Grunderwerbssteuer - Erbschaftsrecht
Beantwortet
Fragestellung
Sehr geehrter Steuerberater,
2003 haben meine beiden Schwesten (a und b) und ich zu gleichen Teilen 2 Immobilien (C und D) von unserer Mutter geerbt. Eine Schwester (a) hat 2009 darauf gedrängt aus der Erbengemeinschaft auszuscheiden. Mangels Liquidität haben wir damals einen " Tausch" der Immobilienanteile vorgenommen, sprich die aus der Erbengeimschaft austretende Schwester (a) erhielt 2/3 der Immobilie (C), die laut unserer Einschätzung weniger wert war. Im Gegenzug erhielten Schwester (b) und ich je 1/6 der Immobilie (D), die mehr wert war. Mit der Folge, dass Schwester (b) und ich Eigentümer zu je 1/2 an Immobilie (D) wurden.
Dafür wurde keine Grunderwerbssteuer veranschlagt.
Auf Grund der niedrigen Zinsen ist es mir in diesem Jahr möglich geworden von Schwester b ihre Hälfte der Immobilie (D) zu erwerben, so dass die Erbengemeinchaft jetzt ganz auseinandergesetzt ist.
Vom Finanzamt habe ich zur Wahrung des rechtlichen Gehörs gem. §91 der Abgabenordnung eine Mitteilung erhalten, dass dafür Grunderwerbssteuer veranschlagt werden soll.
Mein Einwand, dass es sich bei dem Erwerb des hälftigen Anteils der Immobilie (D) von meiner Schwester um eine Erbauseinandersetzung der Erbfolge in gerader Linie nach unserer Mutter handelt, die nach § 3 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen ist, wurde durch die Sachbearbeiterin abgewiesen. Sie behauptet, dass die Erbengemeinschaft bereits 2009 auseinandergesetzt wurde und dass damals Steuerbefreiung nach §3Nr3 GrEStG gewährt wurde und diese somit verbraucht sei.
Ich bin der Ansicht, dass damals nur eine Abschichtung vorgenommen wurde und die endgültige Erbauseinandersetzung erst in diesem Jahr erfolgt ist.
Zudem würde eine jetzige Besteuerung eine Ungleichbehandlung bei der Grunderwerbssteuer bedeuten: Wenn ich 2009 über die finaziellen Möglichkeiten verfügt und die Erbengemeinschaft ganz auseinandergesetzt hätte werden können, wäre nach § 3 GrEStG keine Grunderwerbssteuer angefallen. Da ich aber erst jetzt die Immobilie finanzieren kann, soll angeblich Grunderwerbssteuer fällig sein. Das widerspricht meinem Rechtsverständnis.
Bitte informieren Sie mich über die Rechtslage und setzen ein Schreiben auf, das ich ans Finanzamt schicken kann
Mit freundlichen Grüßen
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort des Experten
Sehr geehrte Ratsuchende,
hinsichtlich Ihrer Anfrage möchte ich Ihnen nachfolgendes mitteilen.
Sachverhalt:
- Sie (c) und Ihre Schwestern a und b haben als Erbengemeinschaft die Immobilien C und D von Ihrer Mutter zu je 1/3 geerbt
- Im Jahr 2009 hat Ihre Schwester a durch Tausch der Anteile an den Immobilien 100 % der Immobilie C erhalten
- Sie und Ihre Schwester b haben durch den Anteilstausch jeweils 50% der Immobilie D erhalten
- Im Jahr 2009 ist für den Tausch der Grundstücksanteile keine Grunderwerbsteuer angefallen
- Im Jahr 2014 kaufen Sie Ihrer Schwester b die Hälfte der Immobilie D ab
- Das Finanzamt veranschlagt für diesen Erwerb Grunderwerbsteuer
Frage:
Ist die Erbengemeinschaft tatsächlich bereits im Jahr 2009 aufgelöst worden?
Unterliegt der Kauf in 2014 der Grunderwerbsteuer? Wenn ja, gibt es eine Steuerbefreiung?
Steuerliche Beurteilung:
Tausch im Jahr 2009
Wie vorgenannt haben Sie bis zum Jahr 2009 eine Erbengemeinschaft mit Ihren beiden Schwestern a und b gebildet.
Eine Erbengemeinschaft ist nicht auf Dauer angelegt. Sie wird regelmäßig durch eine Erbauseinandersetzung aufgehoben. Das kann durch z.B. Auseinandersetzungsvertrag, Testamentsvollstreckung, durch tatsächliche Vollziehung von Teilungsanordnungen des Erblassers und durch Auseinandersetzungsklage erfolgen.
Die klassischen Methoden der Erbauseinandersetzung sind:
Naturalteilung
Alle Nachlassgegenstände sind ohne Wertminderung nach Erbteilen zerlegbar (z. B. Geld, Wertpapiere, unbebaute Grundstücke).Wird also die Erbengemeinschaft durch Naturalteilung gem. §§ 752,2042 Abs. 2 BGB beendet, erwirbt der einzelne Miterbe unentgeltlich, nicht durch Anschaffungs(-rechts)geschäft, sondern durch Vollzug der gesetzlichen Teilungsanordnung (a.A. K. Schmidt MünchKomm zu § 752 Anm.5)
Realteilung
Die Erben einigen sich - weil eine Teilung in Natur nicht möglich ist - darauf, dass jeder von ihnen bestimmte Nachlassgegenstände zu Alleineigentum übernimmt, die dem Wert ihres Erbteils entsprechen, wobei die Rechnung aufgeht. Der Realteilung liegt mithin ein schuldrechtlicher Vertrag mit Vergleichscharakter ( § 779 BGB) zugrunde. Zivilrechtlich ist jede Realteilung ein entgeltliches Geschäft. Der Miterbe erhält die einzelnen Nachlassgegenstände gegen Hingabe seiner gesamthänderischen Beteiligung an der Erbengemeinschaft.
Ihre Schwester a hat durch Hingabe Ihres Anteils an der Immobilie D die Anteile von Ihnen und der Schwester b an der Immobilie C erhalten und umgekehrt. Folglich wurde in Ihrem Fall wurde die Erbengemeinschaft bereits im Jahr 2009 durch Realteilung aufgehoben.
Der Tausch im Rahmen der Realteilung ist auch als entgeltliches Geschäft zu sehen, was im Jahr 2009 grundsätzlich der Grunderwerbsteuer unterliegen hat, aber aufgrund der Erbauseinandersetzung nach § 3 Nr. 3 GrEStG steuerfrei war.
Folglich hat das Finanzamt mit der Aussage recht, dass die Erbengemeinschaft bereits im Jahr 2009 durch Realteilung aufgelöst wurde und die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG bereits verbraucht ist.
Kauf des Anteils von Schwester b
Nach der Auflösung de Erbengemeinschaft im Jahr 2009 haben Sie und Ihre Schwester b eine neue Bruchteilsgemeinschaft an der Immobilie D gebildet.
Bei einer Bruchteilsgemeinschaft steht jedem Bruchteilseigentümer ein quotenmäßiger Anteil am Gesamteigentum zu (ideeller Bruchteil), über den er frei verfügen kann (§ 747 Satz 1 BGB) und der rechtlich selbstständig ist.
Der Kauf des quotenmäßigen Anteils Ihrer Schwester b an der Bruchteilsgemeinschaft unterliegt der Grunderwerbsteuer, da es sich um ein inländisches Grundstück handelt (§ 1 GrEStG).
Für den Kauf von Bruchteilsanteilen durch Sie als anderen Bruchteilseigentümer gibt es im Grunderwebsteuergesetz keine Steuerbefreiung.
Insbesondere kommt die von Ihnen begehrte Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 23 GrEStG nicht zur Anwendung, da die Erbengemeinschaft wie vorgenannt bereits im Jahr 2009 aufgelöst wurde.
Ich hoffe meine Ausführung sind für Sie hilfreich.
Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Damm
Steuerberater
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vielen Dank für Ihre Antwort. Bitte erklären Sie mir mir nochmals, ob und wenn warum die Erbengemeinschaft 2009 tatsächlich aufgelöst wurde. Der "Tausch" der Immobilien wurde 2009 durch eine notariell beurkundete Erbteilsübertragung vorgenommen, eine weitere Erbauseinandersetzung war uns auf Grund mangelnder Liquidität 2009 nicht möglich. Es erfolgte meines Erachtens somit keine Realteilung. Außerdem erhielten meine Schwester (b) und ich von unserer Schwester (c) nur 1/3 der Immobilie (D) durch Erbteilsübertragung, somit ist nach meiner Einschätzung die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 23 GrEStG 2009 auch nur für dieses Drittel gewährt worden.
Gerne hätten wir 2009 auch die Immobilie (D) auseinandergesetzt, wobei nach § 3 Nr. 23 GrEStG kein Grunderwerbssteuer angefällen wäre. Leider war es mir erst 2014 finanziell möglich, die Immobilie (D) zu übernehmen. Dass, dafür nun Grunderwerbssteuer von mir verlangt wird, widerspricht meiner Ansicht nach der Gleichstellung bei der Grunderwerbssteuer: Ich soll nun mit Grunderwerbssteuer belastet werden, weil mir 2009 die finanziellen Mittel gefehlt haben, die Immobilie (D) zu übernehmen.
Vielen Dank im Vorraus für Ihre Antwort
mit freundlichen Grüssen
vielen Dank für Ihre Antwort. Bitte klären Sie nochmals kurz, ob 2009 die Erbengemeinschaft tatsächlich aufgelöst wurde, da es sich bei dem "Tausch" der Immobilienanteile" um eine notariell beglaubigte "Erbteilsübertragung" handelte. Aus Liquiditätsgründen war eine weiter Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft damals nicht möglich.
Außerdem ist durch die Erbteilsübertragung nur 1/3 der Immobilie (D) an meine Schwester (b) und mich gefallen. Daher wurde auch nur für dieses 3tel Steuerfreiheit gewährt.
Nun wird erheblich mehr steuer fällig, nur weil die auseinandersetzung zweizeitig erfolgt, also da ich weniger geld habe.
vielen Dank