Besuchsrecht für minderjährige Kinder in Obhut
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Draudt,
mein Anliegen ist sehr komplex. Darum eine kurze Erläuterung. ich möchte meinem Bruder in einer Familiensache helfen. Er hat im letzten Jahr mit dem Jugendamt Probleme bekommen, sein Sohn 14 ist nicht häufig zur Schule gegangen, war häufig unentschuldigt krank, so dass die Schule das dem JA mitgeteilt hat. Daraufhin sollte es zur Familienhilfe kommen und die Gesundheitsfürsorge sollte in die Hände des JA. Mein Bruder ist psychisch kaum belastbar und versteht amtliche Briefe nicht, er glaubte, ihm sollte das Sorgerecht entzogen werden und hat im JA der Mitarbeiterin gedroht. Es kam zur Gerichtsverhandlung mit einer Richterin, die zuvor ein Jahr wegen psychischer Probleme ( Scheidung, Sorgerechtsstreit) krank war, sie soll eigentlich nur noch Zuarbeiten machen und ist schnell retraumatisiert. Mein Bruder handelte im Affekt und ist mit der kompletten Familie ( Ehefrau und 3 Kindern 3,5 und 14 Jahre alt) in die Türkei geflüchtet.
Im Dezember kam die Ehefrau zurück. Da sie sich nicht um die Kinder kümmern kann, haben wir für sie eine Einrichtung gesucht. Sie wird schnell aggressiv und ist leider auch nicht sehr schlau. Im November wurde sie in der Nacht aus der Einrichtung geworfen, weil sie den beiden Kleinen handgreiflich gegenüber wurde. Die Kinder kamen in Obhut und sie ging in ein Obdachlosenheim. Mein Bruder kam im Dezember mit seinem Sohn (14) aus der Türkei zurück. Am Flughafen wurde der Sohn in Obhut genommen. Die Anklage lautet Kindeswohlgefährdung wegen Schulentzug. Er kam für 3 Monat in Dt. in ein Obdachlosenheim und besuchte 3 Monat auch keine Schule. Die Ehefrau hat meinen Bruder angezeigt und gesagt, dass er die Kinder geschlagen hat und sie vergewaltigt. Es gibt Gutachten über sie, die sie unglaubwürdig machen. Der große Sohn (14) bezeugt die Unschuld meines Bruders ( er ist nicht das leibliche Kind der Ehefrau).
Die Anzeigen gegen meinen Bruder werden aufrechterhalten und es kommt nicht zur Verhandlung. Der Anwalt meines Bruders sagt, dass er erst tätig werden kann, wenn es zur Verhandlung wegen der Anzeigen kommt. Gutachter gingen nun bei ihm schon ein und aus und alle sagen, er kann seine Kinder haben. Zwar immer mit Einschränkungen, was mir im Übrigen sehr bewusst ist. Mein Bruder liebt seine Kinder, aber er ist intelligenzgemindert und wird ohne Hilfe nicht zurechtkommen. Mein Bruder lebt kaum 500 Meter von uns entfernt in einem Mehrfamilienhaus. Meine Eltern leben bei uns im Haus und haben das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder beantragt. Es wurde sofort ausgeschlagen, mit der Begründung, dass sie zu alt sind.
Mir geht es heute nicht, um die Rückführung der Kinder, sondern vielmehr um das Besuchsrecht. Mein Bruder hat seine beiden kleinen Söhne seit Dezember 2 mal gesehen, jeweils für eine Stunde unter Aufsicht. Momentan wird ihm kein Besuchsrecht eingeräumt. Meine Mutter hat im März einen Antrag auf Besuchsrecht gestellt und bis heute keine Antwort erhalten. Unsere Hilfe ist nicht erwünscht. Ich arbeite als Kunst- und Körperpsychotherapeutin in einer Jugendpsychiatrie, bin selbst Coach und Mediatorin und auch meine Hilfe ist nicht erwünscht. Wir werden als Familie ausgeschlossen und erhalten keinerlei Chance, die Kinder zu sehen.
Welches Recht steht meinem Bruder in der Sache zu? Es sind 3 getrennte Fälle. Die Kleinen sind zusammen, der Große sieht seine kleinen Brüder auch nicht und seine gesetzlichen Vertreter stellen auch keinen Antrag für ihn.
