Gebietserhaltungsanspruch - reines Wohngebiet
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich benötige eine Rechtauskunft zu folgendem Sachverhalt:
Ich wohne in einem "reinen" Wohngebiet. In den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes sind Nutzungen gem. § 3 Abs. 3 Nr.1 BauNVO ausgeschlossen und nur Ausnahmen gem. 3 Abs. 3 Nr.2 BauNVO zugelassen. Meine unmittelbare Nachbarin hat auf ihren Grundstück im Vorgarten neben meinen Wohnbereich einen Wintergarten errichtet und dort ein Nagel-und Kosmetikstudio mit 3 Arbeitsplätzen eingerichtet. Mein Antrag an die zuständige Bauaufsichtsbehörde auf bauaufsichtliches Einschreiten und zur Geltendmachung meines Gebietserhaltungsanspruches wurde abgelehnt. Als Grund wurde die Zulässigkeit des Vorhabens im Rahmen von § 13 BauNVO benannt und dieses Gewerbe als den Freiberuflern ähnelnde Tätigkeit benannt. Die Festsetzungen des Bebauungsplanes wurden dabei völlig ignoriert.
Wie beurteilen Sie die Rechtslage?
Mit freundlichen Grüßen
Birgit Schubert
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
§ 13 BauNVO - Gebäude und Räume für freie Berufe - bestimmt:
"Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig."
§ 3 - Reine Wohngebiete - regelt dazu:
"(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.
(2) Zulässig sind Wohngebäude.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke."
Die Nr. 1 ist damit gegenüber Nr. 2 abzugrenzen.
Beides dürfte hier ausscheiden, müsste aber ansonsten nochmals von dem Bauamt geprüft werden. Nach dem unten genannten Urteil scheidet es aus.
Dieses stützt sich ja momentan (noch) auf § 13 BauNVO. Dieses ist neben § 3 Abs. 3 eine zusätzliche Ausnahme.
Dieses ist aber nach der wohl herrschenden Rechtsprechung unter Berücksichtigung des vorliegenden Falles ebenfalls nicht einschlägig.
So hat z. B. das OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.08.2011 – Az.: 2 A 38/10, dazu folgendes ausgeführt, ich zitiere auszugsweise die relevanten Stellen.
"Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich der hier streitige Betrieb eines "Instituts für Präventions- und Physiotherapie, medizinische Fußpflege und medizinische Fachkosmetik" in seiner Gesamtheit nicht als Berufsausübung, die nach § 13 BauNVO in einem (faktischen) reinen Wohngebiet zulässig ist.
Das Angebot des Instituts kann nicht einem (bestimmten) freien Berufsbild zugeordnet werden. Vielmehr werden mit der Physiotherapie, der medizinischen Fußpflege und der medizinischen Kosmetik Tätigkeitsfelder verschiedener Professionen angesprochen, wie auch der Betriebsbeschreibung zu entnehmen ist."
Daher ist auch § 13 BauNVO nicht gegeben, worauf ich mich gegenüber der Behörde berufen würde.
Das Bauamt ist daher nochmals zum Einschreiten aufzufordern.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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