Auszug der Mieterin nach Eigenbedarfskündigung ungewiss
Fragestellung
Erfahrener Fachanwalt für WEG / Vermietung gesucht!!
Guten Tag,
letztes Jahr haben meine Frau & ich (heute 37 Mann, 36 Frau, 1. Sohn 3 Jahre - 2. Sohn 1 Woche alt) ein vermietetes RMH im Kreis München gekauft. Wir haben nach Bezahlung der Grunderwerbssteuer im Januar 2018 der Mieterin fristgerecht zum 31.01.2019 gekündigt (alter Mietvertrag 1988, Verlängerung nach 5, 8 und 10 Jahren jeweils um 3 Monate)
Die Mieterin wohnt in einer Gemeinschaft mit Ihren zwei Söhnen (beide ca. 30 Jahre, 1 berufsbegleitender Studierender, 1 Arbeitssuchend (Stand Sommer 2018))
Bisherigen Nachfragen, wie der Stand sei, fielen immer negativ aus - findet keine passende Bleibe (preislich, Größe, etc.) Der Mietmarkt ist nicht einfach, zu dritt eine 4-Zimmer-Wohnung zu finden sollte jedoch in über 12 Monaten machbar sein, Information, dass wir das Haus für Eigenbedarf kaufen werden war bereits Oktober 2017 vorliegend. Die Mieterin wohnt momentan zu einem unterdurchschnittlich-günstigen Preis von 1.350 EUR kalt (ca. 1.800 - 2.000 EUR Mietspiegel) Die Miete wurde noch vor Verkauf auf diesen Betrag um 20% angehoben (laut Verkäufer)
Wir schicken seit Monaten passende Angebote per Mail, die wir auf Wohnungsbörsen finden der Mieterin zu. Auch ein finanziellen Zuschuss zum Umzug, Einlagerung Ihres Eigentums haben wir schriftlich angeboten.
Gestern kam per E-Mail, dass die Mieterin plötzlich schwer erkrankt sei & Arztbesuche anstehen werden und das wir das wissen sollten.
Nun die Preisfrage: Welche Chance hat eine 4-köpfige Familie gegen eine 3-köpfige, voll-erwachsene Mietgemeinschaft? Ich habe Elternzeit ab Februar geplant, in der ich das Haus renovieren wollte. Lohnt sich der Gang vor Gericht? Was würde uns die Verhandlung kosten?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Reinhard Otto
Guten Morgen,
ich möchte Ihre Anfrage auf der Grundlage der dazu mitgeteilten Informationen und übersandten Unterlagen wie folgt beantworten:
Um die Chancen eines notfalls gerichtlichen Vorgehens abschätzen zu können, muss zunächst geprüft werden, ob Sie überhaupt wirksam gekündigt haben. Daran bestehen aus mehreren Gesichtspunkten Bedenken, die Sie ausräumen können müssten.
Zunächst teilen Sie mit, dass Sie nach Zahlung der Grunderwerbssteuer gekündigt haben. Diese Zahlung der Grunderwerbssteuer allein berechtigt Sie nicht, Kündigungen auszusprechen; erforderlich ist vielmehr, dass Sie zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung als Eigentümer im Grundbuch eingetragen waren. Das ist zu prüfen. War das noch nicht der Fall, ist die Kündigung unwirksam, und wir brauchen uns keine weiteren Gedanken mehr zu machen.
Selbst dann, wenn Sie im Kaufvertrag vmit dem Vorvermieter eine Vereinbarung über den Zeitpunkt des Übergangs von Rechten und Pflichten aus dem Mietvertrag vereinbart haben sollten, wirkt sich das nicht auf das Rechtsverhältnis zu dem Mietern aus. Auch eine vom Vorvermieter erteilte Vollmacht berechtigt Sie nicht zur Eigenbedarfskündigung.
Bedenken bestehen ferner im Hinblick auf den Adressaten der Kündigung. Sie erklären ausdrücklich nur gegenüber Frau W. die Kündigung, indem Sie sie in der Anrede erwähnen.
Nach dem Mietvertrag ist aber auch Herr W. Mieter, so dass für eine wirksame Kündigung eine Erklärung von allen Vermietern gegenüber allen Mietern erforderlich ist.
