Gewinnerzielungsabsicht/Liebhaberei
Beantwortet von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Fragestellung
Hallo,
das FA vermutet aufgrund von Verlusten meines Gewerbebetriebes Liebhaberei.
Es gibt den Zeitraum 2005-2012 an, obwohl ich das Gewerbe erst 2009 angemeldet habe.
Von 2005-2009 wurden für die Selbständigkeit notwendigen Seminare als vorweg genommene Betriebsausgaben geltend gemacht. Jetzt erwartet das FA eine Stellungnahme von mir. Fachkenntnisse habe ich 2009 über eine IHK Prüfung bestätigt bekommen. Webseite und Listung auf Webseite des Fachverbandes habe ich erstellt. Geplant war 2009-2011 die Tätigkeit parallel zum Hauptberuf auszuüben, was sich als organisatorisch schwer mit Kleinkind herausstellte. Deshalb wollte ich 2011 diese Tätigkeit hauptberuflich ausüben. 2011 hatte ich einen Unfall und konnte daher nicht die Nebentätigkeit ausbauen. Die gesundheitlichen Probleme schränken mich in der Nebentätigkeit seitdem ein und es ist nicht abzusehen, wann ich diese wieder 100%-ig ausüben kann. 2013 wurde mir dann von meinem Arbeitgeber eine interessante neue Tätigkeit angeboten, die ich auch gesundheitlich besser ausüben kann. Ich habe 2014 dem FA mitgeteilt, dass mein Gewerbe ruht.
Reichen diese Argumente für eine Anerkennung der Verluste? Ärztliche Bestätigung kann eingeholt werden, aus dem Zwischenzeugnis des Arbeitgebers geht hervor, dass ich das Unternehmen verlassen wollte.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrter Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich möchte Ihnen diese nachfolgend nach von Ihnen geschilderten Sachverhalt beantworten:
Das Finanzamt geht von einem Verlustzeitraum von 2005 an aus, da hier schon vorweggenommene Betriebsausgaben für den Zeitraum ab 2009 entstanden sind.
Ich möchte erst einmal als Argumentationshilfe den Grundsatz Erzielung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb zur Abgrenzung der Liebhaberei zitieren:
Gewinnerzielungsabsicht als Merkmal des gewerblichen Unternehmens ist das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns (grundlegend Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c).
Angestrebt werden muss ein positives Ergebnis zwischen Betriebsgründung und Betriebsbeendigung, und zwar auf Grund einer Betätigung, die, über eine größere Zahl von Jahren gesehen, auf die Erzielung positiver Ergebnisse hin angelegt ist.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass bei Tätigkeiten, die nicht typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist, allein das Erzielen langjähriger Verluste noch keinen zwingenden Schluss auf das Nichtvorliegen der Gewinnerzielungsabsicht zulässt.
Vielmehr muss bei längeren Verlustperioden aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sein, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt.
Der BFH hat deshalb bisher die Gewinnerzielungsabsicht in keinem Fall verneint, wenn Steuerpflichtige eine gewerbliche Tätigkeit ausübten, die nicht in der Nähe des Hobbybereichs angesiedelt war. Das heißt, allein der Umstand, dass ein Verlust zur Steuerminderung führt, genügt also ebenso wenig wie Unvermögen oder Krankheit (z.B. BFH X R 33/03 BStBl II 04)
Im Lebensführungsbereich liegende persönliche Gründe für die Fortführung einer verlustbringenden Tätigkeit
können sich aus der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre ergeben. oder
liegen vor, wenn die Fortführung der verlustbringenden Tätigkeit den Abzug von Gehaltszahlungen an nahe Angehörige ermöglichen soll oder
können wegen des mit dem ausgeübten Beruf verbundenen Sozialprestiges vorliegen.
Die Beweislast trägt im Verlustfall aber grundsätzlich der Steuerpflichtige.
Das heißt, wenn Sie dem Finanzamt den obigen Sachverhalt so darstellen und dann auch noch Belege beifügen, wie eine ärztliche Bestätigung, Teilnahme am IHK-Lehrgang, Rechnung für die Erstellung der Webseite usw., dann ist es meines Erachtens aufgrund der ständigen Rechtsprechung nicht möglich, Ihnen persönliche Gründe, die nur aus dem Bereich der privaten Lebensführung liegen, zu unterstellen. Vielleicht haben Sie ja auch noch nachweislich Anzeigen oder ähnliches zur Kundengewinnung geschaltet.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig, Steuerberaterin
Sie haben eine Frage zu Ihrer Einkommenssteuererklärung?
Schildern Sie Ihren Fall und erhalten Sie von unseren Steuerberatern kostenlos und unverbindlich Angebote zur Lösung Ihres Falles!
Nach dem Einstellen Ihrer Frage erhalten Sie individuelle Preisangebote unserer Experten, aus welchen Sie einfach das für Sie passende Angebot auswählen können!
Hier kostenlos und unverbindlich Angebote einholen!