Anspruch bei Arbeitslosengeld bei Selbstkündigung
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin Ordermann,
Ich wende mich an Sie in Bezug auf den folgenden Sachverhalt.
Ich habe zum 1.11.2018 eine Position angetreten, die ich im Rahmen der Probezeit nach genau 3 Monaten jetzt selbst gekündigt habe. Auch wenn es mir klar war, dass man durch die Selbstkündigung den Anspruch aufs Arbeitslosengeld verlieren würde, war das für mich die richtige Enscheidung diese Funktion zu verlassen. Im Unternehmen gab es leider auch
nichts Anderes für mich zu besetzen.
Im letzten Jahr habe ich meinen 3,5 Jahre alten Arbeitsplatz durch die Umstrukturierung verloren und bekam eine Abfindung. Um die Arbeitslosigkeit zu verhindern, habe ich leider eine falsche Entscheidung getroffen und mich auf einen Job beworben, der nicht zu meinen Fähigkeit im vollen Umfang gepasst hat. Das Unternehmen hat es mir dann doch noch optimistisch vermittelt.
Als ich angefangen habe, gab es für mich keine qualitative Einarbeitung und die Kollegin die mich in die Themen und Prozesssteuerung einarbeiten sollte, hat mir eher Steine in den Weg gelegt. Ein Konkurrenzverhalten sozusagen.
Die 3 Monate waren für mich nicht tragbar und leider entwickelte sich Frust und somit Anzeichen. von Burnout. Ich bin auch aus diesem Grund zum Arzt gegangen. Da ich leider keinen neuen Job habe, bin sehr aktiv mich verstärkt zu bewerben, steht auch schon bald ein Beratungstermin beim Arbeitsamt an.
Meine Frage an Sie. Wie kann ich in diesem Fall die Sperre aufs Arbeitslosengeld umgehen ? Was bedeutet das, wenn der Arzt Burnout attestiert, ich möchte ungern beim Arbeitsamt so eine Diagnose in den Akten und in dem Profil vermerkt haben, das würde aus der Sicht der zukünftigen Vermittlung mir eher Nachteile bringen. Wie soll denn das Arbeitsamt jemand mit so einer Diagnose auf konkrete Stellen vermitteln.
Welche Option habe ich, wie artikuliere ich meine Situation gegenüber dem Amt ? Ich begebe mich in die Gefahr für 3 Monate gesperrt zu werden. Wie sieht das aus mit der Krankenversicherung wenn man mir im schlimmsten Fall doch den Ansproch auf das Arbeitslosengeld streicht ?
Ich habe mich nicht vorsätzlich in die Arbeitslosigkeit gebracht, es brachte mir gesundheitlich nichts im falschen Job zu stecken und sich mit den Aufgaben nur zu quälen.
Ich danke Ihnen schon ganz herzlich an der Stelle für Ihre ausführliche Auskunft.
Freundliche Grüsse
A. W
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrter Mandant,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die wie folgt zu beantworten ist:
1.
Gemäß §159 Abs. 1 SGB III wird in der Regel eine Sperrzeit von 12 Wochen verhängt, wenn das Arbeitsverhältnis von dem Arbeitnehmer gelöst wurde, ohne dass hierfür ein wichtiger Grund gegeben war. Als "wichtiger Grund" im Sinne des § 159 Abs. 1 SGB III gelten nach den Durchführungsansweisungen der Bundesagentur zu dieser Vorschrift u.a. auch erheblicher psychischer Druck und Mobbing am Arbeitsplatz (Ziffer 159.1.2.1 der DA der Bundesagentur). Daher ist es zur Vermeidung einer Sperrzeit erforderlich, dass Sie gegenüber der Agentur glaubhaft darlegen, dass hier ein wichtiger Grund für die Arbeitsaufgabe vorlag, nämlich die unhaltbaren Zustände am Arbeitsplatz und die erhebliche psychische Belastung, die dann dazu geführt haben, dass Sie kurz vor einem Burn out standen und Sie sozusagen die Notbremse ziehen mussten. Wenn Sie auch ein ärztliches Attest haben, aus dem sich ergibt, dass die Arbeitsaufgabe aus gesundheitlichen Gründen dringend anzuraten bzw. erforderlich war, wäre dies zur Vermeidung einer Sperrzeit sehr hilfreich.
2.
