Anspruch auf Beihilfe auch bei Beurlaubung (im dienstlichen Interesse)?
Fragestellung
Folgendes Problem:
Ich bin seit 2013 Juniorprofessorin an der Freien Universität Berlin, verbeamtet auf Zeit, und als solche beihilfeberechtigt. Da ich drei Kinder habe (Zwillinge im Alter von 4 Jahren und einen Einling im Alter von 1 Jahr), bin ich zu 70 % beihilfeberechtigt, meine Kinder sind es zu 80 %.
Seit dem 14. August 2019 befinde mich mit meiner Familie (meinem Freund und meinen drei Kindern) in Argentinien, wo ich für ein Jahr ein Forschungsstipendium der Alexander von Humboldt Stiftung wahrnehme. Der bewilligte Förderzeitraum ist 1.08.2019 bis 31.07.2020.
Ich war seit Anfang des Jahres 2019 kontinuierlich in Kontakt mit der Personalstelle der FU Berlin und habe rechtzeitig (im Mai 2019) einen Antrag auf Beurlaubung (Beurlaubung ohne Dienstbezüge) gestellt.
Im Juli habe ich mich bei der Berliner Beihilfe erkundigt, ob ich während des Auslandsjahres beihilfeberechtigt sei. Die Dame, die ich am Telefon hatte, meinte, ich sei weiterhin beihilfeberechtigt unter der Voraussetzung, dass die Personalstelle der FU die Beurlaubung der Beihilfe melde.
Dies habe ich meinem Personalstellenmitarbeiter an der FU am 30. Juli 2019 per Email mitgeteilt, und er schrieb am 31.07.2019 zurück, dass die Beihilfe unterrichtet werde, sobald die Beurlaubung amtlich sei. Weitere Bemerkungen machte er hierzu nicht.
Die Bearbeitung meines Antrags auf Beurlaubung hat bei der FU Berlin (ohne mein Verschulden) sehr viel länger gedauert als gedacht, und sie ist mir erst nachträglich am 19. September zugegangen 2019, als ich schon längst mit meiner Familie in Buenos Aires war. In dem Beurlaubungsschreiben steht nun der Passus, dass während der Beuurlaubung ohne Dienstbezüge weder ich noch meine drei Kinder Anspruch auf Beihilfe haben.
Ich habe noch einmal bei der Personalstelle der FU meinen zuständigen Mitarbeiter gefragt und er bestätigte mir zu meiner großen Überraschung, dass wir alle vier keinen Anspruch auf Behilfe hätten. (Obwohl ich ihn ja vorher darum gebeten hatte, die Information an die Beihilfe zu senden, damit wir weiterhin beihilfeberechtigt wären, und er dies bestätigt hat.)
Das beunruhigt mich nun sehr, da sich auf einmal - trotz vorheriger gegenteiliger Informationen - herausstellt, dass meine drei Töchter und ich im Prinzip hier in Argentinien ohne Krankenversicherung sind. Wir haben nur die 30 % bzw. 20 % Ergänzungsversicherungen bei der DBV.
Meine Frage ist nun: Ist es richtig, dass wir während der Beurlaubung ohne Dienstbezüge keinen Anspruch auf Beihilfe haben?
Ich habe mittlerweile mit einer leitenden Person bei der Beihilfe kommuniziert und folgende Hinweise erhalten:
ZITAT ANFANG:
Sehr geehrte Frau Prof. Dr. G.,
gemäß § 2 Abs. 1 Landesbeihilfeverordnung (LBhVO) ist beihilfeberechtigt, wer im Zeitraum der Leistungserbringung
1.Beamtin oder Beamter,
2.Versorgungsempfängerin oder Versorgungsempfänger oder
3.frühere Beamtin oder früherer Beamter ist
und nichts anderes in den Absätzen 2 bis 4 bestimmt ist.
Nach Absatz 2 setzt die Beihilfeberechtigung ferner voraus, , dass der beihilfeberechtigten Person Dienstbezüge, Amtsbezüge, Anwärterbezüge, Ruhegehalt, Übergangsgebührnisse, Witwengeld, Witwergeld, Waisengeld oder Unterhaltsbeiträge nach Abschnitt II oder Abschnitt V, nach § 22 Absatz 1 oder nach § 26 Absatz 1 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes zustehen. Beihilfeberechtigung besteht auch, wenn Bezüge wegen Elternzeit oder der Anwendung von Ruhens-, Anrechnungs- oder Kürzungsvorschriften nicht gezahlt werden. Ruhens- und Anrechnungsvorschriften im Sinne von Satz 2 sind insbesondere § 22 Absatz 1 Satz 2 , die §§ 53 bis 56 , § 61 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes , § 1b Absatz 1 Nummer 1 des Landesbesoldungsgesetzes in Verbindung mit § 9a des Bundesbesoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für Berlin sowie § 10 Absatz 4 und 6 des Postpersonalrechtsgesetzes . Der Anspruch auf Beihilfe bleibt bei Urlaub unter Wegfall der Besoldung nach der Sonderurlaubsverordnung unberührt, wenn dieser nicht länger als einen Monat dauert.
Da Sie die Voraussetzung nach Absatz 1 des § 2 LBhVO erfüllt ist, Sie jedoch länger als einen Monat eine Beurlaubung ohne Dienstbezüge beantragt und bewilligt bekommen haben, entfällt der gesetzliche Anspruch auf Beihilfe.
Daher haben Sie keinen Rechtsanspruch auf Seiten der Beihilfestelle.
Sollte jedoch Ihre Personalstelle im Falle eines Widerspruchsverfahrens eine andere Entscheidung bezüglich Ihres Anspruches auf Beihilfegewährung treffen, ist die Beihilfe an diese Entscheidung gebunden.
