Hauseigentum und Vermögen im Falle eines Erbe oder Scheidung
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich wende mich an Sie, da ich für meine Mutter eine für uns sehr wichtige Frage klären muss.
Meine Eltern sind verheiratet und haben gemeinsam vier Kinder (inkl. mir).
Mein Vater war jedoch bereits vorher verheiratet und hat zwei Kinder aus dieser Ehe. Beide Kinder sind in Russland geboren und leben dort. Ggfs. möchte mein Vater sogar in naher Zukunft, dass beide Kinder in Deutschland leben und arbeiten.
Nun haben meine Eltern vor, sich ein Haus zu kaufen. Mein Vater ist berufstätig und meine Mutter ist Hausfrau.
Da meine Eltern manchmal wegen der Kinder meines Vaters aus vergangener Ehe sehr stark streiten, möchte meine Mutter Klarheit haben, wie es im Falle einer Erbschaft oder Scheidung ablaufen würde.
Nehmen wir an, mein Vater verstirbt. Somit bleiben meine Mutter und meine drei Geschwister übrig. Gemäß Erbrecht würden meines Wissens meine Mutter und meine drei Geschwister das Haus entsprechend erben. Haben gemäß Erbrecht die beiden Kinder meines Vaters das Recht, das Haus und Vermögen zu erben? Beide sind bereits volljährig.
Wie sieht es alternativ aus, wenn sich meine Eltern scheiden lassen sollten. Sollte meine Mutter nicht mehr in dem Haus leben wollen, müsste mein Vater den 50 prozentigen Anteil an meine Mutter auszahlen, richtig? Andersherum müsste meine Mutter meinem Vater den 50 prozentigen Anteil des Hauses auszahlen, wenn sie dort leben bleibt? Sieht das genauso für das Vermögen auf dem Gemeinschaftskonto, z.B. Tagesgeldkonto?
All diese Fragen beunruhigen meine Mutter und mich, da es bei beiden häufiger mal zu Streitigkeiten kommt, in denen zum Teil von Scheidung die Rede ist. Irgendwann läuft die Beziehung wieder hervorragend und dann geht es wieder bergab. Aus diesem Grund möchte meine Mutter Gewissheit haben, bevor überhaupt ein Haus gekauft wird.
Meiner Mutter ist auch wichtig, wie es dann mit dem Vermögen auf dem Tagesgeldkonto aussieht. Zumal sie meine Geschwister in jedem Fall bei sich behalten möchte und sie aktuell nicht berufstätig ist.
Für die Beantwortung meines Anliegens bedanke ich mich herzlich bei Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin und Notarin Andrea Fey
Sehr geehrte/r Rechtsratsuchende/r,
nachfolgend nehme ich gerne zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen im Falle einer Erbschaft oder einer Scheidung Ihrer Eltern und dem angedachten Hauskauf Stellung:
Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die Rechtslage ganz maßgeblich danach richtet, wer Eigentümer der Immobilie laut notariellem Kaufvertrag wird. Üblicherweise sind dies die Eheleute zu je der ideellen Hälfte, also jeder 50%, was Ihrer Mutter auch sehr zu empfehlen wäre. Auch gegenüber Ihrem Vater ist diese Regelung durchaus sachgerecht, da Ihre Mutter Ihren Vater von der Haushaltsführung sicherlich weitestgehend freistellt und auch die Erziehung der Kinder weit überwiegend durch Ihre Mutter erfolgt, wovon ich ausgehe.
Des weiteren gehe ich mangels anderer Anhaltspunkt davon aus, dass Ihre Eltern bei der Eheschließung keinen notariell beurkundeten Ehevertrag abgeschlossen haben, da dieser vorrangig vor der nachfolgend dargestellten gesetzlichen Regelung gelten würde.
Nach den Grundsätzen des Internationalen Privatrechts gilt im allgemeinen das Erbrecht des Staates, in dem der Erblasser seinen Wohnsitz hatte. Bei einer nicht deutschen Staatsangehörigkeit besteht demgegenüber vielfach ein Wahlrecht, das Erbrecht des Staatsangehörigkeitsstaates zu wählen. Naturgemäß kann hier nur eine Betrachtung nach deutschem Erbrecht, das aller Wahrscheinlichkeit nach ohnehin maßgeblich ist, erfolgen.
Hiernach würde Ihre Mutter im Erbfall Erbin zu 1/2. Die weitere Hälfte des Nachlasses steht dann - falls kein Testament vorliegt - anteilig den insgesamt 6 Kindern zu, so dass jedes Kind Erbe zu 1/12 wird.
Bzgl. der Immobilie stellen sich die Eigentumsverhältnisse im Erbfall, falls Ihre Mutter beim Kauf hälftige Miteigentümerin wird, wie folgt dar:
Mutter: Eigentum zu 50% zzgl. Erbanteil, folglich sodann Eigentum der Mutter an der Immobilie 75%.
Das übrige Vierel geht dann gleichmäßig an die 6 Kinder, so dass jedes Kind einen Miteigentumsanteil von 1/24 erhält.
Da diese Folge einer Erbengemeinschaft mit 7 Personen vielfach nicht gewünscht ist, empfiehlt es sich, zur Absicherung Ihrer Mutter und der 4 gemeinsamen Kinder ein entspr. Testament durch Ihren Vater zu erstellen und die beiden unehelichen Kinder ggf. auszuzahlen, um für die Zukunft Gewissheit zu haben.
Im Falle einer Scheidung müsste derjenige, der nicht mehr in dem Haus leben möchte, den anderen Ehegatten auszahlen. Wenn sich die Eheleute nicht einig werden, kommt dann nur ein Verkauf oder eine Teilungsversteigerung in Betracht.
Ebenso würde das Vermögen auf einem Gemeinschaftskonto hälftig an die Ehegatten aufgeteilt.
In dem von Ihnen geschilderten Fall, dass die Kinder weitestgehend von der Mutter erzogen und versorgt werden, spricht ein Gericht grds. der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu, falls sich die Eheleute nicht einig werden. Höchster Grundsatz hierbei ist allerdings das Kindeswohl, so dass die Kinder je nach Alter vom Gericht nach ihren Wünschen befragt werden und vor allem auch auf das Fortbestehen sozialer Kontakte wie Schule, Freundeskreis geachtet wird.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Anmerkungen weitergeholfen zu haben, und stehe Ihnen gerne für Rückfragen zur Verfügung.
Für das mir entgegengebrachte Vertrauen darf ich mich bei Ihnen bedanken und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Andrea Fey
Rechtsanwältin und Notarin
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