Gesellschafterbeschluss zur Einstellung der Geschäftstätigkeit und Liquidierung
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Migge,
unsere Firma war ursprünglich als Restaurantkette geplant, die sukzessive ausgebaut werden sollte. Nach 2 Restaurants gab es jedoch nicht genügend Investoren um das Konzept voranzutreiben - da wir die Gewinnschwelle nicht überschritten haben, macht es auch keinen Sinn das Geschäft weiter voranzutreiben.
Daher wollen wir die Geschäftstätigkeit einstellen, die Restaurants verkaufen und die Firma liquidieren.
Da dies aber rechtlich sauber sein soll, würde ich dies gerne in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung beschließen lassen. Hierfür habe ich für morgen, Mittwoch, 25.04. 13 Uhr eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen und würde gerne sichergehen, dass hier alles sauber ist - insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Einladungsfrist kürzer war, als in der Satzung für ordentliche Versammlungen vorgesehen.
Könnten Sie mir noch heute Bescheid geben was ich im B.ug auf Protokoll etc. beachten muss, dass der Beschluss bindend ist?
Anbei finden Sie die Einladung und im Anhang den Gesellschaftsvertrag.
Besten Dank & Viele Grüße
M. B.
----------- please scroll down for english version ------------
Liebe Gesellschafter,
aufgrund der aktuell pressanten Situation und, selbstverständlich, vielen Fragen eurerseits (einige bereits beantwortete Fragen, siehe Mails weiter unten), möchten wir sehr gerne eine kurzfristige, außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen, am:
Mittwoch 25.04.18 um 13:00 MEZ (Berlin Zeit) at Schönhauser Allee 44, 10435 Berlin
Verständlicherweise, wird es keinem von euch möglich sein vor Ort zu erscheinen, daher werden wir die Versammlung als Telefonkonferenz einberufen und euch entsprechend noch die Call-In Daten zukommen lassen.
Für die Versammlung ist folgende Agenda vorgesehen:
1.) Allgemeines Update zur momentanen Situation und gemeinsame Diskussion
2.) Abstimmung über folgenden Punkt:
"Die Geschäftsführung wird ermächtigt die Mietverträge beider Betriebststätten zu kündigen, per Ablösevereinbarung an einen Käufer abzugeben, den Betrieb einzustellen und die Firma schlussendlich zu liquidieren."
Leider wäre die einzige Alternative zu diesem Zeitpunkt die Anmeldung zur Insolvenz, was im Interesse aller zu vermeiden ist.
Solltet ihr nicht im Stande sein, bei der Versammlung teilzunehmen, bitten wir euch im Voraus mit uns Kontakt aufzunehmen, damit wir die Abstimmung dann schriftlich per E-Mail mit euch durchführen können.
Bei Fragen im Vorfeld könnt ihr euch jederzeit an uns wenden.
Mit freundlichem Gruß
Euer NETA Management Team
-------------- ENGLISH VERSION -------------
Dear shareholders,
due to the current, very pressing situation and, understandably, loads of questions from your side (some answered questions see below in the email), we would like to call in an extraordinary shareholdermeeting on short notice, on:
Wednesday, 25.04.18 at 13:00 CEST (Berlin Time) at Schönhauser Allee 44, 10435 Berlin
We realize, that due to this short term announcement, probably none of you will be able to be physically present, that is why we will send out call-in information before the meeting, so everybody can take part via phone.
Precisely, we are going to follow the agenda below:
1.) General update of the current situation and overall discussion
2.) Vote for the point below:
"NETA management team to be allowed to recall rent agreements of both NETA locations, sell fixtures, fittings and equipment via "Ablösevereinbarung" (German special contract to sell existing fixures, furniture and equipment to the new tenant, e.g. "key money"), to go out of business with both stores and liquidate the company."
Unfortunately, the only other alternative at this stage is to file for bankrupcy. Which, of course, is to avoid in any way possible.
Should you not be able to take part in the meeting, please contact us before Wednesday, so we can organize your vote via e-mail.
If you have any other questions, please contact us at any time.
