Aufbau Käufernetzwerk / Immobilie
Fragestellung
Hallo Fr. Nassibulin,
ich habe kürzlich eine Eigentumgswohnung von einem Bauträger erworben. Die Wohnung / das Projekt muss erst noch errichtet werden.
Es handelt sich um ein recht großes Projekt mit 190 Wohneinheiten. Der Bauträger hat fachlich einen sehr guten Ruf, die Kundenkommunikation bzw. Mitteilungsfreude ist eher gering.
Nun habe ich die Idee, im Internet eine Seite für die Käufer von Wohnungen von speziell diesem Projekt zu erstellen. Diese Seite soll als Plattform dienen um aktuelle Informationen und sicherlich auch auftretende Probleme während der Bauausführung zwischen den Käufern auszutauschen. Damit soll auch ein einheitliches und abgestimmtes Vorgehen der Käufer gegenüber dem Bauträger ermöglicht werden. Und natürlich sollen sich die zukünftigen Nachbarn schon mal kennen lernen.
Wie ist hier die rechtliche Situation? Darf ich auf dieser Seite die Homepage des Projektes und des Bauträgers verlinken? Bildmaterial darf ich ja nicht ohne Genehmigung verwenden, aber darf ich den Namen des Projektes und des Bauträgers veröffentlichen und gleichzeitig Käufer aufrufen, sich an dem Austausch zu beteiligen? Darf ich bei Google meine Seite unter den Suchbegriffen Projektname und Bauträger listen?
Ich plane dies als Privatperson ohne wirtschaftliche Interessen zu tun. Besteht daher eine Impressumspflicht?
Sollte es während der Ausführung zu Problemen kommen und diese auf der Seite öffentlich werden könnte der Abverkauf der verbleibenden Wohnungen beeinträchtigt werden. Mache ich mich hier ggf. haftbar?
Schon vorab vielen Dank & viele Grüße
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwältin und Mediatorin Claudia Nassibulin
Sehr geehrter Ratsuchender,
Sie planen, eine Art Internetforum aufzusetzen, auf dem sich die Käufer der Wohnungen des Immobilienprojektes X über Erfahrungen mit ihren Immobilien bzw.mit dem Bauträger und anderen Projektbeteiligten austauschen können. Ziel ist es, über die Plattform einen offenen Austausch zwischen den Wohnungskäufern herzustellen und über ein gemeinsames Vorgehen den Interessen der Käufer mehr Durchschlagskraft gegenüber dem Bauträger zu verleihen. Ein darüber hinausgehendes kommerzielles Interesse verfolgen Sie mit der Plattform nicht.
- Impressumspflicht
Ein Impressum ist nach § 5 Telemediengesetz (TMG) https://www.gesetze-im-internet.de/tmg/__5.html vorgeschrieben für "geschäftsmäßige Online-Dienste". Das TMG stellt also darauf ab, ob die Inhalte der Website üblicherweise gegen Entgelt angeboten werden. Eindeutig Impressumspflichtig sind zunächst also alle Seitenbetreiber, die auf ihren Webseiten die Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt anbieten.
Die Vorschrift des § 55 Rundfunkstaatsvertrages (RstV) stellt für die Impressumspflicht hingegen auf die Inhalte der Website ab. Danach benötigt ein Impressum, wer journalistisch-redaktionell gestaltete Inhalte online stellt, die zur Meinungsbildung beitragen können. Was das bedeutet und wo die Grenze zu Inhalten verläuft, die nicht zur Meinungsbildung beizutragen vermögen, ist relativ schwierig zu bestimmen und es gibt deshalb auch keine ganz klare „Handreichung“ der Rechtsprechung.
Da die Impressumspflicht auch dem Schutz von Internetusern dient, ist die Rechtsprechung relativ streng, wenn es darum geht,
Webseiten einen kommerziellen bzw. unternehmerischen Inhalt bzw. eine Relevanz in Beziehung auf die Meinungsbildung zuzuschreiben. In der Konsequenz sind von der Impressumspflicht nach dem TMG bzw. nach dem RStV nur solche Webseiten ausgenommen, die ein-eindeutig rein privaten Charakter haben (Website über die Erlebnisse mit dem Hund bzw. der Katze; Website über den Familienstammbaum).
Bei der von Ihnen geplanten Website geht es zwar um Sachverhalte, die dem Privatbereich zuzuordnen sind (privater Wohnungskauf sowie alle Probleme in diesem Zusammenhang) und Sie bieten auch eindeutig keine Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt an- meiner Meinung nach ist die Website aber nicht rein privat, denn sie soll die Wohnungskäufer vernetzen und ggf. Interessen bündeln, auch, um ihre Durchsetzbarkeit gegenüber dem Bauträger zu erhöhen. Ferner hat die Vernetzung und Interessenbündelung eine kommerzielle Seite: es soll die Verhandlungsposition der einzelnen Käufer gegenüber dem Bauträger erhöht werden und die Stärkung einer Verhandlungsposition hat natürlich einen pekuniären Wert. Gerade weil die Rechtsprechung den Begriff „geschäftsmäßig“ im Rahmen von § 5 TMG sehr weit auslegt, rate ich Ihnen dazu, auf Ihrer Website ein Impressum vorzusehen.
Aber auch unter dem Gesichtspunkt des § 55 RStV rate ich Ihnen zu einem Impressum:
Auf der Website sollen Erfahrungen im Rahmen des Wohnungskaufs ausgetauscht werden; die Beiträge zu diesem Erfahrungsaustausch mögen zwar in den seltensten Fällen journalistisch im eigentlichen Sinne sein, sie sollen und können aber die Meinungsbildung in Beziehung auf das konkrete Immobilienprojekt und den konkreten Bauträger beeinflussen und lösen deshalb nach meinem Dafürhalten eine Impressumspflicht auch nach § 55 RStV aus.
- Zulässigkeit der Verlinkung der Website des Bauträgers
- Deep-Links und Surface-Links
Soweit die Website des Bauträgers frei zugänglich ist, können Sie jederzeit auf sie verlinken. Der BGH hat in der Paperboy-Entscheidung ausgeurteilt, dass die Verlinkung zu einer fremden Seite grundsätzlich weder urheberrechtlich, noch wettbewerbsrechtlich relevant ist. Dies betrifft nicht nur Links zur Startseite (sog. Surface-Links), sondern auch das Verlinken auf Seiten unterhalb der eigentlichen Startseite mittels sog. Deep-Links erachtete der BGH in dieser Entscheidung ausdrücklich für zulässig und zwar selbst dann, wenn der Inhaber der verlinkten Website die Verlinkung nicht wünscht.
- Verlinkung als Nur- Text versus Verlinkung mit Vorschaubild
Verlinkungen als Nur-Text sind in der Regel zulässig. Enthält der Link indes ein Vorschaubild der Zielseite , so kann die Veröffentlichung des Vorschaubildes eine Urheberrechtsverletzungen begründen. Die Angabe von Quelle und Urheber schließt eine Urheberrechtsverletzung nicht aus.
- Deep-Links und Surface-Links
- Nennung von Projekt-Name und Bauträger auf der Website
- Projekt-Name
Der Projekt-Name ist entweder nach § 4 Nr.1 oder Nr. 2 MarkenG https://www.gesetze-im-internet.de/markeng/__4.html geschützt. Eine Markenverletzung nach § 14 II MarkenG http://www.gesetze-im-internet.de/markeng/__14.html durch Nennung des Projekt-Namens auf der Website liegt indes nicht vor, denn Sie bieten weder Waren noch Dienstleistungen an und verwenden das geschützte Zeichen daher nicht zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen. Auch eine Markenverletzung nach § 14 IV MarkenG liegt nicht vor, weil Sie das geschützte Kennzeichen nicht auf Verpackungen u.ä. anbringen oder Verpackungen etc., die mit dem geschützten Kennzeichen oder einem ähnlichen Kennzeichen versehen sind, vertreiben etc.
Im Übrigen setzt § 14 MarkenG die Verwendung des Kennzeichens im geschäftlichen Verkehr“ voraus. „ Ein Handeln im geschäftlichen Verkehr ist jede wirtschaftliche Tätigkeit auf dem Markt, die der Förderung eines eigenen oder fremden Geschäftszwecks zu dienen bestimmt ist", d.h. es verlangt eine Teilnahme am Erwerbsleben durch Wahrnehmung eigener oder fremder Geschäftsinteressen und nimmt auf diese Weise den privaten Bereich von Verletzungsansprüchen aus (vgl. Fezer, Markenrecht, 4 Auflage 2009, § 19 MarkenG). Sie wollen sich mit der Website gerade keine Erwerbsquelle schaffen und nehmen damit insoweit auch nicht am Erwerbsleben teil. Wenn Sie also auf der Website den Projekt-Namen benennen, so geschieht dies außerhalb desgeschäftlichen Verkehrs im Sinne des Markenrechts.
Den Projekt-Namen dürfen Sie auf der Website also benennen.
- Name des Bauträgers
Der Name des Bauträgers ist als Unternehmenskennzeichen geschützt. Eine Verletzung des Ausschließlichkeitsrechts an dem Unternehmenskennzeichen nach § 15 II oder III MarkenG http://www.gesetze-im-internet.de/markeng/__15.html setzt eine Verwendung des Unternehmenskennzeichens im geschäftlichen Verkehr“ voraus. Ein „geschäftlicher Verkehr“ im Sinne des Markenrechts liegt im Falle Ihrer Website aber nicht vor, s.o. Sie dürfen den Bauträger damit auch auf der Website benennen.
Vermeiden Sie es aber in jedem Fall, Werbeanzeigen auf Ihrer Website zu platzieren, um so Einnahmen zu generieren. Das könnte zu einer Teilnahme am geschäftlichen Verkehr führen, die Verwendung des Unternehmenskennzeichens des Bauträgers wäre damit unzulässig.
- Projekt-Name
- Zulässigkeit eines Aufrufs
Es ist deshalb auch ein „Aufruf“ an Wohnungskäufer zulässig, sich an dem Forum beteiligen. Allerdings sollten Sieden Aufruf so gestalten, dass sich daraus nicht bereits eine Rufschädigung des Bauträgers oder einzelne seiner Mitarbeiter ergibt. Ansonsten hätte der Bauträger einen Unterlassungsanspruch nach §§ 1004,823 I, 12 BGB wegen Verletzung des Rechts am eigenen Namen.
- Listung bei Google unter Projektname und /oder Bauträger
Sie bewegen sich-wie oben bereits dargestellt- im Sinne des Markenrechtes außerhalb des geschäftlichen Verkehrs. Eine marken- bzw. kennzeichenrechtliche Verletzungshandlung scheidet somit aus. Allerdings könnte sich der bauträger auf das Namensrecht aus § 12 BGB berufen- wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, empfehle ich Ihnen, bei der Google-Listung der Website den Namen des Bauträgers nicht als Suchbegriff zu verwenden.
- Haften Sie, wenn der Projekterfolg des Immobilienprojekts durch die Inhalte Ihrer Seite beeinträchtigt wird?
- Beweisfrage
Vor einer jeden Haftung liegt der Beweis der Anspruchsvoraussetzungen durch den Anspruchsteller : Der Bauträger müsste den Beweis führen, dass die Inhalte Ihrer Seite zu einer Beeinträchtigung des Projekterfolgs geführt haben, also kausal hierfür waren und der Projekterfolg nicht deshalb hinter den Erwartungen zurück geblieben ist, weil der Vertrieb versagt hat, die Wohnungen nicht marktfähig, zu teuer etc. waren. Eine solche Kausalität ist in der Praxis nur sehr schwer gerichtsfest nachzuweisen.
- Haften Sie für alle Inhalte der Website?
Ihre Website soll ja gerade durch den Austausch der Käufer „leben“; den Grundstock Ihrer Seite bilden also fremde Inhalte, die Sie auf Ihrer Seite einstellen lassen. Für fremde Inhalte haftet der Seitenbetreiber nach der Rechtsprechung zu § 10 TMG https://www.gesetze-im-internet.de/tmg/__10.html aber nur dann, wenn er sie auf der Seite stehen lässt, obwohl ihm schlüssige Anhaltspunkte zur Kenntnis gebracht worden sind, aus denen sich eine Verletzung der Rechte eines Dritten durch diese Inhalte ergibt. Das bedeutet, dass Sie fremde Inhalte sperren oder löschen müssen, wenn Ihnen ein Dritter mitteilt, dass diese Inhalte ihn in seinen Rechten verletzten und dieser Vortrag nicht völlig unplausibel ist. Sie müssen im Übrigen dafür Sorge tragen, dass sich kerngleiche Rechtsverstöße nicht wiederholen. Dies bedeutet, dass Sie jeden Beitrag des Verletzers auf eine erneute Rechtsverletzung prüfen müssen, bevor er veröffentlicht wird. Bitte dokumentieren Sie solche Prüfungen.
- Beweisfrage
Bitte sprechen Sie mich an, wenn Sie Rückfragen haben sollten.
Mit freundlichen Grüßen / Yours sincerely
Claudia Nassibulin MBA
Rechtsanwältin + Mediatorin
Lilienstraße 11
D-20095 Hamburg
Tel +49(0)40 386 22 459
Fax +49(0)40 655 84 291
www.cnlegal.de
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