Hauskauf mit Garten; Grundstücksgrenze wo anders gedacht
Fragestellung
Sehr geehrte Herr Dr. Kromer,
wir haben vor zwei Wochen ein Haus gekauft. Vertrag ist beim Notar unterschrieben, Geld noch nicht gezahlt.
Das Haus liegt auf einem Grundstück ca. 778m2 benachbart von einem Grundstück ca. 678m2 (ohne Haus, wurde als Garten zu dem Haus benützt). Beide Grundstücke gehören zu der selben Familie und sie wollen jetzt beides verkaufen. Bei der Besichtigung hat der Makler uns die ungefähre Grenze zwischen den zwei Grundstücken gezeigt. Daraufhin haben wir gesagt, dass es uns so ausreichend wäre und haben wir das Haus gekauft. Jetzt läuft der Verkauf von dem anderen Grundstück und die Grenze scheint viel näher am Haus an zu sein. Etwa 5-7m näher als uns gezeigt wurde (Die Breite des Grundstückes ca. 25m). Also die Grenze ist fast vor der Nase, wenn wir auf der Terrasse sind. So hätten wir das Haus definitiv nicht kaufen wollen. Ich habe jetzt bei den Eigentümer nachgeragt ob wir einen Teil von ca. 100m2 von anderem Grundstück dazu kaufen könnten. Noch keine Antwort.
Mag sein dass die Flächenangaben stimmen und wir das hätten genau prüfen sollen. Wir haben aber gedacht, selbst wenn die Grenze nicht da ist, sondern 1-2 Meter hin oder her ist noch auch ok. Aber dass es so rauskommt hätten wir nie gedacht. Jetzt ist die Enttäuschung ziemlich groß.
Gibt es für uns Möglichkeiten? (Ein Teil dazu kaufen, zurücktreten, ...?)
Nach einer schlafloser Nacht vielen Dank für Ihre Rückmeldung im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwalt Johannes Kromer
Sehr geehrter Ratsuchender,
Vielen Dank für Ihre Anfrage.
Zunächst unterstelle ich, dass es sich beim geschlossenen Kaufvertrag um einen „Standard-Vertrag“ handelt, bei dem Gewährleistungsansprüche des Verkäufers ausgeschlossen wurden. Das Haus mit Grundstück wurde damit „gekauft wie gesehen“.
Entsprechend eingeschränkt sind leider Ihre Rechte:
(1) Ein Anspruch darauf, dass Sie von dem anderen Grundstück etwas dazukaufen können, haben Sie leider nicht. Dies steht ganz allein im Ermessen des Eigentümers.
(2) Einen Anspruch gegen den Verkäufer haben Sie nur, wenn das Grundstück einen Mangel hat. Das ist nach Ihren Schilderungen jedoch nicht der Fall, da die Grundstücksgröße wohl zutreffend angegeben ist.
(3) Es stellt sich die Frage, ob Sie den Kaufvertrag anfechten könnten. Eine Anfechtung bewirkt, dass der Vertrag als von Anfang an ungültig gilt. Hierzu bedarf es jedoch eines Anfechtungsgrundes.
(a)
Dieser kann einmal in einer arglistigen Täuschung (§ 123 BGB) des Verkäufers liegen. Dabei ist es unschädlich, dass der Makler und nicht der Verkäufer die Grundstücksgrenze zeigte. Wenn der Verkäufer den Makler beauftragt hat, so hat er sich auch dessen Aussagen und Handlungen zurechnen zu lassen.
Arglistiges Handeln liegt vor, wenn der Täuschende die Unrichtigkeit seiner Angaben kennt oder zumindest für möglich halten muss. Dies müssen Sie nachweisen. Meines Erachtens darf man bei einem sachkundigen Makler durchaus erwarten, dass er die Grundstücksgrenze zumindest ungefähr kennt. Macht er dann Angaben „ins Blaue hinein“, kann dies für Arglist ausreichen.
Allerdings möchte ich Sie sehr deutlich darauf hinweisen, dass Anfechtungen wegen einer arglistigen Täuschung gerade bei Grundstückskaufverträgen in der Regel sehr zäh durchzusetzen sind. Sie müssten hier zunächst beweisen, dass der Makler diese Aussage wirklich getätigt hat und auch die Grenze wirklich dermaßen falsch gezeigt hat. Weiter ist die Rechtsprechung in diesem Bereich durchaus dahingehend zurückhaltend, dass der Kauf eines Grundstücks mit Immobilie in aller Regel ein besonders bedeutsames Geschäft ist und gerade keine „spontane Kurzschlussreaktion“. Entsprechend werden auch gewisse Eigenbemühungen erwartet.
Umgekehrt sind die Prozesskosten für einen solchen Fall in der Regel recht hoch, da sich die Gerichtsgebühren sowie die gerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach der Höhe des Streitwerts richten. Und Streitwert ist hier in der Regel der Kaufpreis. Bei Bedarf kann ich Ihnen hier gerne eine Berechnung der Prozesskostenrisiken zukommen lassen, wenn Sie mir den Kaufpreis des Objektes mitteilen.
(b)
Weiter ist ein Anfechtungsgrund ein eigener Irrtum. Nachteil dieser Anfechtungsform ist, dass Sie dann dem Verkäufer zum Schadensersatz verpflichtet sind. Als Anfechtungsgrund kommt hier ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft, § 119 Abs. 2 BGB in Betracht. Allerdings bezweifle ich, dass der genaue Verlauf der Grundstücksgrenze tatsächlich als verkehrswesentlich gilt. Verkehrswesentlich sind nämlich gerade die wertbildenden Merkmale. Und wertbildend ist gerade die Grundstücksgröße und nicht der Verlauf der Grenze.
(4)
Der Vollständigkeit halber ist noch ein Schadensersatzanspruch gegen den Makler zu prüfen. Dafür müssten Sie nachweisen, dass durch eine Pflichtverletzung des Maklers (Falschzeigen der Grenze) es bei Ihnen zu einem finanziellen Schaden kam. Das ist hier jedoch die Frage, ob Sie überhaupt einen finanziellen Nachteil erlitten haben, da der Verlauf der Grundstücksgrenze gerade nicht von Einfluss auf den Wert des Grundstücks ist.
Es tut mir leid, dass ich Ihnen hier keine erfreulicheren Nachrichten übermitteln kann. Sicherlich ist die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung in Betracht zu ziehen, allerdings handelt es sich nach meiner ehrlichen Einschätzung keineswegs um einen „eindeutigen“ Fall, so dass hier durchaus Risiken bestehen. Ggf. kann dieser Punkt jedoch in die Verhandlungen mit dem Verkäufer eingebracht werden, dass man sich dann dergestalt einigt, dass doch noch ein Stück des Nachbargrundstücks erworben werden kann.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Kromer
Rechtsanwalt
Rechtsanwaltskanzlei Kromer
Tannenweg 17
72654 Neckartenzlingen
Tel. 07127 349 - 1208
Fax 07127 349 - 8731
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Vielen Dank für Ihre rasche und kompetente Antwort.
Wir versuchen einen Teil dazu zu kaufen.
Freundliche Grüße