Berufungsgründe
Fragestellung
Ich habe ein Interesse um zu wissen, ob Berufungsgründe bei solch einem Fall vorliegen:
1.Grundsätzliche Bedeutung
Bei meinem Fall geht es um Benachteiligungsverbot bzw. Behinderung bzw. Studienaufenthaltstitel.
Bisher hatte kein Obergericht sowas beurteilt. Bisher gibt es nur bei normalen Fällen oder Berücksichtigen von Erkrankungen.
Dann liegt bei mir Berufungsgrund vor, falls das Verwaltungsgericht eine Klage abweist?
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn mit ihr eine
grundsätzliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete
Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich
nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich in dem
erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der
Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung
bedarf. Die Darlegung dieser Voraussetzungen erfordert die Bezeichnung der
konkreten Frage, die so-wohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von
Bedeutung war, als auch für das Berufungsverfahren erheblich sein würde. Darüber
hinaus muss die Antragsschrift zumindest einen Hinweis auf den Grund enthalten, der
die Anerkennung der grundsätzlichen, d. h. über den Einzelfall hinausgehenden
Bedeutung der Sache rechtfertigen soll (SächsOVG, Beschl. v. 16. April 2008,
SächsVBl. 2008, 191, 194, juris Rn. 27, st. Rspr.).
2.Divergenz: Abweichung der Entscheidung von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
Wenn das Gericht so entscheidet:
1. Die seelische/Psychische Behinderung ist chronifiziert.. Wegen dem vorherigen Verhalten und Dauer kann man nicht davon ausgehen, dass der Kläger sein Studium abschließen kann.
Er hatte ausreichende Zeit, um Behandlungen zu bekommen.Mehr als das ist unangemessen.
Es ist auch unabsehbar, ob die angestrebte Behandlungen Erfolg haben werden. Es muss Erfolgsaussichten vorliegen. Er ist in Deutschland um zu studieren und nicht um chronofizierte Krankheiten zu behandeln. Das erfordert andere Aufenthaltserlaubnis. Zweck des Aufenthalt ist Studium
Ist das Abweichung oder eher eigne Auslegung des Gerichts?
Entscheidungen vom Bundesverfassungsgericht:
Der Richter habe bei Auslegung und Anwendung aller Rechtsvorschriften
das verfassungsrechtliche Wertsystem als interpretationsleitend zu berücksichtigen. BUNDESVERFASSUNGSGERICHT - 1
BvR 1905/0
Bei der verfassungskonformen Auslegung handelt es sich um eine
vom Bundesverfassungsgericht [BVerfG] entwickelte Auslegungsmethode von Rechtsnormen.
Danach ist eine Rechtsnorm im Sinne des Grundgesetzes auszulegen. Es soll dadurch verhindert
werden, dass ein Gesetz nur aufgrund seiner Mehrdeutigkeit für verfassungswidrig und daher für
nichtig erklärt werden muss
Das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG erschöpft sich nicht in der
Anordnung, Menschen mit und ohne Behinderung rechtlich gleich zu behandeln. Vielmehr
kann eine Benachteiligung auch vorliegen, wenn die Lebenssituation von Menschen mit
Behinderung im Vergleich zu derjenigen nicht behinderter Menschen durch gesetzliche
Regelungen verschlechtert wird, die ihnen Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten
vorenthalten, welche anderen offenstehen (vgl. BVerfGE 96, 288 <302 f.>; 99, 341 <357>; 128, 138 <156>). Bei der Anwendung und Auslegung von verfahrensrechtlichen Vorschriften
müssen die Gerichte danach der spezifischen Situation einer Partei mit Behinderung so
Rechnung tragen, dass deren Teilhabemöglichkeit der einer nichtbehinderten Partei
gleichberechtigt ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Oktober
2014 - 1 BvR 856/13 -, juris, Rn. 6).
Eine Benachteiligung im Sinn dieser Diskriminierungsverbote ist unabhängig davon aber nicht nur die Verschlechterung der Situation von Behinderten wegen ihrer Behinderung, beispielsweise indem ihnen der tatsächlich mögliche Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen verwehrt wird oder Leistungen, die grundsätzlich jedermann zustehen, verweigert werden. Eine Benachteiligung ist vielmehr auch dann gegeben, wenn behinderte Menschen durch die öffentliche Gewalt von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden, und dieser Ausschluss nicht durch auf ihre Behinderung bezogene Förderungsmaßnahmen hinlänglich kompensiert wird. Siehe Beschluss vom 08. Oktober 1997 - 1 BvR 9/97
der Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten nicht als Ziel, sondern als Nebenfolge einer Maßnahme darstellt. Siehe Beschluss vom 30. Januar 2020 2 BvR 1005/18Auch
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Antwort von Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Sehr geehrter Ratsuchende
um es noch einmal klar zu sagen vorweg: Ob Berufungszulassungsgründe geltend gemacht werden können, kann man erst vertretbar sagen, wenn das abweisende Urteil vorliegt. Die Zulassungsbegründung muss detailliert auf die Argumentation des Verwaltungsgerichtes eingehen.
Das gilt auch für die grundsätzliche Bedeutung und die Divergenz.
Zu prüfen ist zuerst, ob sich die formulierte Rechtsfrage ohne weiteres beantwort lässt, wobei dafür die Rechtsprechung auszuwerten ist. So liegt keine grundsätzliche Bedeutung mehr vor, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt wurde. Dann käme Divergenz in Betracht, wenn das VG einem anderen Rechtssatz folgt.
Sie müssen einen abstrakten Rechtssatz formulieren lassen - nur als Beispiel:
Ist für die Prognose, ob das Studium noch in einem angemessenen Zeitraum abgeschlossen werden kann i.S.d. § 16b Abs. 2 Satz 4 AufenthG, der Zeitraum einer im Zeitpunkt der Verlängerungsentscheidung der Ausländerbehörde prognostizierten Dauer einer krankheitsbedingten Studierunfähigkeit in Ansehung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom xxx vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 3 GG ohne oder mit zeitlicher Beschränkung zu berücksichtigen?
Analog § 144 Abs. 4 VwGO darf sich die Entscheidung des VG auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellen. Das wäre ebenfalls noch kurz darzulegen.
Ich hoffe, dass ich damit Ihre Fragestellung getroffen habe. Nachfragen beantworte ich gerne.
Beste Grüße von Gero Geißlreiter, Rechtsanwalt
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Also psychische Behinderung, die vor Einreise unbekannt war und auch Umstaende, die es verschlimmert hatte.
Es ist wie jemand, der Unfall hatte, und deswegen sind seine Hände zb. gebrochen.
Ver-gleichweise.
Was meint man hier mit bestehendem Recht? Aufenthaltsgesetz? oder auch Grundrechte?
Also ist Revision/Berufung ausgeschlossen auch wenn die Entscheidung Grundrechte verletzt bzw. behinderte ausschliesst, wenn es andere richtige Gruende vorliegen? zb Prognose oder Dauer?
mit dem bestehenden Recht sind alle Rechtsnormen gemeint, die für die Entscheidung rechtserheblich sind. Insbesondere sind hier das Aufenthaltsgesetz und das Grundgesetz zu nennen.
Die analoge Anwendung des § 144 Abs. 4 VwGO meint, dass ein überflüssiges Rechtsmittelverfahren unterbleibt, wenn von vornherein klar ist, dass es bei der Entscheidung des Ausgangsgerichtes bleiben muss, weil sich dessen Entscheidung jedenfalls mit einer anderen Begründung rechtfertigen lässt. Denn sonst würde man das Rechtsmittelgericht dafür missbrauchen, ein Rechtsgutachten anzufertigen, ohne dass dies irgendeinen rechtlichen Nutzen für einen Verfahrensbeteiligten hätte. Es handelt sich hierbei um eine bloße Kontrollüberlegung. Ausnahmsweise verhindert die Norm die Zulassung des Rechtsmittels - in den allermeisten Fällen kommt es auf diese Vorschrift aber nicht an! Was ein solcher Hinderungsgrund sein könnte, kann man nur anhand der Ausführungen des Ausgangsgerichtes entscheiden.
Beste Grüße von Gero Geißlreiter, Rechtsanwalt