Grundstück gekauft - Entwässerungsproblem verschwiegen
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Oktober 2015 kauften wir ein vollerschlossenes Grundstück in einem Neubaugebiet direkt von der Gemeinde.
Im Kaufvertrag wurde die Haftung für offene und versteckte Mängel und Lasten ausgeschlossen, aber man garantierte, dass es solche nicht gäbe.
Nun ist es so, dass unser Grundstück das letzte am Ende eines langen absteigenden Gebietes mit 8 davorgelegenen Grundstücken ist.
Was uns beim Kauf und lange danach nicht gesagt wurde, dass auf dem Grundstück ein kleiner Graben von der Gemeinde gezogen wurde (wir haben diesen so nie gesehen oder als absichtliche Baumaßnahme wahrgenommen, da ein großer Erdhaufen und Unkraut die Sicht versperrt), der das anfallende Oberflächenwasser aller vorangegenagen Grundstücke in den Kanal leitet. Nun wollen wir gerne bauen und dieser Graben muss dafür verschlossen werden. Unser direkter Nachbar über uns muss dann natürlich dafür sorgen, dass kein Wasser mehr von seinem Grundstück auf unseres kommen kann. Nur bedarf es hier eine weiteren baulichen Maßnahme, die über seine normale Entwässerung hinausgeht, da er nun für das Wasser der anderen Grundstücke verantwortlich zu sein scheint. Gegen eine Lösung auf seinem Grundstück hat er nichts einzuwenden, nur will er nicht alleine die Kosten dafür tragen, da das ja nicht alleine sein Wasser ist. Zum Beispiel sind die beiden Grundstücke vor ihm noch im Besitz der Gemeinde und diese muss als Eigentümer schließlich auch dafür sorgen, dass kein Wasser auf Nachbargrundstücke läuft.
Mir ist klar, welche Ansprüche wir unserem Nachbarn gegenüber haben, aber diese lassen sich nur verwirklichen, wenn auch die anderen Eigentümer und die Gemeinde ihren Part übernehmen. Solange das nicht der Fall ist, können wir nicht bauen ohne Gefahr zu laufen, dass gerade in diesem Sommer Land unter auf unserem Grundstück herrscht.
Meine Frage ist nun inwiefern wir rechtliche Ansprüche gegen die Gemeinde haben, da dieser Graben und seine Problematik, die eindeutig bekannt war, beim Kauf des Grundstücks nicht erwähnt wurden und man auch weiterhin behauptet wir hätten ein einwandfreies Grundstück gekauft.
Vielen Dank für die Hilfe.
M. Mülhaupt
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Reinhard Otto
Guten Morgen,
ich beantworte Ihre Anfrage auf der Grundlage der dazu mitgeteilten Informationen wie folgt:
Zunächst ist die Frage, ob eine natürliche Geländebeschaffenheit überhaupt als Mangel des Grundstückes zu bewerten ist.
Ein solcher liegt nach § 434 BGB entweder darin, dass eine vertraglich vorgesehene Verwendung nicht möglich ist oder aber dass das Grundstück nicht sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
Hinsichtlich des ersten Punktes verhält sich der notarielle Vertrag dahingehend, dass die Gemeinde als Verkäuferin nur die Beschaffenheit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbaren will, vgl. § 3 Abs. 3 des Vertrages.
Auch ist die grundsätzliche Bebaubarkeit ja gegeben, so dass hier nichth von einem Mangel ausgegangen werden kann.
Dass die Bebaubarkeit möglicherweise erschwert ist, weil das Problem mit dem Graben existiert, war Ihnen bei Vertragsschluss bekannt bzw. hätte durch genaue Besichtigung des gesamten Grundstückes und der entsprechenden Katasterkarten bekannt sein können.
§ 442 BGB schränkt von daher etwaige Rechte ein.
Sofern die Gemeinde als Eigentümerin anderer Grundstücke ebenfalls die Zuführung von Regenwasser verursacht, ist sie, wie die anderen Eigentümer auch, Störer i.S.d. § 1004 BGB. Allerdings wird sie dahingehend argumentieren, dass sie durch den Graben ja entsprechende Maßnahmen hergestellt hat, der eine Zuführung von Regenwasser auf Ihr Grundstück verhindert.
Dass Sie das Grundstück ohne eine Beseitigung des Grabens und ohne weitere Maßnahmen bebauen können, ist nach dem notariellen Vertrag nicht geschuldet. Ich verweise auf § 3 Abs. 4 des Vertrages, wonach die Gemeinde "nicht für die Tauglichkeit zu irgendwelchen Zwecken" einsteht.
Sie haben aus den genannten Gründen leider keine rechtliche Handhabe aus den Gesichtspunkten einer Gewährleistung oder Störungsbeseitigung.
Es bleibt Ihnen daher nur die Auseinandersetzung mit Ihrem direkten Nachbarn.
Ich bedaure, Ihnen keine bessere Nachricht überbringen zu können, aber der geschlossene Vertrag ist in diesem Punkt leider sehr ungünstig für Sie formuliert.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Otto
Rechtsanwalt
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