ZITAT ENDE.
Wenn ich richtig verstanden habe, liegt es im Ermessen der FU Berlin, ob ich weiterhin beihilfeberechtigt bin oder nicht.
Mein Forschungsaufenthalt ist kein "Urlaub", sondern steht in einem dienstlichen Interesse. Außerdem betreue ich weiterhin Doktorand/innen und Master-Studierende.
Meine Fragen: Lohnt es sich, gegen die Beurlaubung Einspruch einzulegen? Kann ich eine Beihilfeberechtigung mit Aussicht auf Erfolg beantragen? Gibt es Ausnahmeregelungen, wenn der Forschungsaufenthalt im dienstlichen Interesse ist?
Wäre die Personalstelle verpflichtet gewesen, mich genauer über den Wegfall der Beihilfeberechtigung zu informieren? Immerhin waren wir, ohne mein Wissen, zwei Monate ohne Krankenversicherung.
Das Beurlaubungsschreiben mit dem entsprechenden Passus füge ich dieser Anfrage bei.
Telefonisch bin ich derzeit nur über meine argentinische Mobilnummer erreichbar (+54 9 11 21629500).
Vielen Dank für Ihre Bemühungen!
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Sylvia True-Bohle
Sehr geehrte Ratsuchende,
Sie sollten gegen die Entscheidung Widerspruch einlegen.
Diesen Widerspruch sollten Sie auf zwei Begründungen stützen.
Zum Einen sollten Sie den Widerspruch dagegen richten, dass die Beurlaubung unter Fortfall der Dienstbezüge erfolgt ist.
Gemäß § 3 der genannten Hochschulurlaubsverordnung für Berlin besteht die Möglichkeit, von der Kürzung der Besoldung,beziehungsweise dem Wegfall komplett abzusehen.
Dieses ist dann der Fall, wenn eine wissenschaftliche Tätigkeit ausschließlich im dienstlichen Interesse steht.
Insofern hat die FU in der Entscheidung ausgeführt, dass das dienstliche Interesse an der Beurlaubung anerkannt wird.
Insofern weisen Sie zu Recht darauf hin, dass der Forschungaufenthalt kein Urlaub ist, sondern eben wie ja auch bereits festgestellt dem dienstlichen Interesse entspricht.
Darüber hinaus ist meines Erachtens auch wesentlich, dass Sie weiterhin Doktorand/innen und Masterstudierende betreuen.
Es ist also keineswegs so, dass Ihre ausschließliche jetzige Tätigkeit nur alleine dem Forschungsaufenthalt dient, sondern Sie erbringen weiterhin auch Tätigkeiten für Ihren Dienstherrn. Demgemäß sollten Sie sich darauf beziehen, dass hier auch eine Beurlaubung nicht unter Fortfall der Dienstbezüge zu erfolgen hat, sondern unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 2 der Hochschulurlaubsverordnung sogar von der Kürzung einer Besoldung abzusehen ist.
Darüber hinaus sollten Sie den Widerspruch auch dann darauf stützen, dass aus den oben genannten Gründen eine Besoldung zu zahlen ist und demgemäß auch weiterhin der Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe zu den Aufwendungen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und sonstigen Fällen besteht.
Sie sollten sich zweitens noch darauf stützen, dass auch wenn die Beurlaubung unter Fortfall der Dienstbezüge erfolgt, weiterhin ein Anspruch auf Gewährung der Beihilfe besteht.
Berufen Sie sich dann ebenfalls darauf, dass die Beurlaubung allein im dienstlichen Interesse steht.
Ich muss Sie aber auch darauf hinweisen, dass im Falle einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge auch die Beihilfeberechtigung entfällt.
Insofern gilt § 2 der Bundesbeihilfeverordnung, wie Ihnen schon mitgeteilt wurde.
Nach dieser ist es unbedingt erforderlich, dass Dienstbezüge, Amtsbezüge oder ähnliches bezogen werden.
Nur in Ausnahmefällen besteht die Beihilfeberechtigung trotz Nichtzahlung von Bezügen, z.B. nur bei der Elternzeit. Ungeachtet dessen sollte hier dennoch eingewandt werden, dass, worauf Sie auch zutreffend hinweisen, der derzeitige Aufenthalt im dienstlichen Interesse besteht.
Sie haben natürlich recht, dass Sie hier völlig fehlerhaft informiert worden sind. Es ist immer bedauerlich, wenn solche Auskünfte erfolgen.
Berufen Sie sich aber dennoch darauf, dass Sie ausdrücklich um Mitteilung gebeten haben, wie sich die Beihilfeberechtigung darstellt. Dazu hätte dann auch der Mitarbeiter auf Ihre E-Mail die notwendigen Informationen mitteilen müssen.
Verweisen Sie auch darauf, dass die wesentliche verspätete Bearbeitung und Entscheidung Ihres Antrages dazu geführt hatte, dass Sie und Ihre Familie zwei Monate ohne Krankenversicherung gewesen sind.
Sollten Sie auch während dieser Zeit Kosten gehabt haben, die möglicherweise von der Beihilfe beziehungsweise dann einer zusätzlichen Krankenversicherung hätten getragen werden müssen, sollten Sie auch diese wegen der verzögerten Bearbeitung geltend machen.
Für Rückfragen stehe ich selbstverständlich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
Sie haben eine Frage im Bereich Beamtenrecht?
Raten Sie nicht weiter!
Unsere Rechtsanwält*innen geben Ihnen gerne eine kostenlose
Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen.
Jetzt kostenlose Ersteinschätzung einholen