Selbst dann, wenn Herr W. nicht mehr dort wohnen sollte, ist er Mieter, solange er nicht entweder durch Vereinbarung zwischen Mietern und Vermieter aus dem Vertrag entlassen worden ist oder eine gerichtliche Zuweisung der ehelichen Wohnung an die Frau zur alleinigen Nutzung erfolgt ist.
Falls er verstorben sein sollte, könnte das Mietverhältnis gemäß § 563 BGB unter Umständen auch auf die im Haushalt lebenden Kinder übergegangen sein, was zur Folge hätte, dass eine Kündigungserklärung auch denen gegenüber abzugeben wäre. All das muss geklärt werden.
Zwar enthält der Mietvertrag in § 17.2 eine gegenseitige Bevollmächtigung der Eheleute, derartige Klauseln sind jedoch gemäß § 307 BGB unwirksam, vgl. z.B. OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 19.12.1991 – 6 U 108/90.
Schließlich ist zumindest das mir zur Verfügung gestellte Kündigungsschreiben nicht unterschrieben; damit fehlt es an der gesetzlich erforderlichen Schriftform, die gemäß § 126 BGB eine eigenhändige Unterzeichnung des Schriftstückes erfordert.
Nur dann, wenn alle genannten Bedenken ausgeräumt werden können, läge eine wirksame Kündigung zum 31.01.2019 vor.
Aktuell können Sie noch gar nichts unternehmen, weil derzeit nicht klar ist, ob die Mieter ausziehen oder nicht.
Zwar gibt es die Möglichkeit einer Klage auf zukünftige Leistung und Räumung, diese Möglichkeit besteht aber nur bei gewerblichen Mietverträgen und nicht bei solchen, die Wohnzwecken dienen, vgl. § 257 ZPO. Damit müssen Sie wohl oder übel den 31.01.2019 abwarten.
Wenn die Mieter nicht ausziehen, bleibt Ihnen nur die Möglichkeit, eine Räumungsklage zu erheben. Deren Streitwert besteht im Jahreswert der Miete, hier also 16.200.- €. Das Kostenrisiko eines Prozesses in erster Instanz liegt bei 5.022.- €.
Da bei Vorliegen aller oben genannten Voraussetzungen eine wirksame Eigenbedarfskündigung vorliegt, obliegt es der Gegenseite, Gründe für eine unzumutbare Härte darzulegen und zu beweisen.
Keinen Ersatzwohnraum finden zu können, ist dabei das schwächste Argument, weil Sie offenbar in der Lage sind, solchen zu finden.
Zudem sind die Mieter verpflichtet, die aktuellen Marktpreise zu akzeptieren; sie können nicht nach einem solch preiswerten Wohnraum, wie derzeit bewohnt, suchen.
Die Behauptung einer Erkrankung ist viel zu vage, als das daraus sich eine unzumutbare Härte ergeben könnte. Hier muss die Gegenseite viel mehr vortragen und beweisen.
Selbst dann, wenn solche Gründe vorliegen sollten, wird die Räumung nicht auf Dauer oder unbestimmte Zeit ausgesetzt, sondern um einen bestimmten, vom Gericht festzulegenden Zeitraum.
Mit Verzögerungen in Ihrer Renovierungsplaung ist allerdings sehr wahrscheinlich zu rechnen.
Soweit meine Hinweise.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Otto
Rechtsanwalt
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ich empfehle Ihnen zunächst, den Voreigentümer zu befragen, olb er Herrn W. entweder aus dem Mietvertrag entlassen hat oder ob ihm ein gerichtlicher Zuweisungsbeschluss zugegangen ist. Ist beides nicht der Fall, müssen Sie davon ausgehen, dass die Kündigung unwirksam ist, weil nicht auch Herrn W. gegenüber erklärt.
Dann sollten Sie durch eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt klären, ob er dort noch gemeldet ist oder sich umgemeldet hat.
Im Zweifl können Sie das Kündigungsschreiben an beide adressieren und an die Mietwohnungsanschrift senden.
Mit freundlichen Grüßen