fehlender Mahnbescheid
Fragestellung
Ich wurde am 11.07 in der Berliner S-Bahn kontrolliert und konnte keinen fahrschein für mein Fahrrad vorweisen. Mir war nicht klar (hatte mich dazu auch vorher zugegebener Maßen nicht informiert), dass ein Fahrrad zusätzlich zu zahlen ist.
Nach der Kontrolle stieg ich zusammen mit dem Kontrolleur aus der S Bahn aus, übergab meine Personalien und löste ein Ticket für das Rad am Automaten. Ich erhielt kein Überweisungsträger oder andere Informationen zur Zahlung des erhöhten Beförderungsentgeldes i.h.v 60 EUR. Mit Überraschung erhielt ich am 01.08 ein Inkassoschreiben von Infoscore (nicht der S Bahngesellschaft) mit der Forderung über 119,47 EUR.
Ich weigerte mich dies zu zahlen und überwies stattdessen die 60 EUR an Infoscore. Den zwischenzeitlichen Schriftwechsel habe ich als Word Datei angehangen.
Mittlerweile drohen mir die Infoscore Anwälte mit einem gerichtlichen Mahnbescheid. Wie ist die Rechtslage?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Silvana Grass
Sehr geehrter Ratsuchender,
das erhöhte Beförderungsentgelt ist zu Recht erhoben worden, weil Sie keinen Fahrschein hatten.
Dies ergibt sich aus der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen und aus den Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn. Rechtlich stellt das erhöhte Beförderungsentgelt eine Vertragsstrafe dar (Amtsgericht Regensburg, Urteil vom 03.03.2014, Az.: 10 C 1949/13; AG Wuppertal, Urteil vom 8.4.2009, Az.: 35 C 376/08).
Inkassogebühren oder Anwaltskosten können neben dem erhöhten Beförderungsentgelt nur nach den allgemeinen zivilrechtlichen Verzugsregeln geltend gemacht werden. Die Verzugsvoraussetzungen sind in § 286 BGB geregelt, wonach der Schuldner erst dann in Verzug kommt, wenn er auf eine Mahnung des Gläubigers nach dem Eintritt der Fälligkeit nicht zahlt. Aus Absatz 2 der genannten Vorschrift ergibt sich aber auch, dass keine Mahnung erforderlich ist, wenn „für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist“. Dies könnte hier einschlägig sein, da in den Vorschriften zum erhöhten Beförderungsentgelt eine Zahlungsfrist von 14 Tagen enthalten ist.
Gleichwohl scheidet die Anwendung des § 286 Abs. 2 BGB aus, da hierfür eine Zeit für die Leistung durch Gesetz, Rechtsgeschäft oder Urteil bestimmt sein muss. In den Vorschriften der Bahn u.ä. erfolgt allerdings nur eine einseitige Bestimmung durch den Gläubiger, was nicht ausreichend ist (BGH Urteil vom 25.10.2007, AZ: III ZR 91/07).
Somit gilt: Sind Sie VOR der Einschaltung des Inkasso angemahnt worden, die Zahlung zu erbringen und haben dies nicht getan, sind Sie in Verzug geraten und müssten auch die Inkassokosten zahlen. Fehlt die Mahnung liegt kein Verzug vor, der aber zwingende Voraussetzung für die Erhebung von Inkassogebühren ist.
Wichtig für Sie ist, dass Sie unbedingt darauf achten, sollten Sie einen Mahnbescheid erhalten, hiergegen fristgerecht, also innerhalb von 2 Wochen nach Zugang, Widerspruch einzulegen. Dies sollte aus Beweisgründen per Einwurfeinschreiben erfolgen.
Ich hoffe, Ihnen die Rechtslage genügend und verständlich vermittelt zu haben. Bestehen Nach- oder Verständnisfragen Ihrerseits, teilen Sie mir dies bitte mit. Ich werde versuchen, zeitnah zu reagieren.
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
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Was ist nun der nächste Schritt? Folgend den Anwälten von Infoscore (siehe Anhang) muss ich bis heute den 13.10 die ausstehenden Mahngebühren zahlen, falls nicht würde ein gerichtlicher Mahnbescheid erwirkt. Wie kann ich das verhindern?
verstehe ich Sie richtig: einen gerichtlichem Mahnbescheid haben Sie noch nicht erhalten ?
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
in dem Fall könnten Sie entweder ein weiteres Schreiben mit den von mir aufgezeigten Argumenten verschicken oder auf den Mahnbescheid warten und sich dann im Gerichtsverfahren "verteidigen".
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
sobald das gerichtliche Mahnverfahren in Gang gesetzt wurde, kommunizieren Sie nur noch ausschließlich mit dem Gericht.
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass