Baurecht Terrassenüberdachung/ Abstand zum Nachbarn
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Hesterberg,
zur Thematik, wir wohnen in Bielefeld-NRW.
Wir möchten eine Terrassenüberdachung anbauen.
Der Abstand zum Nachbar beträgt weniger als 2,5 m, ca 1,5m-2m.
Die Einwilligung vom Nachbar haben wir erhalten.
Unsere Beraterin beim Bauamt meinte, dass es laut Gesetz nicht möglich sei. Wir müssen direkt an der Grenze anbauen, ohne Abstand.
Für uns scheint es unlogisch, entweder 3 m Abstand oder gar keinen Abstand.
Wir dachten, dass wir durch die Einwilligung des Nachbarn selbst entscheiden können, welchen Abstand die Terrasse haben wird.
Stimmt es, dass mit Einwilligung des Nachbarn man verpflichtet ist an der Grenze anzubauen? Oder den 3m Abstand halten?
Mit freundlichen Grüßen
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Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Ich erinnere mich, dass ich so eine Aussage von einem Bauamt irgendwann schon einmal gehört habe, diese Rechtsauslegung aber genauso wenig wie Sie nachvollziehen kann, jedenfalls auf den ersten Blick.
Im Einzelnen:
§ 6 der Landesbauordnung NRW, Abstandsflächen, regelt folgendes:
(1) Vor den Außenwänden von Gebäuden sind Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Satz 1 gilt entsprechend für andere Anlagen gegenüber Gebäuden und Grundstücksgrenzen soweit sie
1. höher als 2 m über der Geländeoberfläche sind und von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen oder
2. höher als 1 m über der Geländeoberfläche sind und dazu geeignet sind, von Menschen betreten zu werden.
Eine Abstandsfläche ist nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften
1. an die Grenze gebaut werden muss, oder
2. an die Grenze gebaut werden darf, wenn gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ohne Grenzabstand gebaut wird.
In Bezug auf das zuletzt Genannte könnte hier ein Bebauungsplan etwas derartiges vorsehen.
Dann kann ich es hier aber in Ihrem Fall immer noch nicht nachvollziehen, weil Sie schließlich die Zustimmung Ihres Nachbarn haben.
§ 69 - Abweichungen - bestimmt auch:
"(1) Die Bauaufsichtsbehörde kann Abweichungen von Anforderungen dieses Gesetzes und aufgrund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des § 3 Absatz 1 und 3 vereinbar ist."
Zudem könnte man auch ansonsten, was aber umständlicher und kostenpflichtiger ist, den Weg über eine sogenannte Baulast nehmen. § 85
Baulasten, Baulastenverzeichnis
"(1) Durch Erklärung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde kann die Grundstückseigentümerin oder der Grundstückseigentümer öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zu einem ihr oder sein Grundstück betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen übernehmen, die sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben (Baulast)."
Das könnte ebenfalls mit dem Nachbar vereinbart werden.
Fragen Sie also unbedingt nochmals unter Bezugnahme auf meine oben ausgeführte Argumentation bei der Baurechtsbehörde nach.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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