Best regards
your NETA management Team
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Antwort von Rechtsanwalt Ray Migge
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für die Anfrage, welche ich - wie gestern telefonisch besprochen - aufgrund eines Mandantentermins erst heute beantworten kann.
In Ihrem Fall sind hinsichtlich der Ladung und Einberufung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vor allem drei Erfordernisse zu berücksichtigen: (a) Frist (b) Form und (c) Berechtigung zur Einberufung der Gesellschafterversammlung.
(a) Hinsichtlich der Frist lässt sich nicht erkennen, wann die Ladung per E-Mail geschickt wurde. Es dürfte jedoch davon auszugehen sein, dass diese nicht innerhalb der 14-tägigen Frist aus dem Gesellschaftervertrag geschehen ist. Eine solche Verkürzung der Ladungsfrist ist durchaus möglich, muss aber auf einem wichtigen Grund beruhen. Hier ist es sinnvoll, wenn der Gesellschaftsvertrag bereits beispielhaft solche wichtigen Gründe aufzählt. Dies ist bei Ihnen leider nicht der Fall. Dennoch könnte vorliegend ein wichtiger Grund gegeben sein, etwa wenn die Kündigung der Mietverträge dringend noch diesen Monat erforderlich ist, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine spätere Kündigung der Mietverträge die Insolvenz der Gesellschaft herbeiführen könnte. Dann nämlich wären die in dieser außerordentlichen Versammlung zu fassenden Beschlüsse dringend notwendig zur Abwendung der Insolvenz.
Ob dies vorliegend der Fall ist, kann nicht abschließend beurteilt werden, da hierfür Einblick in die Verträge und die Bücher der Gesellschaft genommen werden müsste.
In jedem Fall sollten Sie sich hinsichltich der Rechtmäßigkeit der kürzeren Ladungsfrist dadurch absichern, dass Sie am Anfang der Versammlung die Gesellschafter einstimmig beschließen lassen, dass auf die eigentlichen Fristerfordernisse in diesem Fall verzichtet wurde und die Ladung fristgemäß erfolgt ist. Dies sollte im Protokoll aufgenommen werden. Die Abstimmung sollte von jedem einzelnen Gesellschafter - wie im Gesellschaftsvertrag bestimmt - schriftlich bestätigt werden.
(b) Die Form der Ladung kann laut Gesellschaftsvertrag auch mit einer E-Mail eingehalten werden. Dennoch sollten Sie auch hier anfangs der Versammlung durch einstimmigen Beschluss feststellen lassen, dass die Ladung formgemäß erfolgt ist, dies ins Protokoll aufnehmen und schrifltich bestätigen lassen.
(c) Aus der E-Mail geht nicht hervor, ob der Geschäftsführer die Versammlung einberuft, da nur mit "Management-Team" gezeichnet wurde. Dies könnte problematisch werden. Daher gilt auch hier: Lassen Sie sich die Ordnungsmäßigkeit der Ladung durch einstimmigen Beschluss bestätigen. Sonst könnte es später zur Anfechtung der Beschlüsse durch einen Gesellschafter kommen.
Problematisch könnten die vorgenannten Punkte dann werden, wenn nicht alle Gesellschafter an der Versammlung teilnehmen und daher kein einstimmiger Beschluss ergehen kann. Dann sollten Sie nochmals eine kurzfristige Versammlung einberufen und dafür Sorge tragen, dass alle Gesellschafter teilnehmen.
Auch sollten Sie sich bestätigen lassen, dass die Gesellschafter allesamt einverstanden sind mit der Abstimmung per Videokonferenz oder schriftlich. Dies sollte ebenfalls ins Protokoll aufgenommen werden und von jedem Gesellschafter schriftlich bestätigt werden. Ihr Gesellschaftsvertrag sieht eine Versammlung und Beschlussfassung schriftlich oder per Videokonferenz nämlich nur vor, wenn alle Gesellschafter damit einverstanden sind.
Letztlich sollte sehr sorgfältig über sämtliche Vorgänge Protokoll geführt werden. Dieses ist laut Gesellschaftsvertrag vom Vorsitzenden der Versammlung anzufertigen. Diesen sollten Sie am Anfang der Versammlung durch Abstimmung bestimmen. Das Protokoll kann auch ergänzt, bzw u.U. ersetzte werden durch eine Aufzeichnung der Versammlung. Hierfür muss jeder Gesellschafter aber seine ausdrückliche Einwilligung gegben.
