Auslegung von Gesetzen
Fragestellung
Die Frage ist abgesehen davon, dass ich seit weniger als 6 Jahren in Deutschland bin.
Und abgesehen von der Prognose.
Es geht um Teilhabechancen bzw. Teilhabebeintraechtigung bzw. Rahmenbedingungen
Es gibt im Gesetz eine Regelung, dass man bei der Verlängerung von Studienaufenthalts-titel eine Gesamtdauer von 10 Jahren nicht überschreitet.
Darf ein Richter, diese Regelung mI.chten und mehr als 10 Jahren verlängern, wenn er die seelische Behinderung und damit verbundenen Beeinträchtigungen als Grund für die Studienverzögerung anerkennt? Ist die Verfassung überlegend?
In dem er das nutzt?
Vergleichsgruppen:
ausländische Studenten mit/ohne Behinderung bei der Erlangung dieses
Aufenthaltsrechts.
Das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG erschöpft sich nicht in der
Anordnung, Menschen mit und ohne Behinderung rechtlich gleich zu behandeln. Vielmehr
kann eine Benachteiligung auch vorliegen, wenn die Lebenssituation von Menschen mit
Behinderung im Vergleich zu derjenigen nicht behinderter Menschen durch gesetzliche
Regelungen verschlechtert wird, die ihnen Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten
vorenthalten, welche anderen offenstehen (vgl. BVerfGE 96, 288 <302 f.>; 99, 341 <357>; 128,
138 <156>). Bei der Anwendung und Auslegung von verfahrensrechtlichen Vorschriften
müssen die Gerichte danach der spezifischen Situation einer Partei mit Behinderung so
Rechnung tragen, dass deren Teilhabemöglichkeit der einer nichtbehinderten Partei
gleichberechtigt ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Oktober
2014 - 1 BvR 856/13 -, juris, Rn. 6).
Einige Gerichte haben diese Regelung als Verfassungswidrig angesehen. bei Erkrankungen ( noch keine Behinderung)
Ohne Berücksichtigung der in der Allg. Verwaltungsvorschrift enthaltenen detaillierten
Regelungen wäre § 16 Abs. 1 Satz 5 AufenthG weithin inoperabel und mangels
hinreichender Bestimmtheit wohl auch verfassungsrechtlich bedenklich (vgl. BVerfGE 56,
1 [12 f.]; 110, 33 [54 f.]; siehe auch BVerfGE 49, 168 [183]).
11. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nach der obergerichtlichen Rechtsprechung
weder § 16 Abs. 1 Satz 5 2. Halbsatz AufenthG noch der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz (AVV-AufenthG) eine absolute Grenze im
Sinne einer maximalen Gesamtaufenthaltsdauer entnommen werden kann (vgl. NdsOVG,
Beschluss vom 7.6.2004 – 7 ME 114/04 –, AuAS 2004, 184 [186]; OVG NRW, Beschluss
vom 21.8.1998 – 17 B 2314/96 –, EZAR 014 Nr. 10, S. 2; OVG NRW, Beschluss vom
24.10.2008 – 18 B 975/08 – juris:
Erkrankungen sind bei einer erheblichen Überschreitung der Regelstudienzeit und der
Gesamtstudienzeit von 10 Jahren zu berücksichtigen und können im Rahmen der
Verhältnismäßigkeit. eingetretenen Verzögerungen im Studienablauf rechtfertigen, so das
zitierte Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Dezember 2016 –
OVG 6 S 26.16 –, Rn. 4
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Antwort von Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Sehr geehrter Ratsuchender,
die 10-Jahres-Regel findet sich in keinem Gesetz. Sie ist erwähnt in den Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz. Daran sind die Gerichte nicht gebunden.§ 16b Abs. 2 Satz 4 des Aufenthaltsgesetzes n.F. (AufenthG) spricht von einem "angemessenen Zeitraum". Das ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der von den Gerichten auszulegen ist. An die Vorstellung der Verwaltung ist es dabei nicht gebunden. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass auch die Gerichte der Meinung sind, dass nach 10 Jahren grundsätzlich Schluss ist. Gleichwohl gibt es Ausnahmen. Eine bezieht sich zum Beispiel auf krankheitsbedingte Ausfallzeiten.
Die Verfassung gibt keinen Anspruch, als Ausländer länger als 10 Jahre studieren und sich in Deutschland aufhalten zu dürfen. Wie Sie aber schon richtig gesehen haben, gilt auch der Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 GG. Die Vergleichsgruppen wären Ausländer mit Behinderung und studierende Ausländer ohne Behinderung. Ein Vergleich mit deutschen Studierenden ist nicht möglich, weil deutsche Staatsbürger das Recht haben, sich in Deutschland nach Belieben und dauerhaft aufzuhalten. Ein Vergleich zwischen Ausländern und Deutschen wäre zum Beispiel möglich, wenn die Universität selbst Ausländer nach einer bestimmten Anzahl von Semestern zwangsweise exmatrikuliert und Deutschen nicht.
Der spezifischen Situation von Behinderten und Kranken wird dadurch Rechnung getragen, dass Ausländerbehörden und Gerichte die 10-Jahres-Regel nicht absolut anwenden, sondern nur als Grundsatz. Entscheidend sind immer noch die besonderen Umstände des Einzelfalles, welche die Berücksichtigung dieser Aspekte zulassen.
Die von Ihnen zitierten Entscheidungen befassen sich mit dem Rechtsstaatsprinzip und mit der Wesentlichkeitstheorie. Ich sehe aber nicht, dass der unbestimmter Rechtsbegriff des angemessenen Zeitraumes vor diesem Hintergrund verfassungswidrig wäre. Bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 10. Oktober 2014 geht es schließlich um die verfahrensrechtliche Dimension des Artikels 3 Abs. 3 Satz 2 GG. Auch dies ist hier nicht einschlägig. Es geht nicht nur um die Wahrnehmung von Verfahrensrechten.
Als Quintessenz bleibt das von Ihnen zitierte Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg. Behinderungs- und krankheitsbedingte Verzögerungen spielen eine Rolle bei der Auslegung des Rechtsbegriffes des angemessenen Zeitraumes.
Nachfragen beantworte ich gerne
Beste Grüße von Gero Geißlreiter, Rechtsanwalt
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Antwort des Experten: Herzlichen Dank!
Ich werde Bachelor voraussichtlich abschließen bevor die Grenze von 10 Jahren abgeschlossen ist.
Das bedeutet ich sollte nach dem Bachelor schnell Arbeit finden, damit ich dieses Studienaufenthaltstitel loswerden kann, da es nicht garantiert ist, dass man mir erlaubt Master zu machen und damit die Grenze von 1 Jahren zu ueberschreiten, obwohl ich am Anfang des Aufenthalts behinderung bzw. Probleme hatte?
Eine Benachteiligung im Sinn dieser
Diskriminierungsverbote ist unabhängig davon aber nicht nur die Verschlechterung der Situation von Behinderten
wegen ihrer Behinderung, beispielsweise indem ihnen der tatsächlich mögliche Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen
verwehrt wird oder Leistungen, die grundsätzlich jedermann zustehen, verweigert werden. Eine Benachteiligung
ist vielmehr auch dann gegeben, wenn behinderte Menschen durch die öffentliche Gewalt von Entfaltungs- und
Betätigungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden, und dieser Ausschluss nicht durch auf ihre Behinderung
bezogene Förderungsmaßnahmen hinlänglich kompensiert wird. Siehe Beschluss vom 08. Oktober 1997 - 1 BvR
9/97
8. der Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten nicht als Ziel, sondern als Nebenfolge
einer Maßnahme darstellt. Siehe Beschluss vom 30. Januar 2020 2 BvR 1005/18Auch der Mitarbeiter
hatte im Verwaltungsakt die Rolle des Staates besprochen. Einfach durch seine Meinungen. dass der Staat eine
besondere Verantwortung für behinderte Menschen trägt (vgl. BVerfGE 96, 288 <303 f.>). Im Kontext der
rechtlichen Gesamtwürdigung habe ich schon auf die UN-Behindertenkonvention sowie weitere grundlegende
Rechtsakte zur Antidiskriminierung von Bundesverfassungsgericht verwiesen.
Das Erfordernis des Bestehens von einigen Prüfungen bzw. Leistungen aus der Uni als
unbedingte Grundvoraussetzung für die Erlangung der Verlängerung des Aufenthaltstitel ,
obwohl ich in ambulanter medikamentöser Behandlung war, die mit erheblichen
Nebenwirkungen verbunden war und obwohl MDK meine Erwerbsfähigkeit als gefährdet
einschätzt und obwohl Reha geplant und empfohlen ist, benachteiligt mir als behinderter
gegenüber nichtbehinderten Menschen/Ausländern bei der Erlangung dieses Rechts. Oft führt
die Behinderung von Menschen dazu, dass diese wegen des Grades ihrer Behinderung nur
erschwerten oder gar keinen Zugang zum Arbeitsmarkt haben. In diesem Fall bin ich mit einer
entsprechenden Behinderung anders als Menschen ohne Behinderung von der Verleihung der
Verlängerung des Aufenthaltstitel ausgeschlossen, ohne Rücksicht darauf, ob ich mit
Behinderung eine Möglichkeit hätte, diese Benachteiligung gegenüber anderen Menschen
aus Eigenem auszugleichen. Bzw. durch Rehabilitation, die Mitte Oktober geplant ist, und
ohne Rücksicht drauf, dass ich noch nicht die Gesamtdauer von Zehn Jahren überschritten hatte
und obwohl die Gerichtsurteile sogar bei einer erheblichen Überschreitung die
Krankheitsausfälle (noch keine Behinderung) berücksichtigen.