2x Grunderwerbsteuer
Beantwortet von Steuerberater Steffen Becker in unter 2 Stunden
Fragestellung
Hallo Herr Becker
ich habe dieses Jahr einen Laden / Immobilie gekauft für 86.000€
Der Notarielle Kaufvertrag musste abgeändert werden da ich dort als Privat Person (Käufer) drin stand - dies war jedoch falsch da die Bank den Kredit (50.000) an meine Firma bewilligt hat und den Betrag so nicht auszahlen wollte so lange ich da als Privatperson drin stand.
So kam es jetzt zu einem notariellen Nachtrag. So weit so gut.
Heute bekam ich vom Finanzamt Post wo nun gefordert wird das ich 1x Grunderwerbsteuer als Privatperson (rund 3000€) zahlen soll obwohl ich mit dem Laden als Privatperson nichts zu tun habe und lediglich in dem Kaufvertragsentwurf drin stand und dann soll die GMBH die ja auch regulärer Erwerber ist der Immobilie auch nochmal 3000 zahlen (was ja an sich OK ist)
Ich finde das schon ziemlich absurd und nicht gerechtfertigt das 2x Grunderwerbsteuer gezahlt werden soll
und daher meine Frage an Sie ob das so Rechtens ist und ob ich Möglichkeiten mit rechtsmitteln habe und wie die Aussicht ist.
Im Anhang 2x Dokumente
Ich hoffe der Sachverhalt ist verständlich von mir dargestellt.
Beste Grüße
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Steffen Becker
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich beantworte diese im Rahmen einer Erstberatung aufgrund Ihrer gemachten Angaben. Fehlende oder fehlerhafte Angaben können das rechtliche Ergebnis beeinflussen.
Bei dem betreffenden Nachtrag zum Kaufvertrag handelt es sich um eine Vertragsänderung dergestalt, dass die Erwerbsperson ausgetauscht wurde. Es fand keine Rückgängigmachung des Vertrages statt, die eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer (GrESt) nach sich zieht, § 16 Abs. 1 GrEStG.
Von daher ist die zweimalige Festsetzung von Grunderwerbsteuer (GrESt) rechtens.
Um eine Befreiung von der GrESt zu erreichen, müssen m.E. sämtliche Kaufverträge komplett rückgängig gemacht werden mit dem Ergebnis, dass der ursprüngliche Verkäufer wieder vollumfänglich Eigentümer des Grundstücks ist.
Ich zitiere dazu aus dem GrEStG-Kommentar von Weilbach (Haufe), Pkt. 5.1.3 Tz. 16:
Die bloße formale Aufhebung eines Erwerbsvorgangs reicht für die Anwendung des § 16 Abs. 1 GrEStG nicht aus. Die Vorschrift verlangt darüber hinaus eine vollständige (echte) Rückgängigmachung, d. h., der ursprüngliche Erwerbsvorgang muss in allen seinen rechtlichen und tatsächlichen (wirtschaftlichen) Wirkungen vollumfänglich beseitigt werden (vgl. BFH v. 6.5.1969, II 87/64, BStBl II 1969, 556, und BFH v. 9.3.1994, II R 86/90, BStBl II 1994, 413). Die an dem ursprünglichen Rechtsgeschäft Beteiligten müssen aus ihren vertraglichen Bindungen in der Weise entlassen werden, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (vgl. BFH v. 19.3.2003, II R 12/01, BStBl II 2003, 770; BFH v. 21.2.2006, II R 60/04, BFH/NV 2006, 1700; BFH v. 25.4.2007, II R 18/05, BStBl II 2007, 726; BFH v. 14.11.2007, II R 1/06, BFH/NV 2008, 403; BFH v. 6.10.2010, II R 31/09, BFH/NV 2011, 306 und BFH v. 28.3.2012, II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486). Diese Voraussetzung ist häufig nicht erfüllt, wenn im Zusammenhang mit der "Rückgängigmachung" eines Erwerbsvorgangs eine Weiterveräußerung des Grundstücks erfolgt (vgl. BFH v. 23.8.2006, II R 8/05, BFH/NV 2007, 273 und ausführlich Rz. 5b). Damit zwischen den Vertragsbeteiligten keine wie auch immer gearteten grunderwerbsteuerrechtlich relevanten Beziehungen rechtlicher und tatsächlicher Art mehr bestehen bleiben, ist es erforderlich, dass die Vertragsbeteiligten die aus dem Erwerbsvorgang resultierenden Wirkungen in ihrer Gesamtheit aufheben und in den vor der Verwirklichung dieses Erwerbsvorgangs bestehenden Rechtszustand zurückversetzt werden. Dazu gehört, dass die Übereignungsverpflichtung des Veräußerers aufgehoben und eine evtl. zugunsten des Erwerbers eingetragene Auflassungsvormerkung beseitigt wird. Der Veräußerer muss wieder die uneingeschränkte Verfügungsmöglichkeit über das Grundstück zurückerhalten (vgl. BFH v. 6.5.1969, II 87/64, BStBl II 1969, 556, BFH v. 6.5.1969, II 141/64, BStBl II 1969, 630, und BFH v. 9.3.1994, II R 86/90, BStBl II 1994, 413). Der Erwerber darf bei der Weiterveräußerung des Grundstücks keine tatsächliche oder rechtliche Möglichkeit mehr haben, seine wirtschaftlichen Interessen zu wahren (vgl. BFH v. 7.10.1987, VIII R 296/82, BStBl II 1988, 296, und BFH v. 9.3.1994, II R 86/90, BStBl II 1994, 413). Er muss zudem von allen Verpflichtungen aus dem Erwerbsvorgang freigestellt werden und ihm müssen vom Veräußerer, der seine aus dem Erwerbsvorgang herrührenden Ansprüche verliert (z. B. den Anspruch auf den Kaufpreis aus § 433 Abs. 2 BGB), die bereits erbrachten Leistungen zurückgewährt werden (vgl. BFH v. 10.10.1972, II R 33/68, BStBl II 1974, 362 und BFH v. 10.7.1996, II B 139/95, BFH/NV 1997, 61). Es ist mithin auch eine vollständige Rückgewähr des gezahlten Kaufpreises erforderlich. Der Rückabwicklung und der Anwendung des § 16 Abs. 1 GrEStG steht lediglich nicht entgegen, wenn sich die Vertragsparteien die während der Besitzzeit gezogenen Nutzungen und Lasten nicht gegenseitig erstatten (vgl. FG Münster v. 22.1.2009, 8 K 5035/06 GrE, EFG 2009, 770). Allerdings ist höchstrichterlich bisher noch nicht geklärt, ob der ursprüngliche Grundstückskäufer den entrichteten Kaufpreis voll umfänglich zurückerhalten muss. Gegen eine solche Forderung könnte sprechen, dass nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG auch die Ausübung eines Wiederkaufrechts begünstigt ist und im Fall des Wiederkaufs gem. § 456 Abs. 2 BGB ein vom ursprünglichen Kaufpreis abweichender Kaufpreis vereinbart werden kann. Die gegen FG Münster v. 22.1.2009, 8 K 5035/06 GrE, EFG 2009, 770, eingelegte Revision hat diese Frage nicht gelöst, weil die Entscheidung vom BFH aus anderen Gründen aufgehoben wurde (BFH v. 22.6.2010, II R 24/09, BFH/NV 2010, 2300). Behrens/Schmitt, BB 2009, 1337, vertreten die Auffassung, dass die Höhe des bei der Rückgängigmachung bzw. dem Rückkauf vereinbarten Kaufpreises nicht dem ursprünglichen Kaufpreis entsprechen muss und dieser Kaufpreis ohne Relevanz für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 (bzw. Abs. 2 Nr. 1) GrEStG ist.
Die Frage ist dabei nur, ob die nun damit verbundenen Kosten der Rückgängigmachung im Verhältnis stehen zu der doppelten GrESt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen.
Mit freundlichem Gruß
Steffen Becker
Steuerberater
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