Hinsichtlich des Protokolls ist letztlich noch zu beachten, dass der Gesellschaftsvertrag vorsieht, dass dieses unterschrieben wird. Es ist also tatsächlich schriftlich auszufertigen und mit Hand zu unterschreiben. Alternativ kann eine qualifizierte elektronische Signatur erfolgen (also mit entsprechendem Zertifikat), es ist jedoch nicht zu erwarten, dass Sie die hierfür notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Daher achten Sie auf die Ausfertigung auf Papier und eigenhändige Unterschrift.
Auch die Übersendung der Kopie des Protokolls an die Gesellschafter sollte per eingeschriebenen Brief erfolgen, da der Gesellschaftsvertrag nicht explizit die Übersendung per E-Mail erlaubt.
Hinsichtich der Protokollierung der Beschlussfassung sollte zunächst die Beschlussfähigkeit der Versammlung festgestellt und protokolliert werden, danach die konkrete Abstimmung inkl. des Beschlusses über die Form der Abstimmung (da diese ja anders als grundsätzich im Vertrag gefordert nun per Videokonferenz erfolgt). Daraufhin erfolgt die Protokollierung der Abstimmungsfrage sowie des Abstimmungsergebnisses.
Das Protokoll sollte unmittelbar nach Ende der Versammlung ausgestellt und am folgenden Tage versandt werden.
Bei Rückfragen oder Unklarheiten können Sie gerne die kostenfreie Kommentarfunktion nutzen.
Mit bestem Gruß
Ray Migge
-Rechtsanwalt-
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vielen lieben Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Ich habe noch eine Frage zur Abstimmung per Email: 2 Gesellschafter haben mir im Voraus eine Email mit deren Abstimmungsverhalten geschickt, da sie nicht persönlich teilnehmen können. Ist es möglich diese zu verlesen und ins Protokoll aufzunehmen?
Wäre es zudem möglich eine Abstimmung per Email z.B. bis zu einem bestimmten Tag zu erlauben und das Ergebnis danach mitzuteilen oder ist der letztmögliche Zeitpunkt die Abstimmung selbst?
Besten Dank und viele Grüße
die Gesellschafter müssten einem solchen Verfahren einstimmig zustimmen. Der Minderheitenschutz soll es nämlich eigentlich allen Gesellschaftern ermöglichen, sich zum Beschlussgegenstand zu äußern. Damit könnten andere Gesellschafter von einer anderen Beschlussfassung überzeugt werden. Durch das von Ihnen angedachte Verfahren ist eine solche Äußerung zum Beschlussgegenstand nicht möglich und daher der Minderheitenschutz nicht gewährt. Daher müssen alle Gesellschafter dem Vorgehen zustimmen. Widerspricht auch nur ein einziger Gesellschafter, so ist die Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren nicht möglich.
Wird dem Verfahren dagegen von allen zugestimmt, so ist das Verfahren auch in der von Ihnen beschriebenen Art möglich, d.h. Beschlussfassung bis zu einem bestimmten Tag.
Nicht ganz nachvollziehen kann ich Ihre Frage zum letztmöglichen Zeitpunkt. Mir ist nicht ganz klar, was Sie hiermit meinen. Wenn sich die Gesellschafter auf ein Verfahren einigen - etwa Abstimmung bis Freitag dieser Woche - so werden alle Stimmen mit Ablauf des Freitags gezählt und das Abstimmungsergebnis dann bekanntgegeben. Wichtig: Schriftform bedeutet per Brief, Textform kann dagegen auch Mail, Fax, etc. beinhalten.
Nicht möglich ist die Verlesung von Abstimmungsverhalten in der Versammlung. Was allerdings möglich ist, wäre die Vertretung der abwesenden Gesellschafter. Dann können Sie die Stimme für diese Gesellschafter abgeben. Beachten Sie, dass Sie hierfür ausdrücklich schriftlich oder in Textform bevollmächtigt werden müssen.
Mit bestem Gruß
Ray Migge
-Rechtsanwalt-