Die Arbeitsagentur hat ein Interesse daran, Sie schnellstmöglich wieder in Arbeit zu bringen. Damit Sie der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen (können), ist es erforderlich, dass Sie eine Tätigkeit mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 15 Stunden ausüben können. Hier stellt sich die Frage, ob Sie über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus noch arbeitsunfähig sind. Dann stünden Sie der Arbeitsvermittlung zunächst nicht zur Verfügung. Die Krankenversicherungsbeiträge würden im Falle des Bestehens einer vorherigen Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung auch im Falle der Verhängung einer Sperrzeit von der Agentur übernommen. Dies gilt neuerdings ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit. Der Arbeitslose hat im Falle der Verhängung einer Sperrzeit aber in dieser Zeit keinen Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld, wenn er über die Beendigung des Arbeitsvertrages hinaus weiterhin krank geschrieben ist. Durch diese Regelung soll vermieden werden, dass ein Arbeitsloser die Verhängung einer Sperrzeit über eine Krankmeldung umgeht und diese Zeit dann durch den Bezug von Krankengeld überbrückt. Daher wird im Falle der Verhängung einer Sperrzeit in dieser Zeit auch kein Krankengeld gezahlt, wenn der Arbeitslose dann noch arbeitsunfähig erkrankt ist.
Wenn Ihre Arbeitsfähigkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Wegfalls der belastenden Situation am Arbeitsplatz wieder hergestellt wäre, stünden Sie auch sofort der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Wenn keine Sperrzeit verhängt wird, würde dann auch sofort der ALG 1-Bezug greifen.
3.
Die Arbeitsagenturen haben - wie ausgeführt - ein großes Interesse daran, den Arbeitnehmer schnell wieder in eine Beschäftigung zu vermitteln. Den Agenturen sind auch die Fälle, in denen Arbeitnehmer z.B. wegen massivem Mobbing oder auch einem Burn out die Arbeitsstelle aufgeben mussten, in der Regel durchaus bekannt. Für die Frage, ob dann eine Sperrzeit verhängt wird, kommt es - wie ausgeführt - darauf an, ob man dies glaubhaft darlegen und ggfls. auch durch ein Attest belegen kann, dass für die Arbeitsaufgabe ein wichtiger Grund vorlag.
Die Arbeitsagenturen sind auch zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie dürfen den potentiellen neuen Arbeitgebern keine Informationen über Ihren vorherigen gesundheitlichen Zustand und die vom Arzt erstellten Diagnosen geben. Entscheidend für die Agenturen ist nur, dass Ihre Arbeitsfähigkeit wieder voll hergestellt ist und Sie damit auch wieder in eine Beschäftigung vermittelt werden können. Daher müssen Sie auch keine Bedenken haben, die Agentur in dem Gespräch über die gesundheitlichen Auswirkungen der Situation am Arbeitsplatz zu informieren. Dies ist sogar erforderlich, wenn Sie eine Sperrzeit vermeiden wollen. Die Agenturen müssen diese Informationen vertraulich behandeln und dürfen sie nicht an potentielle neue Arbeitgeber weitergeben.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weiter geholfen zu haben. Falls Sie noch Fragen hierzu haben, melden Sie sich jederzeit gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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zuerst möchte ich mich für die ausführliche Information zu meinem Sachverhalt bedanken. Das hilft mir schon sehr und ich kann mich entsprechend anders aufstellen. Ich würde meinen Arzt hier unterrichten, den Attest etwas anders zu formulieren, aus diesem liest man, dass ich arbeitsunfähig bin. Das ist so nicht der Fall für zukünftige Positionen. Leider hat die letzte falsche Anstellung mit keiner Einarbeitung diesen Burnout Effekt bei mir ausgelöst. Ich habe noch eine kurze Frage. Könnten hier Probleme oder Schwierigkeiten beim Arbeitsamt auftreten, wenn der Attest kurz vorm Beratungstermin anders datiert wird ?
Ich bedanke mich im Anschluss und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
A.Wac
es sollten hinsichtlich der Ausstellung des Attestes keine Widersprüche auftreten. Daher würde ich es eher bei dem Attest belassen. Da die Atteste ja ohnehin immer nur für maximal 2 Wochen ausgestellt werden, kann Ihre Arbeitsfähigkeit dann ja nach Wegfall der belastenden Situation schnell wieder voll hergestellt sein.
Am besten wäre es, wenn Ihr Arzt Ihnen noch bestätigen könnte, dass er Ihnen aus gesundheitlichen Gründen dringend angeraten hat, den Arbeitsplatz zu wechseln, damit Sie nicht in einen längerfristigen Burn out durch die belastende Situation am Arbeisplatz hinein geraten. Dann wird die Agentur vermutlich einen wichtigen Grund zur Arbeitsaufgabe anerkennen. Wenn dann die Arbeitsfähigkeit schnell wieder hergestellt ist, wird dies damit auch keine Auswirkungen auf Ihre Vermittlungsfähigkeit haben.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann