Zurückbehaltung von 980 € der Kaution
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Migge,
eine eng befreundete Kollegin hat nach 3-jähriger Nutzung einer gemieteten Wohnung in München diese fristgerecht gekündigt und ist zum Ende März 2017 ausgezogen.
Bei der Übergabe monierte die anwesende, sehr agressive Maklerin zwei leichte Schrammen im Parkett, davon eine, die durch den Abdruck eines Standfußesvon ca. 1 mm Tiefe in der Raum-/Wandeckecke verursacht wurde.
In dem Abnahmeprotokoll wurden diese zwei Schrammen aufgeführt. Mit dem Hinweis, dass, falls eine Unterschrift verweigert werden würde, die Folgemieterin nicht einziehen könne und die Freundin damit schadensersatzpflichtig sei. Da wir der Meinung sind, dass die Unterschrift im Übergabeprotokoll lediglich einen Status aufführt, nicht aber aufführt, wer diesen 'Schaden' nach 3-jähriger Miete zu tragen hat, wurde das Übergabeprotokoll unterzeichnet. Später stellte sich heraus, dass die eine, leichte Schramme bereits im Einzugsprotokoll erwähnt wurde.
Wir baten mehrmals mit Fristsetzung um eine Kopie des Übergabeprotokolls, welche wir bis dato in vorlagefähiger, schriftlicher Papierform nicht erhielten. Stattdessen erhielten wir von einem Anwalt der Vermieterin einen Brief, der uns vorschlug, die ausstehende Kaution um 980 € zu kürzen. Dann würde die Restkaution überwiesen werden. Die Restkaution wurde dann tatsächlich sehr viel später - um 980 € gekürzt - ausgezahlt.
Meines Wissens muss dem Mieter Gelegenheit gegeben werden, einen Schaden - falls überhaupt berechtigt - selbst fachmännisch beseitigen zu lassen. Das ist nicht geschehen. Stattdessen erstellte ein mit der Maklerin eng kooperierender Maler- und Bodenleger nach 3 monatiger, dauernder Anmahnung einen handgeschriebenen Zettel, in dem er den Schaden mit 980 € bezifferte- was wir natürlich nicht anerkannten.
Im Übrigen zog die Nachfolgemieterin unverzüglich nach Auszug in die frei gewordene, übergebene Wohnung ein, ohne dass eine Reparatur des `Schadens` erfolgte. Daraufhin angesprochen erklärte der Anwalt der Vermieterin, dass die Vermieterin dazu das Recht habe, weil bei einem KFZ-Schaden ebenfalls nicht zwingend eine Reparatur durchgeführt werden muesse, sondern eine Auszahlung stattdessen verlangen könne.
Die neue Mieterin bewohnte nach Erhalt der 'Schadensbeschreibung' die Wohnung bereits seit 3 Monaten, mittlerweile seit 9 Monaten.
Meine Frage bezieht sich natürlich auf die Rechtmäßigkeit des o.a. Vorganges. Da meine Kollegin der Angelegenheit müde ist , würde ich sie in meinem Namen auf meine Kosten vertreten, - z.B. im Rahmen einer Forderungsabtretung oder sonstigen Abtretungserklärung. Ist das möglich?
Weiterhin stellt sich die Frage, ob ein Vorgehen gegen die Vermieterin sinnvoll ist und dazu ein Anwalt aus meiner Umgebung (bei Rosenheim/Bayern) beauftragt werden kann, obwohl sich die Vermieterin und die Wohnung in München befinden.
Augenscheinlich ist klar, dass die betreuende Maklerin und die Vermieterin nebst Anwalt darauf hoffen, dass der Mieter kapituliert und meint, dass sich wegen 980 € kein weiteres Vorgehen lohnt.
Das kann m.E. so aber nicht akzeptiert werden.
Mit der Bitte um Ihre Einschätzung (bitte per email)!
