Zeithonorarforderung eines Architekten ohne vorherige Honorarvereinbarung
Beantwortet von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Fragestellung
Guten Abend,
folgende Situation (Ende 2017 bis Frühjahr 2018):
1) Im Rahmen der Sanierung eines Altbaus berät ein Architekt bzgl. der Ausführung der Innendämmung (direkte Kosten > 13k EUR) inkl. Anschlüsse an Nachbargewerke für ein Pauschalhonorar.
2) Während der Dämmungsarbeiten ergibt sich ein Problem mit einer der Decken. Der Architekt erarbeitet einen Konstruktionsvorschlag und beauftragt nach Abstimmung mit dem Statiker und dem Bauherren eine Fachfirma. Die direkten Kosten für die Deckensanierung belaufen sich auf > 4000 EUR.
3) Zusätzlich unterbreitet der Architekt Hinweise zur Ausführung weiterer Dämmarbeiten eines Flachdachs (direkte Kosten bei Ausführung > 4000 EUR).
Für 2) und 3) erfolgt der Vertragsschluss vermutlich konkludent. Ein Honorar wird weder mündlich noch schriftlich vereinbart - auch nicht, ob pauschal, nach Zeithonorar oder nach HOAI vergütet wird. Es wird kein schriftlicher Vertrag geschlossen.
Für 2) und 3) wird dann ein Honoraranspruch auf Basis einer Zeitlohns mit einem Stundensatz von über 100 EUR formuliert.
Folgende Fragen:
A) Kann durch den Architekten für 2) und 3) ohne vorherige mündliche oder schriftliche Darlegung ein Zeithonorar gefordert werden? Wenn ja, gibt es hierfür eine Berechnungsgrundlage bzw. eine Obergrenze oder muss man einen beliebigen Satz akzeptieren?
B) Kann für den Fall, dass die anrechenbaren Kosten für 1), 2) und 3) in Summe die Mindestgrenze von 25k EUR überschreiten, ein Anspruch zur Berechnung des Honorars nach HOAI 2013 abgeleitet werden, was in diesem Fall für den Bauherren deutlich günstiger wäre?
Herzlichen Dank und freundliche Grüße
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt:
§ 7 HOAI bestimmt zunächst die Grundlagen für eine Honorarvereinbarung über das Architekten- bzw. Ingenieurhonorar.
So gilt, dass Architekten und Ingenieure nicht zwingend verpflichtet sind, eine Honorarvereinbarung über ihre Leistungen nach den Abrechnungsvorschriften der HOAI zu treffen. Soweit sich das ermittelte Honorar innerhalb der durch die HOAI vorgegebenen Mindest- und Höchstsätze bewegt, sind jegliche Abrechnungsvereinbarungen möglich.
Deshalb ist es auch egal, ob ein Pauschalhonorar oder ein Zeithonorar festgelegt wird, soweit obige Voraussetzungen erfüllt sind und dass sich innerhalb dieses im Satz zuvor genannten Rahmens bewegt.
Zur Frage der Schriftform:
Fehlt es daran, kann lediglich nur der Mindestsatz abgerechnet werden, so dass man das mit dem Zeithonorar hier abgleichen muss.
Einen beliebigen Satz muss man daher nicht akzeptieren, um Ihre Frage A) zu beantworten.
Zur Frage B):
Somit wäre auch der Mindestsatz nach der HOAI allein maßgeblich, siehe oben.
Das wird häufig, so wie Sie geschrieben haben, günstiger sein und ist dann allein ausschlaggebend mangels schriftlicher Vereinbarung. Das Problem des Architekten ist sowieso, einen wirksamen Vertragsschluss auf konkludenter Basis, also durch schlüssiges Verhalten, nachzuweisen, was schwierig werden könnte, da er ja auch nachweisen muss, was überhaupt beauftragt worden war und Basis seiner Vergütung sein soll.
Ansonsten ist es aber wie gesagt egal, ob man jetzt ein Zeithonorar annimmt oder ein Pauschalhonorar, so lange nämlich eben nur der Mindestsatz abgerechnet werden kann und daher nicht mehr, so dass sich faktisch jedenfalls ein Zeithonorar mitunter stark ermäßigen wird.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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Wenn ich Sie richtig verstehe, sind zwei Szenarien zu unterscheiden:
SZENARIO 1: Die gesamten anrechenbaren Kosten für 1), 2) und 3) liegen bei über der Grenze von 25k EUR, ab der die HOAI Honorartafel greift. Dann gelten die Mindest- und Höchstsätze der HOAI 2013 und ein etwaiges Honorar (ich vermute alle Honorarforderungen aus 1), 2) und 3) kombiniert) müssten zwischen den jeweiligen Mindest- und Höchstsätzen (anteilig berechnet nach Leistungsphase) liegen. In unserem Fall würde der jeweilige Mindestsatz greifen, da es keine anderweitige schriftliche Vereinbarung gibt.
-> Nachfrage 1: Sind die anrechenbaren Kosten hier kumuliert zu erfassen, oder muss lediglich jede einzelne Tätigkeit (also 1, 2, und 3) jeweils unter den 25k EUR anrechenbaren Kosten bleiben?
SZENARIO 2: Die gesamten anrechenbaren Kosten für 1), 2) und 3) liegen unter der Grenze von 25k EUR. Nach HOAI 2013 können die Honorare dann frei verhandelt werden.
Nachfrage 2: An expliziten Mindest- und Höchstsätzen fehlt es in diesem Szenario meines Wissens ja. Wie kann hier dann die Höhe eines nicht explizit vereinbarten Honorars bestimmt werden? Ist dies einfach der Mindesthonorarsatz bei anrechenbaren Kosten von 25k EUR laut Honorartafel?
Vielen Dank im Voraus für die kurze Beantwortung dieser beiden Nachfragen.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver S.
ich antworte Ihnen gerne wie folgt:
Antwort 1 zu Nachfrage 1:
Jede Tätigkeit ist gesondert zu bewerten und mit dem dafür geltenden Mindestsatz abzugleichen.
Antwort 2 zu Nachfrage 2:
Ja, richtig, da gilt der jeweilige Mindestsatz für die entsprechende Leistung bzw. Tätigkeit.
Mangels Schriftform gilt nur der jeweils, was man vergleichen müsste mit der HOAI.
Ich hoffe, Ihnen damit gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt