IAB und Füntelregelung - Nachträgliche Rückabwicklung Investition Kauf PV-Anlage
Fragestellung
Antwort bis 6. Mai ausreichend (da Urlaub)
In Kürze: 2016 Abfindung (Fünftelregelung) und Nutzung IAB, 2017 Kauf PV-Anlage, 2018 verspätete Fertigstellung PV-Anlage, 2019 Rücktritt vom Kaufvertrag. Wie jetzt IAB für 2016 retten?
Ausführlich: Ich habe 2016 eine Abfindung bei Arbeitgeberwechsel erhalten. Einkünfte waren insgesamt so hoch, dass Fünftelregelung keine Ersparnis brachte. Ich habe daher Gewerbe angemeldet (Tätigkeit: Betrieb einer Photovoltaik-Anlage) und Investitionsabzugsbetrag gebildet, so dass sich zu versteuerndes Einkommen (nach Splittingtarif) auf 0 Euro reduzierte, es blieb lediglich Abfindung übrig, die nach §34 Abs. 1 EstG (Fünftelregelung) versteuert wurde.
Ich habe Anfang 2017 Kaufvertrag über Photovoltaikanlage abgeschlossen, die Mitte 2017 fertiggestellt werden sollte. Kaufpreiszahlung 2017 (90%) und 2018 (10%), davon 80% über Bankdarlehen finanziert. Anlage wurde erst Ende 2018 fertiggestellt, Zustand unbefriedigend. Erste Erträge werden in 2019 ausgezahlt. Ich versuche jetzt mit Rechtsanwalt Rücktritt vom Kaufvertrag durchzusetzen.
Sollte der Rücktritt erfolgreich sein, welche steuerlichen Auswirkungen hätte dies? Müsste ich IAB rückwirkend auflösen, so dass sich zu versteuerndes Einkommen in 2016 erhöhen würde (und Steuerersparnis durch Fünftelregelung hinfällig wäre)? Wie kann ich IAB für 2016 retten, so dass Steuerbescheid 2016 (zumindest weitgehend) unverändert bleibt? Kann ich eine andere Investition tätigen, so dass IAB bestehen bleibt, und wenn ja, welche Anforderung muss diese erfüllen: Bis wann muss diese erfolgen (Kaufvertrag bzw. Kaufpreiszahlung)? In was kann ich investieren: nur in (andere) Photovoltaikanlage, oder auch in etwas anderes?
Wie ist formal vorzugehen? Situation: Gewerbe war am Standort der PV-Anlage angemeldet und von dortigem Finanzamt erfolgte gesonderte Feststellung von (negativen) Einnahmen aus Gewerbebetrieb, die ich in meine persönliche ESt-Erklärung übernommen habe. Wenn ich jetzt andere Investition tätige (anderer Ort, andere Art), wäre bisherige Gewerbeanmeldung sowie dortiges Finanzamt nicht länger passend. Könnte ich neues Gewerbe an neuem Ort anmelden, oder muss ich bestehendes geeignet „erweitern“? Worauf muss ich achten, damit vorhandener IAB für 2016 für neues Invest genutzt werden kann?
Ich überlege folgende Investition:
Kauf von digitalen Displays für Außenwerbung (Invest) sowie anschließend Vermietung dieser Werbefläche (monatliche Einnahmen durch Ausspielen von Werbeanzeigen). Wäre dies eine Alternative zur PV-Anlage, für den ich den vorhandenen IAB nutzen könnte?
Welche alternativen Investitionsmöglichkeiten könnte es sonst noch geben?
Ergänzende Überlegung: Ich kaufe 2019 für 100 TEUR Displays für Außenwerbung von der Firma X (und Nutzung IAB). Die Firma X vermarktet diese Werbeflächen für mich, ich erhalten einen jährlichen Ertrag von z. B. 25 TEUR in den Folgejahren von Firma X. Parallel beteilige ich mich als Gesellschafter an der Firma X (Startup), welche die Werbetafeln produziert und die Werbeflächen vermarktet: Im Rahmen einer Kapitalerhöhung übernehme ich beispielsweise 1000 Anteile zum Nennbetrag von 1 EUR (Stammkapital) und verpflichte mich, 99 TEUR Zuzahlung in die Kapitalrücklage zu leisten, also 100 TEUR investieren. Die Zuzahlung wäre mit Meilensteinen verbunden, so dass die Zahlung über 4 Jahre hinweg erfolgt. Ich würde 2019 Stammkapital von 1 TEUR einzahlen, 2020-2023 dann jeweils 25 TEUR in Kapitalrücklage. Gleichzeitig erhalte ich jährlich Einnahmen aus Werbeflächenvermarktung von 25 TEUR, die ich für die Zuzahlung nutzen würde. Das heißt: 2019 Investition von 100 TEUR, 2020-2023 25 TEUR Einnahmen aus Gewerbebetrieb (Vermietung von Werbeflächen), x TEUR Abschreibung (über wie viele Jahre wären die Displays abzuschreiben?), sowie gleichzeitig 25 TEUR Einzahlung in Kapitalrücklage des Unternehmens (steuerlich erst bei Veräußerung der Anteile wirksam, richtig?), ab 2024 dann 25 TEUR Einnahmen aus Gewerbetrieb (solange die digitalen Werbeflächen funktionsfähig sind). Ist das steuerlich so richtig gedacht (unter der Annahme, dass Einnahmen in dieser Höhe wirklich erzielt werden)?
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Antwort von Steuerberater Knut Christiansen
Guten Tag und vielen Dank für Ihre Anfrage bei yourXpert, die ich Ihnen gerne im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten möchte.
Grundsätzlich ist der IAB rückwirkend aufzulösen bzw. abzuerkennen, wenn das Wirtschaftsgut nicht die Behaltensfristen des § 7g Abs. 1 EStG erfüllt. Das angeschaffte Wirtschaftsgut muss mind. im Jahr der Anschaffung und in dem darauffolgenden Wirtschaftsjahr in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs betrieblich genutzt worden sein. Da bei Ihnen die Nutzung erstmalig im Jahr 2018 erfolgte (Fertigstellung), müsste die Nutzung noch bis mind. 01.01.2020 erfolgen. Anderenfalls würde das Finanzamt die Anerkennung im Jahr 2016 voraussichtlich streichen.
Allerdings gelten ab dem Jahr 2016 erleichterte Regelungen was die Anschaffung des Wirtschaftsgut betrifft. Während für IAB´s bis 31.12.2015 noch eine genaue Funktionsbezeichnung erforderlich war, gilt dieses bei IAB´s, die ab dem 01.01.2016 gebildet wurden nicht mehr. Das heißt, Sie können den gebildeten IAB auch für ein anderes bewegliches Wirtschaftsgut verwenden, das Sie zu mind. 90% betrieblich nutzen. Hier sind die Möglichkeiten sehr vielfältig. Wichtig ist, dass es sich bei der Investition um Betriebsvermögen handeln muss (Gewerbebetrieb oder freiberufliche Tätigkeit).
Das könnte z.B. auch die Anschaffung eines Werbedisplays sein, das Sie in einem Gewerbebetrieb halten. Wichtig wäre, dass Sie dieses Wirtschaftsgut bis zum 31.12.2019 angeschafft haben (Kaufvertrag und Lieferung (Nutzungsmöglichkeit). Auf die tatsächliche Zahlung kommt es nicht an.
Die Investition in Form einer Beteiligung ist hingegen nicht berücksichtigungsfähig, da es sich um ein bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens handeln muss. Die Beteiligung erfüllt diese Voraussetzung nicht.
Werbedisplays werden in der Regel über 7 Jahre abgeschrieben und wirken sich somit mit 14,29% Abschreibung p.a gewinnmindernd aus. Ansonsten haben Sie korekt gerechnet. Sie haben also die jährlichen Mieteinnahmen abzgl. der Abschreibungen zu versteuern. Ggfs. haben Sie noch zusätzlichen Verwaltungsaufwand wie Versicherungen oder Steuerberatungskosten, die Ihren Gewinn mindern. Die Anschaffungskosten der Beteiligung wirken sich in der Tat erst bei Veräußerung der Beteiligung aus.
Ich hoffe Ihre Frage damit beantwortet zu haben, sonst stellen Sie gerne kostenfreie Rückfragen ein.
Abschließend bedanke ich mich für eine positive Bewertung, wenn Sie mit meiner Beratung zufrieden sind.
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass dieses Forum eine ausführliche und persönliche steuerliche Beratung nicht ersetzen kann, sondern vor allem dafür gedacht ist, eine erste steuerliche Einschätzung zu ermöglichen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen könnte die rechtliche Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Christiansen
Steuerberater
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Außerdem folgende Nachfrage: Sie schreiben "Da bei Ihnen die Nutzung erstmalig im Jahr 2018 erfolgte (Fertigstellung), müsste die Nutzung noch bis mind. 01.01.2020 erfolgen. Anderenfalls würde das Finanzamt die Anerkennung im Jahr 2016 voraussichtlich streichen." Wenn ich nach dem 1.1.2020 den Rücktritt vom Kaufvertrag gerichtlich erfolgreich durchgesetzt bekomme und es zu einer Rückabwicklung kommt, muss ich dann mit einer Streichung des IAB rechnen, oder würde dies so behandelt, als hätte ich die Anlage 2018+2019 genutzt und 2020 verkauft, so dass IAB in 2016 bestehen bleibt (und 2020 Einnahme aus Rückabwicklung versteuert wird)?
Danke!
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!
Freundliche Grüße!
Knut Christiansen
Aus meiner Sicht sollten Sie das Gewerbe am Standort der PV-Anlage erweitern um hier insbesondere aus verfahrensrechtlichen (Änderung von Steuerbescheiden) Gründen keine Probleme zu bekommen. Da der vorhandene IAB bei dem für den Standort der PV-Anlage zuständigen Finanzamt deklariert wurde, sollte also auch hier das mögliche andere Gewerbe liegen. Sofern es Ihnen gelingen sollte, dass man nicht von Rückabwicklung spricht, sondern der Lieferant Ihnen die Anlage zu akzeptablen Konditionen im Jahr 2019 zurückkauft, wäre es aus meiner Sicht optimal. Dann hätten Sie die Anlage im Jahr 2017-2019 offiziell selbst betrieben und der IAB wäre insgesamt nicht zu beanstanden. Dann gehen Sie also eine möglichen Rückabwicklung aus dem Weg und müssten auch keinen "Spagat" bzgl. eines neuen Gewerbes vollziehen.
Eine echte Rückabwicklung hat nach meinem Kenntnis- und Ermittlungsstand die Folge, dass Sie rückwirkend betrachtet nicht Eigentümer der Anlage geworden sind. Dann wäre auch der IAB rückwirkend aufzulösen (also gestrichen werden).
Ich hoffe Ihre Frage damit beantwortet zu haben. Sonst melden Sie sich bitte unbedingt wieder.
Schöne Grüße!