Ist das möglich?
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Popiel,
kann meine Frau gleichzeitig bei einem Arbeitgeber angestellt sein (teilzeit) eine geringfügige Nebenbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber ausüben und zusätzlich ein Gewerbe auf sich anmelden in dem sie mich - Ihren Mann - einstellt (teilzeit, sozialversicherungspflichtig).
Ist dies generell möglich?
Welche Hindernisse könnte dies mit sich bringen?
Woruf müsste man achten?
Viele Grüße
S. S.
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Antwort von Rechtsanwältin Dominique Johanna Popiel
Sehr geehrte(r) Rechtssuchende(r),
gerne habe ich Ihre Frage geprüft, ob Ihre Frau gleichzeitig bei einem Arbeitgeber angestellt sein (teilzeit) eine geringfügige Nebenbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber ausüben und zusätzlich ein Gewerbe auf sich anmelden kann, in dem sie mich - Ihren Mann - einstellt (teilzeit, sozialversicherungspflichtig).
1. Gleichzeitig bei einem Arbeitgeber angestellt sein (teilzeit) eine geringfügige Nebenbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber ausüben
Neben einer Hauptbeschäftigung kann zwar jeder zusätzlich jeder eine geringfügige Nebenbeschäftigung ausüben, jedoch nicht beim selben Arbeitgeber. Ihre Frau plant die geringfügige Nebenbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber anzunehmen, so dass das Vorhaben rechtlich zulässig ist.
In Bezug auf die geringfügige Nebenbeschäftigung gilt folgendes:
Geringfügige Beschäftigung kann in der Form der sogenannten Zeitgeringfügigkeit oder in der Form der sogenannten Entgeltgeringfügigkeit vorkommen. Im Falle der wesentlich häufiger bestehenden Entgeltgeringfügigkeit dürfen nicht mehr als 450,- Euro monatlich beziehungsweise 5.400,- Euro jährlich verdienen. Bei einer geringfügigen Beschäftigung müssen die Arbeitgeber pauschale Beiträge/Steuern an die Minijobzentrale abführen.
Der Arbeitgeber hat Rentenversicherungsabgaben in Höhe von 15 Prozent zu leisten. Er muss pauschal 13 Prozent des Arbeitsentgelts für die gesetzliche Krankenversicherung des geringfügig Beschäftigten sowie eine zweiprozentige Pauschalsteuer (einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) abführen, zusammen also 30. Hinzu treten gegebenenfalls die U-1-Umlage, die U-2-Umlage sowie eine Insolvenzgeldumlage und ein Beitrag an den Träger der jeweiligen gesetzlichen Unfallversicherung. Der einheitliche Pauschsteuersatz von zwei Prozent ist auch anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer keiner erhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft angehört.
2. Zusätzlich ein Gewerbe auf sich anmelden in dem sie mich - Ihren Mann - einstellt (teilzeit, sozialversicherungspflichtig).
Die Gewerbeanmeldung würde eine rechtlich Existenzgründung darstellen.
Viele Gründer machen sich nebenberuflich selbstständig. Wichtige Themen wie Steuern, die Anmeldung oder ob der Arbeitgeber informiert werden muss, darf man nicht vergessen.
Die Existenzgründung bzw. Gewerbeanmeldung ist neben dem Beruf zulässig.
Wenn Ihre sich nebenberuflich selbstständig machen möchte, so gibt es verschiedene Punkte zu beachten. Die Empfehlung richtet sich direkt an Ihre Frau:
a. Nebenberuflich selbstständig versus hauptberuflich
Ihre Selbstständigkeit ist nur solange nebenberuflich, wie bestimmte Kriterien eingehalten werden. Diese betreffen u.a. die Arbeitszeit und das erzielte Einkommen. Die Grundlogik ist dabei, zu bestimmen, welche Beschäftigung Ihren Arbeitsmittelpunkt bildet. Bei der Arbeitszeit kann bspw. eine Richtzeit von max. 18 Stunden pro Woche für die nebenberufliche Selbstständigkeit zugrunde gelegt werden.
Natürlich sollte das Einkommen aus der nebenberuflichen Selbstständigkeit nicht das Arbeitseinkommen übertreffen. Bei der Beschäftigung eines Mitarbeiters wird ebenfalls eine hauptberufliche Selbstständigkeit unterstellt und Sie sind nicht mehr nebenberuflich selbstständig.
b. Anmeldung der nebenberuflichen Selbstständigkeit
Für die Anmeldung Ihrer nebenberuflichen Selbstständigkeit gelten die gleichen Anforderungen, wie bei einer Existenzgründung zum Vollerwerb.
c. Arbeitgeber informieren
Grundsätzlich gilt, dass Ihnen frei steht sich nebenberuflich selbstständig zu machen. Dabei dürfen Sie jedoch nicht Ihre Pflichten als Arbeitnehmer vernachlässigen oder Ihrem Arbeitgeber Konkurrenz machen. Beachten Sie außerdem bestehende Regelungen in Ihrem Arbeitsvertrag. Ihren Chef zu benachrichtigen und die Erlaubnis einzuholen ist nicht nur ratsam sondern in der Regel eine Pflicht, wenn Sie sich nebenberuflich selbstständig machen.
d. Sozialversicherungspflicht beachten
Wenn Sie nebenberuflich selbstständig sind, brauchen Sie keine (zusätzlichen) Sozialversicherungen zu zahlen. Die Rücksprache mit Ihrer Krankenkasse ist jedoch dringend nötig, da das Entgelt aus der nebenberuflichen Selbstständigkeit ebenfalls für den Beitrag berücksichtigt wird.
