Frage Baurecht
Fragestellung
Ich möchte das Haus meiner Mutter verkaufen. Es handelt sich um ein Reihenmittelhaus von 1975. Es stehen fünf Häuser in einer Reihe. Von diesen fünf Häusern hat nur ein Haus zum damaligen Erbauungszeitpunkt eine Genehmigung für das Dachgeschoss erhalten. Hintergrund war, dass man eine Vermietung des Dachgeschosses (und damit eventuelle Umbauten des Hauses) vermeiden wollte. Die Partei, welche damals dennoch eine Genehmigung für das Dachgeschoss bekam, hatte sich besonders dafür eingesetzt - den anderen Parteien genügte die schriftliche Zusage (so auch in der Bauakte vermerkt), dass die Nutzung des oberen Geschosses geduldet sei. Das damals ausgebaute Dachgeschoss im Haus meiner Mutter wurde entsprechend und inkl. Badezimmer abgenommen.
Wir haben ein Gutachten erstellen lassen,welches diese Gegebenheiten nicht wiederspiegelt, da der Gutachter sie nicht für relevant hält. Er sagt, dadurch, dass der Nachbar eine Genehmigung hat, ist
a) garantiert, dass alle anderen Häuser ebenfalls das Recht auf eine offizielle Genehmigung des Dachgeschosses erhalten.
b) und die Tatsache, dass dies über mehr als 10 Jahre (in diesem Fall über 40 Jahre) von keiner Seite (Behörden, Nachbarn etc.), in welcher Form auch immer, thematisiert wurde, würde dies einer offiziellen Genehmigung gleichsetzen.
Wie gesagt, möchten wir das Haus nun verkaufen: Der potentielle Käufer ist durch die Bauakte über oben stehende Gegebenheiten informiert. Nicht durch das Gutachten und auch nicht über mich, da ich inhaltlich über die Besonderheit des Dachgeschosses bis zu dem Zeitpunkt selber nicht informiert war (das war bei uns nie ein Thema). Nun möchte er den Kaufpreis senken. Wie stelle ich mich in diesem Fall auf? Kann man das nicht genehmigte Dachgeschoss unter den oben dargestellten Vorraussetzungen überhaupt in Bezug auf Kaufpreisreduzierungen geltend machen? Sollte ich es nachgenehmigen lassen, oder ist es das inzwischen (siehe b)) schon? Wie lange dauert so etwas in der Regel?
Danke für ein Feedback und freundliche Grüße
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Tim Greenawalt
Sehr geehrter Ratsuchender,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen verbindlich wie folgt beantworten möchte:
Rechtliche Einschätzung
Sie können sich auf eine sogenannte "aktive Duldung" durch die Stadt Hilden berufen. Es besteht kein Anlass, den Kaufpreis zu mindern.
Im Einzelnen
Zunächst kann ich die Aussage des Gutachters nicht ganz nachvollziehen, wonach die Genehmigung der Nachbarn auch für Sie gelten soll. Die Genehmigung gilt nur für das jeweilige Objekt. Sie ist zwar ein Indiz dafür, dass auch Ihr Haus genehmigt werden könnte, allerdings bietet dies keine Garantie. Es müsste für eine endgültige Sicherheit geprüft werden, ob Ihr Haus und die Nutzung des Dachgeschosses genehmigungsfähig ist und dann eine entsprechende Genehmigung beantragt werden. Auch die Aussage des Gutachters, dass allein dadurch dass die Stadt das Dachgeschoss nicht bemängelt hat ein Bestandsschutz eingetreten sei, ist leider falsch.
Aufgrund des Schlussabnahmescheins der Stadt vom 5. Juni 1975 liegt aber eine aktive Duldung vor. Diese steht zum Beispiel einer Abrissverfügung oder Nutzungsänderungsverfügung entgegen und wirkt damit im Ergebnis vergleichbar wie eine Baugenehmigung - anders als eine bloß passive Duldung (OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 20.04.2016 - 7 A 1367/14).
Indem die Stadt hier ausdrücklich festgestellt hat, dass die Nutzung des Dachgeschosses als Wohnraum erlaubt ist, hat sie eine ausdrückliche Erklärung abgegeben. Es liegt damit eine Selbstbindung der Verwaltung vor. Diese ist bestimmt genug, um sich auch heute noch darauf berufen zu können.
Insgesamt können Sie daher die Forderung des Käufers nach einer Reduktion des Kaufpreises ablehnen.
Ich hoffe damit konnte ich Ihnen helfen und wünsche Ihnen für die Transaktion viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen,
RA Dr. Tim Greenawalt
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