Vielen Dank und Gruss
Michael Koewing
PS: hätten Sie evtl. eine Empfehlung für einen regionalen Anwalt aus diesem Fachgebiet?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Ray Migge
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Grundsätzlich kann der Vermieter Ersatz verlangen für Schäden, die in der Wohnung verursacht wurden. Daher sind hier zwei Dinge zu beachten:
1. Wenn einer der Schrammen bereits zum Zeitpunkt des Einzuges vorhanden war, dann wurde dieser Schaden nicht durch Ihre Kollegin verursacht und muss dementsprechend auch nicht von ihr ersetzt werden.
2. Wenn die Schrammen nur ein geringes Ausmaß haben, dann könnten diese als Folge einer normalen Abnutzung klassifiziert werden und nicht als Schaden. Auch dann kann kein Ersatz von Ihrer Kollegin verlangt werden. Es kommt hier aber auf die konkreten Ausmaße der Schramme an. Tiefe Schrammen, die nicht durch eine normale Abnutzung entstehen, sind durchaus Schäden und sind damit zu ersetzen.
Was uns zum nächsten Punkt bringt: Wenn Ersatz verlangt werden kann, muss dem Mieter eine Chance gegen werden, den Schaden selbst zu beheben? Tatsächlich ist es so, dass der Vermieter dem Mieter eine angemessene Frist zur Behebung des Schadens setzen muss. Erst nach schuldhaftem Verstreichenlassen der Frist oder wenn der Mieter von Anfang an ernsthaft und endgültig die Schadensbehebung verweigert, kann der Vermieter Schadensersatz statt der Nachbesserung verlangen.
Da Sie in Ihrer Anfrage beschreiben, dass keine Frist im Vorhinein gesetzt wurde und auch nicht zu erkennen ist, dass Ihre Kollegin vorher die Schadensbeseitigung verweigert hat, dürfte also ein Schadensersatz nicht gefordert werden dürfen.
Daraus ergibt sich für sie nun folgender Handlungsbedarf:
1. Fordern Sie den Vermieter zur Abrechnung über die Kaution und Übergabe der restlichen 980 EUR auf.
2. Beschreiben Sie dem Vermieter, warum es nicht rechtswirksam sein dürfte, die Kaution einzubehalten, insbesondere, dass die Schramme bereits im Einzugsprotokoll ausgewiesen wurde und Ihnen keine Möglichkeit zur Behebung des anderen Schadens gegeben wurde.
3. Falls dennoch keine Auszahlung der Kaution erfolgt, sollten Sie sich einen Anwalt vor Ort suchen und ggf. Klage auf Auszahlung des Restbetrages erheben.
Ich empfehle einen Anwalt aus München zu suchen, da dieser zu einem eventuellen Gerichtstermin anreisen müsste. Je weiter weg der Anwalt von dem zuständigen Gericht seine Kanzlei hat, desto unwahrscheinlicher ist es, dass er einen Fall mit einem Streitwert von 980,00 EUR annimmt. Daher dürfte es in Ihrem eigenen Interesse sein, einen Anwalt vor Ort in München zu suchen.
Bei Rückfragen können Sie gerne die Kommentarfunktion nutzen.
Mit bestem Gruß
Ray Migge
-Rechtsanwalt-
PS: Ohne den Mietvertrag gesehen zu haben möchte ich anmerken, dass sich eine rasche Vorgehensweise anbietet, da oftmals eine schnelle Verjährungfrist von nur 6 Monaten vereinbart ist.
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Danke Ihnen und Gruss
M.Koewing
Ja, eine Abtretung der Forderung ist möglich, soweit dies nicht durch individuelle Abrede mit dem Vermieter ausgeschlossen wurde. Allerdings dürfte dies Ihre Kollegin nicht von einer aktiven Hilfe zur Durchsetzung des Anspruchs bewahren, denn es wird nötig sein, dass Ihre Kollegin Ihnen alle nötigen Informationen gibt und gegebenfalls Nachfragen beantwortet. Rechtlich möglich wäre die von Ihnen erdachte Konstruktion aber jedenfalls.
Mit bestem Gruß
Ray Migge
-Rechtsanwalt-