Sobald Ihre nebenberufliche Selbstständigkeit überwiegt (in Bezug auf Einkommen und/oder Arbeitszeit), können Sie den Status als Selbstständiger beantragen. So werden Sie versicherungsfrei und müssen keine Beiträge für die Renten- und Arbeitslosenversicherung bezahlen. Außerdem können Sie dann zwischen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung wählen.
e. Genehmigungen für die nebenberufliche Selbstständigkeit
Auch für eine nebenberufliche Selbstständigkeit gilt, dass Sie alle Qualifikationen und Genehmigungen nachweisen müssen, wie im Falle einer hauptberuflichen Selbstständigkeit.
f. Steuern für nebenberuflich Selbstständige
Für die Besteuerung ist es unerheblich, ob Sie nebenberuflich selbstständig oder Ihre Gründung im Vollerwerb durchgeführt haben.
g. Kleinunternehmerregelung prüfen
Die nebenberufliche Selbstständigkeit und der Kleinunternehmerstatus sind nicht identisch. Auch wenn Sie sich hauptberuflich selbstständig machen, können Sie die Sonderregelungen für Kleinunternehmer in Anspruch nehmen. Dabei geht es in erster Linie um die Befreiung von der Umsatzsteuer.
3. Beschäftigung ihres Mannes als Mitarbeiter
Bei der Beschäftigung eines Mitarbeiters wird eine hauptberufliche Selbstständigkeit unterstellt und Sie sind nicht mehr nebenberuflich selbstständig.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit besten Grüßen
Rechtsanwältin Dominique Johanna Popiel
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Rückfrage hierzu:
Ist dies dennoch ohne Probleme möglich? Was sind die Nachteile bzw. Konsequenzen, wenn eine hauptberufliche Selbstständigkeit unterstellt wird und wie wirkt sich dies auf das bestehende, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis der Frau aus?
Hauptberuflich Selbstständige sind nicht versicherungspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung, können sich aber freiwillig versichern. Dies gilt auch für Nebentätigkeiten, die sie neben der hauptberuflichen Tätigkeit ausüben. Wer hauptberuflich als Selbstständiger oder Freiberufler tätig ist, kann in einer Nebentätigkeit nicht kranken- und pflegeversicherungspflichtig werden. Dadurch wird vermieden, dass hauptberuflich Selbstständige durch Aufnahme einer mehr als geringfügigen Beschäftigung krankenversicherungspflichtig werden und damit den umfassenden Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung erlangen. Für die übrigen Versicherungszweige, also Renten- und Arbeitslosenversicherung, gibt es eine solche Regelung nicht.
Wann aber wird eine Tätigkeit nebenberuflich und wann wird sie hauptberuflich ausgeübt? Überprüft wird das mit der sogenannten Vermutungsregel.
Der Grundsatz lautet, dass eine selbstständige Erwerbstätigkeit dann hauptberuflich ausgeübt wird, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten deutlich übersteigt.
Bei Personen, die
• Vollzeit als Arbeitnehmer arbeiten oder
• die an mehr als 20 Wochenstunden beschäftigt sind und
• deren monatliches Arbeitsentgelt mehr als 1.592,50 Euro beträgt,
wird angenommen, dass für eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit kein Raum bleibt.
Wird jedoch eine selbstständige Tätigkeit
• an mehr als 30 Wochenstunden ausgeübt oder
• an mehr als 20, jedoch unter 30 Wochenstunden ausgeübt und
• ist das Einkommen aus dieser selbstständigen Tätigkeit die Haupteinnahmequelle
• und beträgt dieses Einkommen mehr als 1.592,50 Euro monatlich,
wird angenommen, dass die selbstständige Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt wird.
Ein weiteres Kriterium dafür, dass eine Tätigkeit hauptberuflich selbstständig ausgeübt wird, ist die Beschäftigung von Mitarbeitern. Wenn der Selbstständige mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigt, wird angenommen, dass eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit vorliegt. Werden mehrere Arbeitnehmer geringfügig beschäftigt, deren Arbeitsentgelte bei Zusammenrechnung die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten, wird ebenfalls angenommen, dass eine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt.
Ein hauptberuflich selbstständiger kann nicht gesetzlich krankenversichert sein. Er muss sich freiwillig gesetzlich versichern lassen oder eine private Krankenversicherung abschließen.
Durch Ihre Beschäftigung als Mitarbeiter würde man Ihrer Frau unterstellen, dass sie hauptberuflich selbstständig ist mit den dargestellten Folgen für die Krankenversicherung.