Ich möchte ihm helfen, Besuchsrecht zu erhalten, um einer Entfremdung entgegen zu wirken.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Gerne gebe ich weitere Auskünfte, da es sehr komplex ist.
P.S. Auch ich habe schon Briefe an das Amtsgericht geschrieben, die nicht beantwortet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dana Griesbach
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Antwort von Rechtsanwältin, Schlichterin Brigitte Draudt-Syroth
Sehr geehrte Fragestellerin,
in diesem Fall ist es sehr schwierig, einen Umgang zu erreichen.
Ein Weg wäre, über das Jugendamt noch weitere Gespräche zu führen, in dem Sie all Ihre Argumente aufführen, dass eben gerade keine Entfremdung eintreten soll.
Die andere Alternative wäre, dass man einen gerichtlichen Antrag förmlich stellt, dass hier Umgang stattfinden soll. Möglicherweise haben Sie formlose Schreiben an das Gericht geschickt, die keinen konkreten Antrag enthalten haben und daher vom Gericht nicht als neues Verfahren mit Aktenzeichen etc. eingestuft wurden. Den Antrag auf Umgang müsste aber Ihr Bruder mit anwaltlicher Hilfe stellen.
Zusätzlich sollte auch Widerspruch gegen die Inobhutnahme an sich eingelegt werden. Im Rahmen dieses Verfahrens kann möglicherweise eine vorläufige Regelung erreicht werden, dass wenigstens Umgang stattfindet. Allerdings ist hier eine Frist von einem Monat einzuhalten, nachdem die Inobhutnahme war. Wenn es hier einen entsprechenden Bescheid des JA mit Rechtsbehelfsbelehrung gab, so ist die Frist für einen Widerspruch einen Monat. Diese wäre dann schon verstrichen. Wenn dies nicht der Fall war, so gilt ggf. eine Jahresfrist für den Widerspruch. Das ist hier genau zu prüfen.
Der Widerspruch kann auch nur durch einen personensorgeberechtigten Elternteil eingelegt werden. Wenn allerdings kein Widerspruch erfolgt (ist?) , hat das Jugendamt nach § 42 Abs. 3 Satz 5 SGB VIII ein Hilfeplanverfahren einzuleiten. Dieses allerdings ist zeitlich und vom Ergebnis her schwer einzuschätzen, die Inobhutnahme besteht so auf unbestimmte Dauer.
Bei einem Widerspruch allerdings muss das Jugendamt entweder das Kind nach § 42 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII an die Eltern herauszugeben, oder nach § 42 Abs. 3 Nr. 2 SGB VIII eine Entscheidung des Familiengerichts beantragen. Letzteres wäre wohl in Ihrem Fall zu erwarten.
Der Anwalt Ihres Bruders hat mitgeteilt, dass er erst nach der Verhandlung tätig werden könnte. Offenbar ist hier eine strafrechtliche Verhandlung zu erwarten. Je nachdem, wie diese ausfällt, hat das natürlich auch Auswirkungen auf den Umgang. Wenn er verurteilt wird, hat er schlechtere Karten für den Umgang. Vor diesem Hintergrund macht es möglicherweise Sinn, tatsächlich dies zunächst abzuwarten.
Insgesamt empfehle ich Ihnen noch, dass Sie selbst mit dem Anwalt Ihres Bruders die Sache genau besprechen, denn dieser hat wohl Einblick in alle Unterlagen. Hierzu muss aber Ihr Bruder ausdrücklich einverstanden sein. Er kann dann auch genau erläutern, warum Ihre Schreiben an das Gericht unbeantwortet geblieben sind. Zeigen Sie ihm diese Schreiben. Befragen Sie ihn auch dazu, ob er Widerspruch gegen die Inobhutnahme eingelegt hat.
Meine Einschätzung anhand Ihrer Schilderung ingesamt allerdings ist wenig positiv dafür, dass hier wieder Umgang gewährt wird. Die Kinder werden auf jeden Fall auch selbst angehört. Je nach Alter hat deren Aussage mehr oder weniger Gewicht. Bei dem 14- Jährigen allerdings schon.
Ich hoffe, Ihnen weiter geholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen.
Draudt
Rechtsanwältin
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