Doppelte Haushaltsführung beim Umzug nach Deutschland
Beantwortet von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Klüsener,
ich bin EU-Ausländer und werde in Deutschland beschäftigt sein. Ich möchte gerne wissen, ob unter meinen Umständen für einen bestimmten Zeitraum die doppelte Haushaltsführung anerkannt werden kann.
Mein Hauptwohnsitz ist derzeit in einem EU-Land (Madrid, Spanien). Ich bin ledig und lebe in Madrid seit mehr als 10 Jahren, dann kann man davon ausgehen, dass mein Lebensmittelpunkt (Freunde, persönliche Bindungen) da ist. Ich wohne in einer Eigentumswohnung meines Vaters, aber er hat nie da gelebt. Die Wohnung steht mir zur Verfügung und ich trage alle Betriebs- und Nebenkosten (Strom, Gas, Wasser, Internetanschluss, die spanische Grundsteuer). Dazu habe ich eine notarielle Vollmacht zur Verwaltung und Angelegenheiten der oben genannten Wohnung.
Nun werde ich ab Mai 2018 in Deutschland als Arbeitnehmer/Nichtselbständiger mit einem unbefristeten Arbeitsverhältnis arbeiten. Zu diesem Zweck habe ich gerade eine Ferienwohnung/Wohnung auf Zeit am Arbeitsort gebucht. Die gebuchte Wohnung ist etwa kleinere (65qm, 2 Zimmer) als die spanische Wohnung (85qm, 3 Zimmer), und würde ich sagen, dass beide Wohnungen die gleiche Ausstattung besitzen (mittlere/gehobene).
Der Plan ist, eine langfristige (und größere) Mietwohnung vor Ort zu suchen. Nur wenn ich die langfristige Wohnung finde und anmiete, würde ich den tatsächlichen Umzug machen. Eine Vermietung der spanischer Wohnung ist momentan nicht geplant. Die Wohnung wird unbewohnt bleiben und mir zur Verfügung stehen, und ich werde dauernd alle Betriebs- und Nebenkosten zahlen.
Meine Vorstellung ist, dass der Aufenthalt in der Ferienwohnung als Doppelte Haushaltsführung behandelt werden kann. Dieser Zeitraum ist noch unbestimmt, aber voraussichtlich kann es zwischen 1 und 4 Monaten dauern. Der Umzug und die Anmietung einer neuen Wohnung würde meiner Meinung nach die Beendigung der Doppelten Haushaltsführung bestimmen. Beim Umzug würde man z.B. einen Transporter mieten, oder eine Umzugsfirma beauftragen, oder auch verschiedene Schachtel senden. Zur Ferienwohnung erfolgt kein tatsächlicher Umzug.
Noch einige Daten/Hinweise:
- Ich bin derzeit ledig, aber ich werde mich anfangs Juli verheiraten. Meine Ehegatte ist nicht berufstätig und würde ab der Heirat mit mir beim Beschäftigungsort bleiben.
- In dieser Zeitraum der doppelten Haushaltsführung würden wir mindestens einmal heimfahren, also wird das Kriterium einer Heimfahrt pro Jahr erfüllt. Wir könnten auch häufiger heimfahren, aber trotzdem sind zwei Heimfahrten pro Monat praktisch nicht möglich.
- Man kann davon ausgehen, dass der langfristige Wohnung größer als die Ferienwohnung sein wird (90-100 qm und 3 Zimmern)
Offene Fragen:
- Ist es korrekt, dass der Aufenthalt in der Ferienwohnung/Wohnung auf Zeit als doppelte Haushaltsführung behandelt werden kann?
- Ist diese Anerkennung sicher bzw automatisch, oder handelt es sich um eine Entscheidung/Einzelfall des Finanzamtes? Können Sie das Verfahren erklären?
- Spielt irgendeine Rolle meine Heirat?
Herzlichen Dank und freundliche Grüße
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Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrter Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich möchte Ihnen diese nachfolgend im Rahmen einer Erstberatung nach von Ihnen geschilderten Sachverhalt beantworten:
Grundsätzlich gilt:
Wer aus beruflichen Gründen einen zweiten Haushalt am Beschäftigungsort führt, kann grundsätzlich seine Aufwendungen als Werbungskosten von der Steuer absetzen.
Voraussetzung ist, dass weiterhin ein eigener Haushalt am ersten Wohnort existiert. Dieser muss der Lebensmittelpunkt sein.
Für die Abgrenzung Eigener Hausstand und Ort der Zweitwohnung kommt es nicht auf einen melderechtlichen Wohnort oder auf einen Wohnort im Inland an.
Wenn Sie am Firmenort einen zweiten Haushalt führen, können Sie Ihre Aufwendungen als Kosten für die doppelte Haushaltsführung geltend machen.
Für eine doppelte Haushaltsführung müssen diese vier Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Die Wohnung wird aus beruflichen Gründen bezogen.
2. Der Arbeitnehmer nutzt diese Zweitwohnung am Ort der „ersten Tätigkeitsstätte“, dem Beschäftigungsort. Auf jeden Fall sollte er von dieser Wohnung aus den Arbeitsplatz schneller erreichen können als von der Hauptwohnung.
3. Der Arbeitnehmer unterhält weiterhin außerhalb des Beschäftigungsorts seinen Hauptwohnsitz,
4. der zugleich seinen Lebensmittelpunkt bildet.
Das Finanzamt berücksichtigt dann die Kosten der Zweitwohnung, Fahrtkosten, innerhalb der ersten drei Monate Zusatzkosten für die Verpflegung (Verpflegungsmehraufwendungen) und Umzugskosten. Ihre Mehraufwendungen können Sie als Werbungskosten abziehen, soweit Ihr Arbeitgeber sie Ihnen nicht steuerfrei erstattet hat. Eine anerkannte doppelte Haushaltsführung gilt unbefristet, das heißt über den gesamten Zeitraum der Beschäftigung.
