutachten, etc.) wird dann in getrenntem Verfahren eingeklagt.
*** Fragestellung ***
Wenn die Klage erfolgreich ist, welche steuerlichen Auswirkungen hätte dies? Insbesondere: Ist IAB rückwirkend aufzulösen, so dass sich zu versteuerndes Einkommen in 2016 erhöhen würde (und Steuerersparnis durch Fünftelregelung hinfällig wäre), sowie Einnahmen und Abschreibungen rückwirkend entfallen? Oder wäre es wie ein Verkauf in 2020, d.h. 2016 bleibt IAB bestehen, 2018 ff. AfA und Sonderabschreibung, 2020 Einnahmen in Höhe rückerstatteter Kaufpreis?
Meine Überlegungen:
Wenn gemäß §7g EStG „ein begünstigtes Wirtschaftsgut nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebes ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt, sind die Herabsetzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Verringerung der Bemessungsgrundlage und die Hinzurechnung nach Absatz 2 rückgängig zu machen.“ Folglich wäre eine Nutzung bis 31.12.2019 erforderlich, was zunächst einmal gegeben ist.
Meines Erachtens ist daher insbesondere relevant, ob das Wirtschaftsgut (PV-Anlage) als angeschafft gilt und mir in den Jahren 2018 und 2019 zuzurechnen ist, wenn die Klage erfolgreich ist und der Kauf rückabgewickelt wird. Oder ist es steuerrechtlich so zu behandeln, als hätte ich die PV-Anlage nie angeschafft und genutzt (womit Voraussetzungen nach §7g EStG nicht erfüllt wären)?
Eine Rückabwicklung könnte vorliegen (Wesentliches Merkmal einer Rückabwicklung ist es, dass die Rechtsfolgen eines früheren Rechtsgeschäfts rückgängig gemacht werden. Typischerweise erfolgt die Rückgängigmachung dabei mit Wirkung ex tunc oder zumindest ex nunc. Demnach ist eine Rückabwicklung gegeben, wenn das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft wegen der Anfechtung der zugrunde liegenden Willenserklärung zumindest einer Vertragspartei nach §§ 119 ff. BGB mit Wirkung ex tunc (s. §142 BGB) entfällt oder von Anfang an nichtig war und die Vertragsparteien sich die Leistungen deshalb zurückgewähren. Ebenso gilt dies, wenn die Rückgewähr darauf beruht, dass das der ursprünglichen Anschaffung zugrunde liegende Rechtsgeschäft durch Aufhebungsvertrag aufgehoben wird (BFH-Urteil in BFHE 214, 267, BStBl II 2007, 162) oder wenn aufgrund eines vertraglich oder gesetzlich eröffneten Rücktritts vom Vertrag ein Rückgewährschuldverhältnis nach § 346 Abs. 1 BGB begründet wird. Eine Rückabwicklung liegt auch vor, wenn der Erwerber des Wirtschaftsguts im Falle der Leistungsstörung seine ursprüngliche Gegenleistung im Wege des Schadensersatzes zurückerhält und Zug um Zug aufgrund des Prinzips der Naturalrestitution und des damit verbundenen schadensrechtlichen Bereicherungsverbots bzw. aufgrund seiner Schadensminderungspflicht das erworbene Wirtschaftsgut dem Veräußerer zurücküberträgt (BFH-Urteil in BFHE 214, 267, BStBl II 2007, 162; BGH-Urteil in NJW 2006, 499)).
Ich bitte daher um Beantwortung folgender Fragen:
Angenommen, das Gericht verurteilt den Beklagten, den Kaufpreis (+ Zinsen) Zug um Zug gegen Rückübereignung der PV-Anlage und der erhaltenen Einspeisevergütungen zu bezahlen.
Bleibt Steuerbescheid 2016 unverändert, oder ist IAB rückwirkend aufzulösen? Bitte möglichst stichhaltig begründen und auf konkrete Gesetze und Urteile verweisen, wie dieser Sachverhalt steuerrechtlich beurteilt wird (insbesondere ob Rechtsprechung bei Rückabwicklung die Voraussetzungen des §7g für IAB als erfüllt oder nicht erfüllt beurteilt) Bleiben Steuerbescheide 2017 bis 2019 (Einnahmen aus Stromproduktion, AfA, Sonderabschreibung, Darlehenszinsen, Hinzurechnung IAB) unverändert, bzw. welche Positionen würde geändert/entfallen?
Was ist 2020 (Jahr der Rückübereignung gegen Rückzahlung Kaufpreis abzgl. Einnahmen zzgl. Zinsen auf Kaufpreis) wie zu versteuern?
Vielen Dank.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Bernd Thomas
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage aufgrund Ihrer Angaben im Rahmen einer Erstberatung auf yourXpert. Die Beantwortung erfolgt gemäß der von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben. Fehlende oder fehlerhafte Angaben können das rechtliche Ergebnis beeinflussen.
Die Rückabwicklung ist m.E: als rückwirkendes Ereignis zu betrachten, es kann eine Änderung der alten Bescheide hinsichtlich des Investitionsabzugsbetrages erfolgen (AEAO zu § 175 AO).
Ebenso sind m.E. die Einkünfte aus Gewerbebetrieb rückgängig zu machen (BFH-Urteil vom 30. 6. 2005, IV R 11/04, BStBl II S. 809, m.E: hier anwendbar, siehe auch AEAO wie angegeben, Nr. 2.4).
Gerne stehe ich Ihnen für eine Rückfrage zur Verfügung und im Übrigen würde ich mich, für den Fall, dass Sie mit meiner Beratung zufrieden waren, über eine positive Bewertung hier auf yourXpert sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Thomas
Steuerberater
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Was kann ich tun, um Änderungen der bisherigen Bescheide zu vermeiden? Könnte ich beispielsweise eine neue UG gründen, der ich die PV-Anlage im Januar 2020 z. B. zum Buchwert verkaufe und die Rechtsnachfolger wird? Wäre dann, wenn im Sommer 2020 die Rückabwicklung erfolgen sollte, mein bisheriges Gewerbe (keine UG) damit außen vor (d.h. Bescheide 2016-2019 werden nicht geändert), oder würde dies mich nicht vor Änderungen der ursprünglichen Bescheide schützen? Was wäre alternativ möglich, um IAB 2016 nicht zu verlieren?
ob eine Änderung der Bescheide tatsächlich erfolgt, ist nicht sicher. Möglicherweise wird das im Finanzamt überhaupt nicht erkannt.
Eine Übertragung an eine Kapitalgesellschaft würde zur Aufdeckung der stillen Reserven führen, es sei denn, sie wandeln um. Eine Aufdeckung der stillen Reserven hat in etwa die gleichen Auswirkungen wie eine Rückgängigmachung des IAB.
Mit freundlichen grüßen
Bernd Thomas
Steuerberater