Zu den Fahrtkosten gehören dann auch die Heimfahrten.
Für die Heimfahrten gilt die Entfernungspauschale: Pro Entfernungskilometer werden 0,30 Euro anerkannt, wenn Sie mit Ihrem eigenen Auto fahren (kein Dienst- oder Firmenwagen). Weil es sich um eine Pauschale handelt, müssen Sie hierfür keine Belege abgeben. Allerdings kann das Finanzamt Sie trotzdem dazu auffordern, dies zu belegen aufgrund der Kilometer. Denn die Entfernungspauschale ist nur für tatsächlich durchgeführte Familienheimfahrten anwendbar.
Wegen der praktischen Schwierigkeiten, die sich bei der Prüfung solcher Sachverhalte ergeben können, enthalten die Lohnsteuer-Richtlinien eine Vereinfachungsregelung. Danach ist ohne weitere Prüfung der vom Arbeitnehmer geltend gemachte Ort als Lebensmittelpunkt anzuerkennen, wenn er diesen im Durchschnitt wenigstens 2-mal monatlich aufsucht. Für nicht verheiratete Arbeitnehmer mit Erstwohnung im Ausland bedeutet dies nicht, dass sie von der doppelten Haushaltsführung ausgeschlossen sind, wenn sie weniger als 24 Heimfahrten pro Jahr durchführen.
Eine besondere Abgrenzung erfährt der Begriff "Mittelpunkt der Lebensinteressen" bei Arbeitnehmern, deren Zweitwohnung in größerer Entfernung von der Hauptwohnung liegt. Unabhängig davon, ob es sich um Arbeitnehmer mit oder ohne Familienwohnung handelt, sind insbesondere Arbeitnehmer angesprochen, die wie Sie ihre Hauptwohnung im Ausland haben. In diesen Fällen ist die jeweilige Wohnung im Ausland bereits dann als Lebensmittelpunkt anzuerkennen, wenn der Arbeitnehmer eine Heimfahrt im Kalenderjahr durchführt und auch bei Abwesenheit des Arbeitnehmers dort hauswirtschaftliches Leben herrscht. Das ist auf jeden Fall eine Nachweisfrage.
Anmerken möchte ich:
Falls Sie nicht jede Woche nach Hause gefahren sind, sollten Sie für solche Wochen wenigstens die Telefonkosten für ein Ferngespräch mit Angehörigen (bis zu einer Dauer von 15 Minuten) ansetzen. Auch Anteile der Grundgebühr oder der Flatrategebühr sind ansetzbar.
Bei Heimfahrten mit dem Zug, Flugzeug oder Bus können Sie die tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Reisekosten absetzen.
Due Umzugskosten vom Lebensmittelpunkt zum Beschäftigungsort können Sie auch ansetzen.
Auf Ihre Fragen eingehend:
-Ist es korrekt, dass der Aufenthalt in der Ferienwohnung/Wohnung auf Zeit als doppelte Haushaltsführung behandelt werden kann?
Ja grundsätzlich schon, aufgrund der obigen Begründung, die laut geschilderten Sachverhalt bei Ihnen vorliegt.
- Spielt irgendeine Rolle meine Heirat?
Bei verheirateten Arbeitnehmern wird der Lebensmittelpunkt durch die Familienwohnung begründet. Die Familienwohnung kann aber nur dann ohne weitere Prüfung berücksichtigt werden, wenn sie der Arbeitnehmer mindestens 6-mal im Kalenderjahr aufsucht.
Bei Ihnen ist es dann so, dass Ihr Ehepartner hier am Beschäftigungsort wohnt, so dass also ab der Heirat eigentlich alles dafür spricht, dass Ihr Lebensmittelpunkt hier am Beschäftigungsort ist. Hier ist die Beweislage dann sehr schwierig, nachzuweisen, dass er dann in Spanien liegt. Die Größe der Wohnung ist dann zwar ein Indiz, aber es erfordert eine längere Argumentationskette, dem Finanzamt dann nachzuweisen, dass der Lebensmittelpunkt weiter in Spanien ist trotz Ehepartner und Arbeit am Beschäftigungsort.
- Ist diese Anerkennung sicher bzw automatisch, oder handelt es sich um eine Entscheidung/Einzelfall des Finanzamtes? Können Sie das Verfahren erklären?
Nein, die Anerkennung passiert nicht automatisch:
Die doppete Haushaltsführung ist ein sehr komplexes Thema, bei dem viele Faktoren berücksichtigt und geprüft werden müssen. Das Finanzamt wird dies auf jeden Fall im Einzelfall prüfen. Die wichtigste Frage, die hier grundsätzlich beantwortet werden muss: Wo ist Ihr Lebensmittelpunkt und haben Sie die Aufwendungen am Beschäftigungsort nur aus rein beruflichen Gründen?
Ich hoffe aber, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Klüsener, Steuerberaterin
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vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Ich habe in der Zwischenzeit auch über die doppelte Haushaltsführung nachgesucht.
Meine Sorge ist das Konzept "hauswirtschaftliches Leben", da meine Wohnung in Hauptwohnsitz eigentlich leer bleiben wird. Aber nach Ihrer Antwort verstehe ich, dass es keine unerlässliche Bedingung ist, sondern eine zusätzliche Prüfung in Einzelfällen. Ist das korrekt?
Nach Ihren Hinweisen werde ich warscheinlich nur für den ersten 2 Monaten (Mai/Juni) eine doppelte Haushaltsführung beantragen, da wir anfangs Juli verheiraten werden.